Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Angelehnt an Goethes Vierzeiler „Erinnerung“ habe ich mich vor einiger Zeit in den 12 km entfernten Emmericher Ortsteil Dornick aufgemacht, um die kleinste Verschlussbrennerei Deutschlands zu besichtigen und in einem Seminar die Geheimnisse der Whisky-Herstellung kennen zu lernen. Das sehr informative und unterhaltsame Seminar veranstaltete der Inhaber der Destille, Andre de Schrevel, unterstützt durch seine Frau Ingeborg. Begleitet wurde ich dabei von meinen beiden Freunden Jürgen Schneider und Holger Montag.
Niederrhein-Destille
Bevor ich zum eigentlichen Seminar komme, ein kurzer Überblick über die Niederrhein-Destille selbst.

Geschichte
Wie es sich an einem solchen Tag gehört, begannen wir ihn mit einem ausgiebigen schottischen Frühstück, bestehend aus scrambled eggs, sausages, bacon, tomatoes, toast und standesgemäß natürlich einem dram. Gut gestärkt und bester Laune ließen wir uns anschließend zur Destille fahren. Rein in die gute Stube und los gehts. Bei einem Kaffee erzählt Inhaber Andre de Schrevel uns und den anderen beiden Teilnehmern etwas zur Geschichte der Destille. Im zarten Alter von ungefähr 16 Jahren versuchte er das erste Mal Obstwein herzustellen. Das Ergebnis war zumindest geschmacklich ernüchternd. Sein findiger Vater riet ihm jedoch, das Getränk zu destillieren. In dessen Zahnarztpraxis fand sich die entsprechende Gerätschaft. So wurde der Same gesät, der etliche Jahre später Früchte tragen sollte. Nach bestandener Meisterprüfung seit 1984 als selbständiger Zahntechniker-Meister mit eigenem Betrieb tätig, beschäftigte sich Herr de Schrevel nicht erst seit der Jahrtausendwende in seiner Freizeit mit der Destillation. 2004 stieß er auf ein Buch mit dem verheißungsvollen Titel „Schnapsbrennen als Hobby“, dem er sich intensiv widmete. Nach dem Besuch eines Lehrgangs an der Universität Hohenheim in Stuttgart im Jahre 2007 gründete er eine eigene Brennerei, die Niederrhein-Destille. Lag der Schwerpunkt anfangs auf der Herstellung von Obstbränden und -geisten und -likören, bereichern seit 2012 Whisky und seit 2015 Gin das Portfolio.
Produktsortiment
Vielfach ausgezeichnet sind die Spirituosen aus heimischem Obst, teilweise sortenrein gebrannt. Von Apfel über Mirabelle und Quitte bis hin zur Zwetschge werden die regionalen Obstsorten zu feinen Tropfen destilliert. Auch der aus Bockbier destillierte und im Holzfass gelagerte Bierbrand sowie der Kaffeelikör mit einem Rohprodukt aus der heimischen Röstung von Deutschlands ältestem Kaffeeröster wissen durchaus zu überzeugen, wie die vielen Urkunden im Gastraum der Destillerie bezeugen.

Whisky-Herstellung
Aber ich bin ja vor Ort, um praktisch zu erfahren, wie hier das Wasser des Lebens hergestellt wird. Theoretisch ist mir der Prozess vertraut, in Schottland habe ich das auch schon im Rahmen einer Führung sehen können. Aber so hautnah bekommt man selten die Gelegenheit. Ich bin gespannt!
Räumlichkeiten
Im ruhigen Emmericher Ortsteil Dornick befindet sich die Niederrhein-Destille in der Nähe des Rheindeiches. Einst beheimatete das Gebäude das Dentallabor sowie die Wohnräume der Inhaber. Erstere sind inzwischen für die Destillation und als Gastraum umfunktioniert. Diesen betritt man als erstes und bekommt im gemütlichen Ambiente direkt Lust, eines der vielen Produkte zu genießen, die in einer Vitrine und an der stilechten Theke angeboten werden.. Von dort aus beitritt man den eigentlichen Destillationsraum, in dem sich zwei Brennanlagen der namhaften Manufaktur „Kothe Destillationstechnik“ aus dem schwäbischen Eislingen befinden. In der größeren wird der Rohbrand destilliert, in der kleineren anschließend der Feinbrand. Von diesem Raum aus gelangt man in die angrenzende Garage. Dort steht der Maischbottich und auch die Malzvorräte werden hier bis zum Gebrauch zwischengelagert.

Maischen
Grundlage für ein Destillat namens Whisky ist in Schottland traditionell gemälzte Gerste. Es gibt aber auch Varianten, die Weizen, Roggen oder auch Mais beinhalten. Die Niederrhein-Destille kauft fertig geschrotetes Gersten- und Roggen-, sowie Karamell- und Rauchmalz ein und setzt dieses je nach geplantem Brand in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen ein. Im Maischbottich werden 100 kg Malzschrot langsam in 300 Liter ca. 50 Grad warmes Wasser eingerührt. In dieser Umgebung beginnt die Verzuckerung, der Prozess, bei dem im Schrot die bei der Mälzung entstandenen Enzyme, die sog. Beta- und Alpha-Amylasen optimal wirken und die Getreidestärke in Maltose, auch Malzzucker genannt, umwandeln. Der Fortschritt wird durch einen Jodtest überprüft. Da diese Umwandlung bei einer Temperatur von 62, bzw. 72 Grad passiert, muss diese süßlich riechende Mischung anschließend erst wieder abkühlen, bevor Hefe zugesetzt werden kann. Damit beginnt die Gärung, bei der vereinfacht ausgedrückt die Hefe den Zucker auffrisst und dabei Alkohol und Kohlendioxid bildet. Je höher der Alkoholgehalt steigt, desto langsamer wird die Aktivität der Hefe, bis sie schließlich ganz stoppt, weil kein Zucker mehr vorhanden ist. Die Maische hat nun einen Alkoholgehalt von 6 – 8 % und ist bierähnlich.

Destillation
Die Destillation ist nichts anderes als die Trennung von Flüssigkeiten mit verschiedenen Siedepunkten. Während das in sogenannten Pot Stills über einen spitz zulaufenden Kegel oberhalb der Brennblase geschieht, funktioniert die in der Niederrhein-Destille verwendete Kolonnen-Brennanlage nach dem Gegenstromprinzip. Ca. 150 Liter Maische werden in die Brennblase der Kolonne geleitet und dort erhitzt. Der aus der Maische entstehende Dampf steigt durch die Kolonne nach oben und wird dabei konzentriert. Am Ende des ersten Destillationsvorgangs befinden sich ca. 20 Liter Rohbrand mit einem Alkoholgehalt von ca. 50 % im Auffangbehälter. Nach drei Durchgängen ist die im Bottich angesetzte Maische aufgebraucht und es wurden ca. 60 – 65 Liter Rohbrand destilliert. Dieser wird nun in der zweiten Kolonne nach gleichem Verfahren ein zweites Mal destilliert. Dabei steigt der Alkoholgehalt auf über 80 %. Der unerwünschte Vor- und der Nachlauf werden dabei vom gewünschten Mittellauf des Destillats getrennt. Übrig bleiben ca. 30 Liter Feinbrand. Die nicht flüssigen Malz-Reste werden bei Reinigung der Anlage ausgespült und in Tonnen zwischengelagert, bis sie als Viehfutter Verwendung finden.

Lagerung
Der Feinbrand wird anschließend mit durch einen Ionentauscher entmineralisiertem Wasser auf ca. 60% herabgesetzt und in ein Holzfass gefüllt. Verwendet werden in der Niederhein-Destille unterschiedliche Größen bis zu 200 Liter Fassungsvermögen. Teilweise handelt es sich dabei um ehemalige Sherryfässer, die dem New Make, dem neuen Destillat, ihren unverwechselbaren Geschmack mit auf den Weg geben. Überhaupt spielt das Fass keine unerhebliche Rolle bei der Entstehung des Wassers des Lebens. Rund 70 % des Geschmacks bilden sich schließlich erst durch unterschiedliche Reifungsprozesse im Fass selbst. Von der Qualität der zukünftig zu erwartenden Abfüllungen konnten wir uns durch Probierschlucke überzeugen. Da kommen spannende Abfüllungen auf die Whiskyfreunde zu.

Abfüllung
Während ein Fass schon kurz vor der Abfüllung steht, dauert es bei den anderen noch teilweise deutlich länger. Das Destillat, dessen Entstehung wir beiwohnen durften, muss schließlich noch mindestens drei Jahre auf die Abfüllung warten. Erst dann darf es sich Whisky nennen. Abgefüllt wird in der Niederrhein-Destille in 0,5 l-Flaschen. Dabei wird der Inhalt des Fasses auf geschmeidige 46 % Trinkstärke verdünnt. Die ersten beiden Batches, so werden die Abfüllungen genannt, sind bereits verkauft, von der aktuell dritten gibt es noch einen geringen Restbestand.
Ausblick
Schon der Feinbrand vor der Abfüllung ins Fass ist von sehr guter Qualität und weiß geschmacklich durchaus zu überzeugen. Die verschiedenen Zusammensetzungen der Maische, die unterschiedliche Auswahl der Fässer zur Lagerung, das teilweise genutzte Finish, also die Schluss-Reifung einer Abfüllung in einem anderen Fass, wirken vielversprechend. Besonders das fast fertige Batch 4 gefiel uns ausgezeichnet und verspricht die bisher beste Abfüllung zu werden, eine für Whisky-Kenner überraschende noch dazu. Ich bin sehr gespannt!
Fazit
Von 10:00 bis gegen 17:00 Uhr dauerte der Tag in der Niederrhein-Destille. Fachkundig und mit viel Akribie erläuterte Herr de Schrevel alle Schritte der Produktion. Ich fand es sehr interessant und spannend, das alles aus so unmittelbarer Nähe verfolgen zu können. Die nicht zu vermeidenden Wartezeiten wurden durch rund 10 Proben der hauseigenen Destillate sehr verkürzt. Dazu gab es Kaffee und Kaltgetränke sowie von Frau de Schrevel liebevoll zubereitete lokale Speisen. Sowohl die mittägliche Hühnersuppe mit Kräutern aus dem eigenen Garten, als auch der nachmittags gereichte Kuchen waren extrem lecker. Gekostet hat das Vergnügen 85,00 EUR pro Nase – definitiv nicht zu viel. Das Gebotene ist das Geld mehr als wert. Vielen Dank an die Eheleute de Schrevel für diesen äußerst kurzweiligen und unterhaltsamen Tag! Wieder daheim ließen wir den Tag Revue passieren und bei Gegrilltem und dem einen oder anderen weiteren Dram ausklingen.




Der erste Kandidat ist ein amerikanischer Bourbon. Ihn stelle ich an den Anfang, weil ich kein großer Bourbon-Freund bin. Probiert habe ich bereits verschiedene, aber für mehr als ein „lecker“ hat es kaum gereicht. Und selbst das gab es bisher nicht allzu häufig. Die süßliche, mich oft an Kleber erinnernde Note empfinde ich meistens als störend. Dahinter entdecke ich dann oft nicht mehr viel. Dennoch versuche ich das auszublenden und gebe dem SPECIES U1 eine Chance. Ein NAS-Whisky ist er, No Age Statement, ohne Altersangabe. Während das manchen Whisky-Genießer stört, ist es mir egal. Hauptsache, es schmeckt mir. Das ist das wichtigste Kriterium. Aus Indiana kommt er und schaut gut aus in seinem schönen, vollen Honiggelb. Die erste Nase überrascht mich direkt: Kein Kleber! Außerdem: Kein Alkohol. Die 56,3 % versteckt er erst einmal gut. Malzig-süße, sehr vanillige Noten steigen auf. Aber nicht so süß, dass es mir die Nase zuklebt. Eher zurückhaltend, aber dennoch deutlich spürbar. Mit etwas Wartezeit wird er kräftiger, bekommt eine leicht holzige Note dazu, die ihn schön ausbalanciert. Gefällt mir gut! Mal sehen, was er im Mund anstellt. Auch hier macht sich der Alkohol nicht sonderlich bemerkbar. Wirklich gut eingebunden. Geschmacklich kommt jetzt doch der Bourbon durch, aber zum Glück auch hier ohne Klebstoff. Wieder die Vanille, die aber gegenüber dem Aroma in der Nase deutlich zurück tritt. Dafür direkt von Anfang an eine deutlich würzige Note. Frisches Holz. Gartenkräuter, am ehesten Rosmarin. Rein vom Mundgefühl her liegt er beinahe leicht auf der Zunge. Aber die Aromen haben schon einen guten Antritt. Sehr schön! Sollte hier der Roggenanteil höher sein? Oder ist es gar ein Rye-Whiskey? Eine ganz leichte Salzigkeit kommt dazu, sehr interessant. Die bleibt auch im Hals am längsten bestehen, wenn die anderen Eindrücke schon verschwunden sind. Insgesamt mittellang. Tja, was soll ich sagen? Der überzeugt mich! Es gibt Bourbon, den ich mag. Dieser ist es!
Die Geschmacksnerven mit Wasser neutralisiert, widme ich dem zweiten Sample. Ebenfalls ein ungewöhnlicher Whisky, ein Grain, der nicht nur aus gemälzter Gerste besteht.. Über den großen Teich geht es in die schottischen Lowlands. In einem Bourbon Hogshead durfte er rund 24 Jahre reifen. Ein Alter, ab dem Grains anfangen interessant zu werden. Von Ausnahmen abgesehen, wie ich unlängst mit dem Strathclyde feststellte. Aber zurück zum GRAVITY C mit seinen 51,5 %. Die Anziehungskraft, Gravitation, ist im Universum ja kaum vorhanden. Mal sehen, welche dieser Whisky ausübt. Sein Gelb erinnert an Weißwein. Die Nase ist auch hier süßlich. Leicht gezuckertes Popcorn, frisch zubereitet. Ein Hauch Marshmallow. Auch hier wieder nicht so klebrig süß wie das Original. Eher angenehm in der Nase. Dahinter etwas, das, ich kann mir nicht helfen, mich an die karamellisierte Kruste von Omas Schweinebraten erinnert. Ganz schwach ausgeprägt nur, aber die Assoziation ist da. Verrückt. Im Mund dann wie erwartet: Weich, rund legt er sich auf die Zunge, rollt sanft hin und her. Popcorn ist wieder da, dazu gesellt sich eine frische Note, die ich nicht auf Anhieb identifizieren kann. Im ersten Moment grasig wirkend, kommt dann aber Frucht durch. Ein Anflug von Aprikose, nein, Birne ist es. Gelblich, reif, saftig. Aber nicht mundfüllend. Eher so gerade eben, dass ich es wahrnehme. Auch das finde ich gut. Im mittellangen Abgang bleibt diese Fruchtigkeit, getragen von einer leichten Würze bestehen. Feiner Stoff!
Kandidat Nummer drei kommt zum Glück nicht mit 299.792.458 m/s auf mich zu – das entspräche der einfachen Lichtgeschwindigkeit, die er als Namen bekommen hat. Gestartet ist er in der Speyside, wo er fast sechs Jahre in einem American Bourbon Barrel reifen durfte. Mit 53,7 % wurde er abgefüllt und steht nun in der Farbe eines leichten Weißweins vor mir. Malzig ist der erste Eindruck in der Nase, dann folgen Shortbread und ein Hauch Karamell. Leicht wirkt er dabei nicht, eher voluminös und voll. Nicht zu spät für einen Keks, nehme ich den ersten Schluck vom SINGLE VELOCITY OF LIGHT, natürlich langsam, wie es ihm gebührt. Die Teignoten werden deutlicher. Immer noch Shortbread, Butterkeks vielleicht. Beißen kann ich ihn nicht wirklich, aber die Noten finde ich schon sehr deutlich. Auch das Malz bleibt, dann gibt jemand Butter zum Shortbread. Irgendwie bekomme ich jetzt Appetit auf Kuchen. Beim nächsten Probieren sollte ich was in Reichweite haben. Geradeaus, ehrlich, direkt. Vermutlich kann ich mich nicht stundenlang mit ihm aufhalten, wie ich bei den beiden ersten den Eindruck hatte. Aber ein schöner Whisky, perfekt als Starter in einem Tasting. Für sich betrachtet sehr gut, im Vergleich hat er es allerdings etwas schwer.
Weiter gehts. Nach dem der Sonne am nächsten gelegenen Sternensystem benannt, steht der ALPHA CENTAURI I vor mir. Definitiv näher als das Sternensystem selbst, das 4,34 Lichtjahre entfernt ist. Es ist Zeit für den ersten Whisky aus einem Sherry-Fass, in diesem Fall ein First Fill Oloroso Sherry Butt. Den Sherryfass-gereiften und -gefinishten Whiskys gegenüber derzeit eher weitgehend ablehnend eingestellt, braucht es schon etwas besonderes, um meinen Gaumen zu kitzeln. Der Oloroso, ein trockener bis leicht süßlicher Sherry, passt da ins Schema. Nicht dieser oft sehr ähnliche Geschmack nach Rosinen, Karamell, Schokolade und Süße, den PX Sherry-Fässer dem Whisky mit auf den Weg geben. Aus der Speyside ist er angereist, nachdem er fast achteinhalb Jahre im Fass lag. Die Farbe schrammt so gerade an Mahagoni vorbei, ist ein klein wenig heller. 52,4 % stehen auf dem Etikett. In der Nase lassen sie sich allerdings nicht finden, und das ist gut so. Dafür spielt der Oloroso mit meinem Riechkolben. Trocken ist er, ja. Würzig auch, allerdings nicht kräuterig, sondern eher holzig, nach alten Möbeln, altem Leder riechend. Sehr faszinierende Sinneseindrücke! Diese Trockenheit macht sich sofort auch im Mund bemerkbar. Begleitet von diesen tollen alten, dazu noch teils erdig wirkenden Aromen fängt Speichel an, sich zu bilden und spült noch einmal die feinen Nuancen hervor. Definitiv alte Möbel, Möbelpolitur, nicht gerade geöffnet und frisch aufgetragen, sondern im Verschwinden begriffen. Auch im Hals bleibt diese Trockenheit, dieses alte Gefühl, und das recht lange. SIR, YES, SIR! Sherry, as I like it. Der hat mich. Nicht nur wenn meine Vermutung bezüglich der Destillerie stimmt, brauche ich davon wohl eine Flasche.
Jetzt wird es ruppiger. Nicht nur weil der nächste Whisky nach den Sonneneruptionen benannt ist, jenen fackelähnlichen Gebilden, die scheinbar in den Weltraum geschleudert werden. Ruppig auch, weil es ab jetzt peated wird, getorft. Und wieder ungewöhnlich, weil von vielen Whiskytrinkern verpönt, ist es diesmal ein Blended Whisky. Völlig zu unrecht verpönt übrigens, geht doch der allergrößte Anteil des produzierten Whiskys in Blends. Neben dem Billig-Zeug aus dem Discounter gibt es dort aber auch Whiskys, die keinen Vergleich mit Malts scheuen brauchen. Mal sehen, wie es um den SOLAR FLARE α bestellt ist. Gute 21 Jahre hat er auf dem Buckel. Whiskys von Islay und den Islands wurden für diese Abfüllung vermählt und mit 53,8 % in die Flasche gebracht. Die Anteile aus den beiden einzelnen Destillerien sind nicht genannt, wohl aber, dass es sich um ein American Bourbon Barrel handelt, das zum zweiten Mal befüllt wurde. Strohgelb schimmert er im Glas und verbreitet schon im Stand die Aromen, die mir bei Whisky am besten gefallen. Durch den auf den Islands beheimateten Teil ist der torfige Geruch allerdings nicht so präsent wie bei dem Islay alleine. Dennoch eine tolle Mischung! Rauch gepaart mit Heidekraut, kräftig und würzig zugleich. Ein schöner Malzton dazu, fertig. In der Nase begeisternd! Und im Mund? Man merkt sein Alter. Der ist vollmundig, komplex. Doch als erstes fällt auf, dass er bei weitem nicht so rauchig ist, wie erwartet. Klar sind die Noten da, gehen aber mit dem anderen Whisky eine wärmende Melange ein. Wieder das Heidekraut, ein Anklang von Lakritz, eine blumige Note dabei. Kann das Flachs sein? Und dann ist da noch etwas. Fehlnote würde ich es nicht nennen. Aber irgendwas, das nicht ganz ins Bild passt – und ihn für mich daher umso interessanter macht. Ja, diese blumige Note ist es. Auch der gefällt mir – weil es ein faszinierender Blend mit Ecken und Kanten ist. Vielleicht nicht jedermanns Sache, aber ich finde ihn sehr spannend!
Dem Namen nach kann es sich beim vorletzten Dram nur um den Io handeln, den innersten der vier großen Monde des Jupiter. Single Malt. Islay. American Bourbon Barrel. Fassstark. Vier Argumente, die mein Whisky-Genießer-Herz höher schlagen lassen. Mit gut acht Jahren noch recht knackig und mit 57,8 % in einer Liga, die ich mag. Mal sehen, was der IO kann. Fast klar aussehen kann er, wie sehr heller Weißwein. Kein Wunder bei der zweiten Befüllung des Fasses. Und rauchen kann er, das nehme ich auf mehr als eine Armlänge Entfernung wahr. Die Nase? Qualm. Satter, purer Qualm eines Feuers, das noch nicht richtig brennt, weil das Holz nass ist. Der verzieht sich jedoch nach ein paar Minuten, als ob das Feuer gelöscht wurde. Es bleiben Salz, Seetang, der Anflug von etwas geräuchertem. Nicht Speck, der hat ja eigene Aromen. Eher geräucherter Fisch, Aal. Aber nur ganz dezent. Seetang und Salz dominieren klar. Mein Ding! Ich will wissen wie er schmeckt. Kurz: Fantastisch! Der fordert, aber er gibt auch eine Menge. Blind hätte ich ihm rund 50 % gegeben, so gut ist der Alkohol eingebunden. Dennoch kommt er wild daher, ungestüm. Sehr viel Seetang und Jod bringt er mit. Das ganze umrahmt von einer erstaunlichen Süße. Doch sie hat es schwer, gegen diese Wucht anzukämpfen. Das Ding ist wie ein Spaziergang im Sturm am Strand. Die Gischt fliegt einem um die Ohren, der Tang tanzt auf den Wellen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen so ehrlichen, geradlinigen und vor allem guten Islay im Glas hatte. Groß! Ar! Tig!
Der letzte dürfte es jetzt schwer haben. Toppen kann er den Io eigentlich nicht mehr. Aber ich lasse es ihn zumindest versuchen, klingen die Eckdaten doch recht vielversprechend: Von den Islands stammend, ist er mit 58,3 % der stärkste aus dem Sortiment. Getorft ist er auch, aber auch geblendet. Zwar nur der berühmte Teaspoon, aber damit stammt er nicht mehr aus einer einzigen Destillerie. Die sechseinhalb Jahre seiner Reifung durfte er in einem First Fill Port Wine Barrique verbringen. Die Lagerung sieht man ihm auch an, denn er kommt in einem schönen, dunklen Rosé-Ton daher. Auch in der Nase ist die Herkunft unverkennbar. Schöne, fruchtige Noten, ein wahrer Kompott aus roten Johannisbeeren, Sauerkirschen, Himbeeren. Insgesamt eher leicht erfrischend säuerlich. Durch die Kombination mit dem Rauch wirkt es eher wie ein Rosé, als wie ein Port. Im Mund kommt er schon fast cremig daher. Und mit deutlichem Unterschied zur Nase. Zwar auch irgendwie frisch, aber das Obst ist hier süßer. Dazu der Rauch, der alles umhüllt – sehr klasse! Der Geschmack bleibt auch noch eine ganz Zeit erhalten, denn der Abgang ist lang. Mit dem Io konnte er besser mithalten als erwartet.







