Ist das Kunst oder kann das weg?

Die Eingangsfrage zeigt schon den Kern des Themas: Kunst wird völlig unterschiedlich wahrgenommen. Nicht selten wird es damit erklärt, Kunst sei es, den exorbitanten Preis des Kunstwerks zu begründen. Geht man das Thema etwas ernsthafter an, stellt sich heraus, dass die Geschmäcker unterschiedlich sind. Mag die eine beim Anblick der Gemälde alter Meister in Verzückung geraten, ist der andere bei moderner, gegenständlicher Kunst aus dem Häuschen. Einig sind sie sich oft darin, wenn sie erkennen, etwas besonderes zu sehen.

So ging es mir heute Morgen, als ich auf der facebook-Seite eines Freundes einen Beitrag verlinkt sah, der mich augenblicklich triggerte. Einfach großartig! Statt mir selbst einen Text aus den Fingern zu klöppeln, übernehme ich den des Autors hier, um ihm eine größere Reichweite zu geben, denn nicht alle, dir mir folgen, nutzen facebook,

Darstellung des Kunstwerks "Can't Help Myself" von Sun Yuan and Peng Yu
Can’t help myself

Hier also das Zitat der Seite „Mit Benny durch die Weltgeschichte“ (https://www.facebook.com/bennysweltgeschichte):

ZITATBEGINN

Wenn ein Kunstwerk vergeblich versucht, sich selbst zu retten 🙁 ❤

Kein Kunstwerk hat mich je so emotional berührt wie dieser Roboterarm. Er ist so programmiert, dass er versucht, die Hydraulikflüssigkeit einzudämmen, die ständig ausläuft und benötigt wird, um sich selbst am Laufen zu halten. Wenn zu viel davon austritt, stirbt er, also versucht er verzweifelt, sie zurückzuziehen, um einen weiteren Tag zu kämpfen. Das Traurigste daran ist, dass sie dem Roboter eigentlich die Fähigkeit gegeben haben, „Freudentänze“ vor Zuschauern aufzuführen. Als das Projekt zum ersten Mal gestartet wurde, tanzte er herum und verbrachte die meiste Zeit damit, mit der Menge zu interagieren, da er die kleine Menge ausgelaufene Flüssigkeit schnell wieder aufnehmen konnte.

Viele Jahre später hat sich dies geändert. Er sieht müde und hoffnungslos aus, da nicht mehr genug Zeit zum Tanzen ist. Er hat jetzt nur noch Zeit, um zu versuchen, sich selbst am Leben zu erhalten, da die Menge der ausgelaufenen Hydraulikflüssigkeit mit der Zeit immer unkontrollierbarer wurde. Er lebt seine letzten Tage in einem nicht enden wollenden Kreislauf zwischen Lebenserhaltung und gleichzeitigem Ausbluten – im übertragenen und im wörtlichen Sinne, denn seine Hydraulikflüssigkeit wurde absichtlich so gestaltet, dass sie wie echtes Blut aussieht.
 
2019 ging dem Roboterarm schließlich die Hydraulikflüssigkeit aus, er kam langsam zum Stillstand und starb 😭 Er war auf dieses Schicksal programmiert, und egal, was er tat oder wie sehr er es versuchte, es gab kein Entrinnen. Die Zuschauer sahen zu, wie er langsam ausblutete, bis zu dem Tag, an dem er aufhörte, sich für immer zu bewegen.
 
Zu sagen, dass dies nachhallt“, wird ihm nicht einmal gerecht. Das Stück wurde von Sun Yuan und Peng Yu geschaffen und trägt den Namen „Can’t Help Myself“. Was für ein Meisterwerk. Was für eine Botschaft.
 
❤ James Kricked Parr ❤
Statement: Ich habe mir das passende Video dazu angeschaut und habe es für euch nachstehend verlinkt. Ich muss sagen, dieses Kunstwerk hat soviel Tiefe, soviel Ausdruck und eine Nachricht, die mich hart getroffen hat. Unser ganzes Leben lang schuften wir um am Leben zu bleiben, versuchen dies und das, schauen das wir es diesem und jenem Recht machen. Und irgendwann verlieren wir uns selbst, verlieren die Kraft all dies ganz alleine zu schaffen. Und am Ende ist unsere Zeit gekommen. Was haben wir das ganze Leben lang gemacht?
 
Ich denke dieser Beitrag regt an, damit jeder bei sich selber schauen kann, wie dieses Kunstwerk auf sie oder ihn wirkt. Ich denke, es wird viele so wie mich berühren.
 
ZITATENDE
 

LINKS

Es gibt auch noch ein erläuterndes Video eines der Künstler: https://www.youtube.com/watch?v=T5Nmwf5k7P8&ab_channel=GALLERIACONTINUA
Den Originalbeitrag findet ihr hier bei facebook: https://bit.ly/RoboterKunst

Ben Nevis 1996 BD – 22yo

Ben Nevis 1996 von Best Dram? Da war doch was …

Stimmt. Aus dem Jahr hatte ich schon einmal eine 20-jährige Abfüllung aus dem Sherry-Fass. Meine Eindrücke dazu hatte ich hier notiert: https://leben-mit-genuss.de/ben-nevis-1996-bd. Außer der Brennerei und dem Destillationsjahr hat sie jedoch mit der heute verkosteten Abfüllung nicht viel gemein.

WAS

Name: Ben Nevis 1996 Best Dram 22yo
Kategorie: Single Malt Scotch Whisky
Destillerie: Ben Nevis
Region: Highlands
Abfüller: Whisky Druid
Destilliert: August 1996
Abgefüllt: April 2019
Alter: 22 Jahre
Fasstyp: Bourbon Hogshead
Fassnummer: 1714
Anzahl Flaschen: 168
Alkoholgehalt: 50,4 %
Aktueller Straßenpreis: ~ 119,00 EUR

DESTILLERIE

Die Destillerie ist nach dem höchsten Berg Schottlands benannt, in dessen Sichtweise sie 1825 von John MacDonald errichtet wurde. 1878 baute dessen Sohn Donald MacDonald eine weitere Destillerie namens Nevis. Nach nur 30 Produktionsjahren wurde diese geschlossen und dient heute als Lagerhaus für Ben Nevis. Die Brennerei war eine der ersten, die sowohl Grain- als auch Malt-Whisky herstellen konnte.

ABFÜLLER

Auch zu Best Dram hatte ich schon ein paar Worte verloren. Seitdem hat sich dort jedoch einiges getan. Mike Müller hat sich in Sachen Whisky neu orientiert und in dem Zuge das Unternehmen verlassen. Die Marke wird von Michel Reick unter dem neuen Dach „Whisky Druid“ weitergeführt.

AUGE

Safrangelb leuchtet der Whisky im Glas, golden mit dem leichten Stich ins Rote. Nach dem Schwenk im Glas trauen sich die Tropfen in eher breiten Bahnen offensichtlich kaum zurück, so langsam laufen sie das Glas hinab.

NASE

Ein wahres Fruchtkompott drängt sich der Nase auf, bestehend aus dunklen Früchten. Brombeeren nehme ich wahr und schwarze Johannisbeere. Alle sind vollreif und duften verführerisch. Mit etwas mehr Zeit legen sich Haferflocken als Grundton unter die Früchte. Das dunkle Kompott wird anschließend mit ein paar Erdbeeren aufgelockert. Für einen Moment nehme ich Marzipan wahr, bevor eine unglaubliche vanillige Süße die Früchte überdeckt. Mit zunehmender Dauer verschmelzen die Aromen immer mehr zu einem süßen Obstboden. Verlockend!

MUND

Der erste Eindruck, noch vor dem Wahrnehmen einzelner Aromen, ist eine geschmeidige Weichheit, mit der der erste Schluck den Mundraum füllt. Als zweites fällt eine deutliche Süße auf, bevor sich die Früchte vehement zu Wort melden. Fast einer Explosion gleich gibt es jede Menge schwarze Johannisbeeren. Auch die Brombeeren sind wieder da, wenngleich auch dezenter als in der Nase. Begleitet werden sie von dunklen Kirschen. Marzipan, Vanillezucker und Mürbeteig umschmeicheln die Früchte und zaubern mir ein Lächeln ins Gesicht.

HALS

Das bleibt quasi auch während des mittellangen Abgangs erhalten. Weich, süß und sehr fruchtig klingt der Dram aus.

FAZIT

Steigende Nachfrage nach dem Luxusgut Whisky führt zu jungen Abfüllungen, die durch geschicktes Fassmanagement oftmals toll schmecken. Vielleicht gerade deshalb halte ich es für etwas besonderes, wenn ein Whisky wirklich mal die Zeit hat zu reifen. 22 Jahre im Fass – hier zeigt sich, was so viel Ruhe bewirken kann. Eine elegante Fruchtbombe vom feinsten ist dabei herausgekommen. Wer den Whisky zu würdigen weiß und sein Alter mit entsprechender Zeit beim Genuss honoriert, der wird reich belohnt.

Danke an den Whiskyhort für das Sample.

LINKS

Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/130024/ben-nevis-1996-bd
Destillerie: http://www.bennevisdistillery.com/
Abfüller: https://whiskydruid.com/

Tasting-Notes #0047

Sounds Like Van Spirit

Fronleichnam. Feiertag. Ruhe. Nicht hier! Schließlich will der heutige Tapas-Abend mit Freunden vorbereitet werden (eigener Beitrag folgt). Während diverse Tapas gerade köcheln oder durchziehen, bleibt ein Augenblick, um auf facebook die letzten Neuigkeiten durchzusehen. Dabei stoße ich auf das Projekt des Toningenieurs Marten Berger. Sein Ziel war es, die Stimmungen europäischer Straßenmusik einzufangen. Dazu war er zwei Jahre mit einem zum Tonstudio umgebauten VW T3 in 25 Ländern unterwegs. Herausgekommen ist ein herrlicher Querschnitt, bei dem sich das Anhören wirklich lohnt. Wer offen für etwas musikalisch Neues abseits der sonstigen bevorzugten Pfade ist, dem kann ich das Projekt nur wärmstens empfehlen. Via Crowdfunding sind die Ergebnisse übrigens auch auf diversen Ton- und Bildträgern erhältlich.

LINKS

kurze Vorstellung des Projekts: https://www.youtube.com/watch?v=ZEblEp0FKW8
Homepage: https://de.ulule.com/sounds-like-van-spirit-europes-pavement-melodies/
facebook: https://www.facebook.com/soundslikevanspirit

The Dark Side Of Islay – Mulindry 22yo MoS

Wer einen Whisky unter dem Label „The Dark Side of Islay“ herausbringt, hat gleich meine doppelte Aufmerksamkeit. Dass es sich auch bei der dritten Abfüllung dieser Reihe um einen Blended Malt handelt, juckt mich nicht weiter, fand ich doch schon die ersten beiden richtig lecker. Und letztlich entscheidet einzig der persönliche Geschmack darüber, was man genießt.

WAS

Name: The Dark Side Of Islay – Mulindry
Kategorie: Blended Malt
Destillerie: mehrere Destillerien
Region: Islay
Abfüller: Malts of Scotland
Destilliert: k. A.
Abgefüllt: k. A.
Alter: 22yo
Fasstyp:  k. A.
Fassnummer: k. A.
Anzahl Flaschen: 1.065
Alkoholgehalt: 48,9 %
Aktueller Straßenpreis: ca. 175,00 EUR

DESTILLERIE

Ebenso wie bei den beiden ersten Abfüllungen wird auch diesmal über die Anzahl der Brennereien von Islay oder gar deren Namen der Mantel des Schweigens gehüllt. Während hier etwas von drei Destillerien geraunt wird, mutmaßen andere, es seien gar vier. Bekannt ist immerhin das Alter des jüngsten Whiskys – 22 Jahre. Der älteste hingegen soll 26 Jahre im Fass gelegen haben, wird gemutmaßt.  Die Farbe lässt immerhin darauf schließen, dass Sherry-Fässer beteiligt waren. Auch der Name Mulindry lässt – wie immer bei Malts of Scotland – nicht unbedingt Rückschlüsse auf die Brennerei zu. Die nahe liegende Schlussfolgerung, dass es sich mindestens in Teilen um ein Destillat der Brennerei Bruichladdich handeln muss, weil der Name schon mehrfach auf deren Abfüllungen auftauchte, muss also auch nicht zwingend richtig sein. Unterm Strich bleiben also viele Mutmaßungen – und ein Whisky, der sich bereits im Glas akklimatisiert.

ABFÜLLER

„Every bottle is a benchmark“, so der Leitspruch des Unabhängigen Abfüllers Malts of Scotland. Dessen Inhaber Thomas Ewers hat am 25. November 2003 auf einer Urlaubsreise seinen ersten Whisky getrunken. Die aufblühende Leidenschaft führte dazu, dass er 2005 sein erstes Fass gekauft hat. Anfangs im Nebenberuf ist er seit 2015 hauptberuflich als unabhängiger Abfüller tätig. Bereits von Anfang an hat er sich von Brennereien auch New Make in Fässer füllen lassen, ohne allerdings auf deren Auswahl einen Einfluss zu haben. Erst seit 2012 kann er auch eigene Fässer nach Schottland liefern und diese dort befüllen lassen. Das, was er abfüllen lässt, ist immer wieder von beeindruckender Qualität. Nicht ohne Grund wurde er schließlich vom schottischen Whiskymagazin mehrfach zum weltweit besten unabhängigen Abfüller gewählt. Seit 2016 ist Thomas Ewers zudem Keeper of the Quaich – von schottischen Keepern ausgewählt und aufgenommen. Persönlich bin ich gespannt, welche weiteren Abfüllungen noch kommen werden, haben mich seine Whiskys in der Vergangenheit doch schon etliche Male überzeugt. Aber genug der Vorrede, der aktuelle Kandidat wartet.

AUGE

Mein Auge erfreut sich bereits an dem leuchtenden Mahagoni-Farbton. Beim Schwenk bilden sich nur sehr widerwillig recht dicke Legs, die langsam das Glas hinabrinnen.

NASE

Nasal überrascht der erste Eindruck mit sehr viel reifer, dunkler Frucht. Brombeeren und Schattenmorellen, überlagert von überreifen Pflaumen. Demarara-Zucker trägt die Früchte, karamellisiertes Popcorn kommt dazu. Für einen Moment meine ich Shortbread wahrzunehmen, bevor sich das Alter bemerkbar macht und Eichenholz dezent die Geschmacksknospen kitzelt. Dunkler Kakao rundet den Eindruck ab. Moment mal, Islay, fehlt da nicht noch was? Nicht wirklich, denn natürlich ist auch Rauch in der Nase vorhanden. Allerdings hält er sich für meinen Eindruck die ganze Zeit dezent zurück.

MUND

Schon vorab bekam ich den Tipp, dass der Malt einige Zeit im Glas braucht, um sich zu entfalten. Nun denn, eine halbe Stunde habe ich ihm gelassen. Den ersten Nipp im Mund habe ich direkt das zweite Aha-Erlebnis, denn zunächst nehme ich das öliges Mundgefühl wahr. Fast schon geschmeidig rollt er sich aus. Jetzt ist auch der Rauch präsent, stellt sich in den Vordergrund, erinnert an ein erkaltendes Lagerfeuer. Er macht sich breit, füllt den kompletten Mundraum aus, ehe er nach einem Moment zurückweicht und den weiteren Aromen Platz macht. Es wird dunkel-süß und fruchtig. Pflaumenmus, Rosinen, eine Handvoll Kirschen und wieder die Brombeeren, jetzt etwas mehr im Hintergrund. Getoastetes Weißbrot und Eiche mischen sich dazu, wirkend adstringierend, bevor am Ende eine an Blockmalz erinnernde Süße auftaucht. Was sich hier locker und leicht liest, ist real ein überwältigendes Erlebnis. Diese Schwere, diese Komplexität finde ich sehr beeindruckend.

HALS

Den Begriff „langer Abgang“ kann ich für mich getrost neu definieren. Der kalte Rauch bleibt und bleibt und bleibt. Die dunklen Früchte lassen nur sehr langsam nach, geben sich irgendwann aber doch geschlagen. Dabei wärmt er nicht nur in der Erinnerung. 

FAZIT

Zu gerne würde ich den Mulindry bei Gelegenheit mal gegen den Scarabus verkosten, von dem ich irgendwo noch einen Rest stehen haben muss. Für sich betrachtet ist das ein sehr feiner Whisky, der aus meiner Sicht jeden Cent wert ist. Seine dunkle, mächtige Kraft, die er trotz „nur“ 49,8 % entwickelt, die Vielfalt an Aromen, die immer wieder neu changieren, haben mich in ihren Bann gezogen. In einer Zeit, da die Abfüllungen aufgrund großer Nachfrage immer jünger zu werden scheinen und die eh schon jungen durch NAS-Whiskys ersetzt werden, ist es eine Wohltat, den Mulindry im Glas zu haben. Er wirkt wie aus einer längst vergangenen Zeit und macht mir richtig Spaß.

LINKS

Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/118882/the-dark-side-of-islay-22-year-old-mos
Destillerie: aus o. g. Gründen nicht angegeben
Abfüller: https://www.malts-of-scotland.com/

Tasting-Notes #0046

Arabisches Huhn mit Kürbis und Kartoffeln

Derzeit kommen meine Einsätze in der Küche leider viel zu kurz. Jetzt im Urlaub ist endlich mal wieder Zeit, mich dort auszutoben. Obwohl, so viel Zeit nahm es diesmal gar nicht in Anspruch. In einer Zeitschrift war ich auf ein Rezept gestoßen, das ich gerne ausprobieren wollte. Huhn und Kürbis sind schnell besorgt, alle anderen Zutaten sind hier eh vorhanden. Also los!

ZUTATEN

  • 1 Huhn, ca. 1,2 kg, küchenfertig vorbereitet
  • 1 Hokkaido-Kürbis, ca. 700 g
  • 700 g Kartoffeln
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1 TL Paprikapulver rosenscharf
  • 1 TL gemahlenen Kreuzkümmel (Cumin)
  • 1/2 TL Zimt
  • 1/2 TL gemahlener Koriander
  • 1/2 TL gemahlene Sternanis
  • 1 TL gemahlenes Kurkuma
  • 3 – 4 EL Sonnenblumenöl
  • Salz und Pfeffer nach Belieben

WERKZEUG

  • ein großes Küchenmesser
  • eine große Schüssel
  • eine kleine Schüssel
  • einen Mörser
  • einen Küchenpinsel
  • eine Auflaufform, wenn möglich mit Gitterrost

ZEIT

  • Zubereitung ca. 30 Minuten
  • Garen ca. 60 – 75 Minuten

ZUBEREITUNG

Zunächst den Backofen bei Umluft auf 160 Grad einstellen – ohne Umlauft 180 auf Grad. Während der aufheizt ist die Gewürzmischung schnell vorbereitet: Die beiden Knoblauchzehen abziehen und anschließend fein hacken und in die kleine Schüssel geben. Sofern nicht in gemahlener Form vorhanden, Cumin, Koriander, Kurkuma und Sternanis fein mahlen und ebenfalls in die kleine Schüssel geben. Salz und Pfeffer nach Belieben dazu, anschließend das Sonnenblumenöl. Danach durchrühren. Im Idealfall sollte die Mischung recht flüssig sein. Ist sie das nicht, nach Bedarf Öl dazu geben. Die Mischung beiseite stellen, damit sich die Gewürze entfalten können.

Den Kürbis waschen, halbieren und die Kerne samt dem faserigen Inneren entfernen. Den Kürbis zunächst in Spalten, dann optional in mundgerechte Stücke schneiden und in die große Schüssel geben. Die Kartoffeln bei Bedarf schälen, waschen, in Stücke schneiden und ebenfalls in die Schüssel geben. Ein Tipp: Laut Rezept sollte der Kürbis nur in Spalten geschnitten werden. Um allerdings einen gleichmäßigen Gargrad zu erzielen, habe ich ihn in mundgerechte Stücke geschnitten, ähnlich groß wie die Kartoffeln.  Nun beides in der Schüssel vermengen, anschließend die Hälfte der Gewürzmischung dazu geben und noch einmal gut durchrühren.

Jetzt geht es dem Huhn an den nicht mehr vorhandenen Kragen! Abbrausen, trocken tupfen, eventuelles Gebinde, das Flügel und Schenkel zusammen hält, entfernen. Das Huhn ein wenig ausbreiten und rundherum mit der restlichen Gewürzmischung einpinseln. Das war es auch schon.

Abschließend die Kürbis-Kartoffel-Mischung in die Auflaufform geben und das Gitterrost ebenfalls hineinstellen. Das Huhn darauf platzieren und alles zusammen auf mittlerer Schiene in den mittlerweile aufgeheizten Backofen geben. Nach 60 – 75 Minuten ist das Huhn fertig. Erkennen lässt sich das, indem man mit einem Zahnstocher oder eine Gabel am Schenkel zwischen Bein und Brust in das Fleisch sticht. Ist die austretende Flüssigkeit nicht mehr rötlich sondern klar, ist das Huhn fertig. Alternativ kann man sich auch auf den bei manchem Huhn eingebauten Anzeiger verlassen. Sobald das rote Knöpfchen aus der Halterung poppt, ist das Huhn ebenfalls fertig. Hunger wirst du bis dahin auf jeden Fall haben, denn die Aromen, die aus dem Backofen strömen und den Raum erfüllen, sind ein orientalischer Traum.

 

 

SERVIEREN

Das erfolgt je nach Gusto. Gerne stelle ich einfach die Auflaufform auf den Tisch, aus der sich alle bedienen können. Wer es stilvoller mag, kann das Huhn zerlegen und auf einer Platte anrichten, sowie die Beilagen in Servierschüsseln auf den Tisch stellen. Auch die Vorbereitung fertiger Teller in der Küche ist natürlich denkbar. Macht einfach, wie es euch gefällt. Dazu schmeckte ein spanischer weißer Tempranillo hervorragend.

Guten Appetit!

Rezept #0006

Galahad 2009 Wh

Blended Whisky – für die einen das personifizierte Böse, für andere das, was sie haben wollen, wenn sie einen Whisky bestellen. 80 – 90 % des weltweiten Whiskymarktes bestehen aus diesen preisgünstigen Varianten. Wenn so viel Blended Whisky konsumiert wird, kann er wohl so schlecht nicht sein. Und aus einem anderen Blick winkel betrachtet: Ist es nicht die viel größere handwerkliche Kunst, aus bis zu rund 50 verschiedenen Fässern einen tollen Whisky zu kreieren, statt nach einer Probe zu entscheiden, dieses Fass sei nun bereit für die Abfüllung? Okay, heute die neueste Abfüllung des Whiskyhort.

WAS

Name: Galahad
Kategorie: Blended Malt
Destillerie: drei Destillerien, deren Namen nicht genannt werden dürfen
Region: Speyside
Abfüller: Whiskyhort
Destilliert: 01.09.2009
Abgefüllt: 15.03.2018
Alter: 8 Jahre
Fasstyp: 1st Fill Port Cask
Fassnummer: 53A
Anzahl Flaschen: 292
Alkoholgehalt: 65,1 %
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: 69,00 EUR

DESTILLERIE

Es gibt in Destillerien offensichtlich misstrauische Menschen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass sie keine Namensnennung auf den Bottlings wünschen, die nicht aus ihrem eigenen Haus stammen. Ein Stück weit kann ich das nachvollziehen. Denn ist die Abfüllung grenzwertig fällt davon unweigerlich auch etwas auf die Brennerei zurück. Sowas kann den Ruf dauerhaft schädigen. Immerhin kann man es in diesem Fall auf drei größere Destillerien aus der Speyside eingrenzen, die in den Jahren 1824, 1878 und 1897 gegründet wurden.

ABFÜLLER

Mit diesem Bottling setzt der Whiskyhort seine Serie eigener Abfüllungen fort. Gleichzeitig wird damit eine Reihe neuer Abfüllungen begonnen, benannt nach den Rittern der Tafelrunde. Den Anfang macht Galahad – in König Artus‘ Tafelrunde einer der wichtigsten Ritter.

AUGE

Das übersichtlich aber dennoch liebevoll gestaltete zweiteilige Etikett verrät alle wichtigen Details der Abfüllung. In einer einem Hagebuttentee nicht unähnlichen Farbe schimmert der Dram im Glas. Die Legs sind erwartungsgemäß sehr fein. Es dauert einen Moment, bis sie sich ausbilden und dann ins Glas zurück fließen.

NASE

Schon im ersten Eindruck macht die Nase klar, was jetzt kommt. Frucht ohne Ende! Fruchtig ist der Galahad und wirkt dabei frisch, wie gerade gepflücktes Obst. Nach und nach lassen sich die einzelnen Bestandteile erkennen. Die Weintrauben sind anfangs sehr dominant, rote Weintrauben, leicht gekühlt. Danach erscheinen Erdbeeren und anschließend Johannisbeeren. Diese Melange wird noch durch Kirschen angereichert. Milchschokolade gesellt sich dazu und nach inzwischen ein paar Minuten im Glas kann ich auch etwas Marzipan ausmachen. Die ganze Zeit fällt mir auf, dass der Alkohol erst beim intensiven Einatmen leicht spürbar ist. Ansonsten kein Brennen oder Ziehen oder Austrocknen der Nase. Insgesamt ein sehr verheißungsvoller Auftakt.

MUND

Jau! Den sollte man nicht als ersten Dram des Tages im Glas haben! In der Nase hat sich der Alkohol ja noch gut versteckt gehalten, aber im Mund zeigt er erst einmal, was Sache ist. Der Schluckreflex kommt schnell, der Speichel fließt anschließend reichlich. Okay, zweiter Nipp. Der lässt sich dann sehr gut aushalten und auch Aromen sind deutlich wahrzunehmen. Erst einmal fällt die beeindruckende Süße auf.  Frucht und Würze lassen sich dann ausmachen. Die Kirschen sind da, rote Weintrauben. Die Beeren sind dunkler, intensiver geworden. Eher Brom- als Erdbeere. Zusammen mit der Süße hat das schon fast etwas vom Kilchoman Bramble – ohne den Rauch. Was sich in der Nase bereits andeutete, bestätigt sich hier wunderbar: Das ist voller Korb aus roten, reifen Früchten! Ein weiterer Nipp aus dem Glas, eine nochmals längere Verweildauer im Mund offenbart weitere Aromen. Die Schokolade kommt dazu und jetzt wird der Eindruck perfekt: Das ist Mon Cherie in fassstark! Über die für das Alter schon erstaunlich spürbaren Eichennoten wundere ich mich ein wenig, genieße sie aber, da sie nicht aufdringlich sind, sondern sich stimmig ins Gesamtbild einfügen. Die Süße wird dadurch weniger, auch das Marzipan taucht wahrnehmbar wieder auf. Spät erst wird der Mundraum leicht trocken.

HALS

Der geht direkt auf den Ofen. Lang und vor allem sehr wärmend macht sich der Galahad im Abgang bemerkbar. Die Fruchtigkeit sticht dabei heraus, auch Schokolade ist auffällig.  Alles geht in einer angenehme Trockenheit über, die bleibt.

FAZIT

Worauf kommt es letztlich beim Whiskygenuss an? Auf das Alter? Auf die Art der Fassreifung? Auf die Brennerei? Oder läuft nicht letztlich alles auf ein „schmeckt“ bzw. „schmeckt nicht“ hinaus? Mein Fazit: Schmeckt! Fruchtig und süß und schokoladig – eigentlich gefährlich süffig. Allein die 65,1 % verhindern, dass man von diesem Whisky mehr trinkt, als einem gut tut. Damit hat er genau die Ecke, die einen Whisky für mich interessant macht, die ihn aus dem Gros der Abfüllungen heraushebt. Will heißen: Der zieht bei mir ein!

LINKS

Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/111193/galahad-2009-wh
Destillerie: aus o. g. Gründen nicht angegeben
Abfüller: https://shop.whiskyhort.com/ 

Tasting-Notes #0045

Glenlivet 10yo SV for Whiskyhort

Vor den heutigen Notes eine kleine Bemerkung zu diesem Blog. In letzter Zeit waren die Möglichkeiten, meine Eindrücke von Whiskys zu schildern zeitlich arg beschränkt. Daher war es hier recht ruhig. Das soll sich in 2018 wieder ändern. Geändert hat sich allerdings auch meine berufliche Situation. Seit dem 1. Dezember 2017 bin ich in Vollzeit für den Whiskyhort Oberhausen tätig. Ob das meine Eindrücke, meine Notes beeinflusst? Ich glaube nicht. Gefällt mir etwas, merkt man das an meinen Notes. Ebenso fällt es auf, wenn ich weniger begeistert bin. Woher die Whiskys oder auch die Samples stammen, hat bisher keine Rolle gespielt und wird es für mich auch künftig nicht. Ob wir im Whiskyhort von einem hier beschriebenen Whisky aufgrund meiner Notes mehr oder weniger verkaufen, ist für mich nicht wichtig. Denn was ich hier schildere, sind meine eigenen Eindrücke. Andere haben ihre eigenen, möglicherweise anderen Eindrücke. Was mir schmeckt, muss anderen noch lange nicht schmecken – und umgekehrt. Von daher wird sich sowas auf Sicht immer die Waage halten. Wichtig ist letztlich nur eins: Das, was man genießt, soll einem schmecken. Sind dir meine Eindrücke eine Hilfe, freut mich das.

Genug der Vorrede, der Whisky hat lang genug geatmet. Worum geht es heute?

WAS

Name: Glenlivet 2007 SV for Whiskyhort
Kategorie: Single Malt
Destillerie: The Glenlivet
Region: Speyside
Abfüller: Whiskyhort
Destilliert: 27. März 2007
Abgefüllt: 18. Dezember 2017
Alter: 10 Jahre
Fasstyp: First Fill Sherry Hogshead
Fassnummer: 900164
Anzahl Flaschen: 313
Alkoholgehalt: 66,8 %
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: 89,90 EUR

DESTILLERIE

The Glenlivet, in der Nähe von Ballindaloch, Moray in Schottland gelegen, wurde 1824 als erste legale Brennerei nach dem Exise Act gegründet. Dieses Gesetz erlaubte es jedem, mehr als 40 Gallonen (das entspricht etwa 180 Litern) zu brennen, wenn er die jährliche Steuer von 10 Pfund entrichtete. Nach und nach folgten alle Brennereien The Glenlivet und haben ihre Tätigkeiten legalisiert. Als erste warb The Glenlivet daher teilweise mit der markanten Aussage „The single malt that started it all“. Heute gehört die Brennerei zu Pernod-Ricard und produziert jährlich 10.500.000 Liter. Als Originalabfüllungen sind der 12yo, 15yo, 18yo, Archive 21yo, der 25yo XXV, der NAS Founder’s Reserve sowie die fassstarken, mindestens 16 Jahre alten Nadurras erhältlich. Daneben haben auch etliche Unabhängige Abfüller Whiskys dieser Destillerie in die Flasche gebracht. In diesem Fall ist es Signatory Vintage, einer der größten Unabhängigen Abfüller Schottlands.

ABFÜLLER

Der Whiskyhort Oberhausen, auf der Interwhisky in Frankfurt jüngst zu „Deutschlands Whiskyshop Nr. 1“ gekürt, hat zu seinem Ende Januar 2018 anstehenden dreijährigen Geschäftsjubiläum ein Fass Glenlivet abfüllen lassen. Drei ereignisreiche Jahre, die mit diesem Whisky gewürdigt werden. Destilliert wurde der New Make am 27. März 2007, als Whisky in die Flasche gebracht am 18. Dezember 2017. Die gesamte Reifezeit verbrachte das Destillat in einem First Fill Sherry Hogshead.

AUGE

Das sieht man dem Whisky auch an. Dunkles Mahagoni schimmert mit einem tiefen Leuchten im Glas. Nach dem Schwenk des Glases läuft die Flüssigkeit schon fast widerwillig zurück ins Glas. Breite Legs bilden sich dabei. Ein vielversprechender Auftakt.

NASE

„Voll, schwer, warm, komplex“ schießt es mir als erstes durch den Kopf. Beeindruckend für einen zehnjährigen Whisky. Aber er gibt sich noch zugeknöpft. Nun gut, ich habe Zeit. Eine knappe halbe Stunde später macht der Dram einen ganz anderen Eindruck. Die Wartezeit dankt er mit jeder Menge dunklen, reifen Früchten. Brombeeren, Pflaumen, dunkle Weintrauben, die schon fast Rosinen geworden sind. Daneben Rohrzucker, Karamell, ein erster, sehr dezenter und daher angenehmer Ansatz von Holz. Den Alkohol nehme ich nicht wahr. Statt dessen scheint mich der Dram wie eine wärmende Decke einzuhüllen, nimmt mich ganz für sich ein. Eine angenehme Wohligkeit macht sich breit.

MUND

Der erste Schluck prickelt schnell auf der Zunge. Auch geschmacklich lässt sich noch nicht viel feststellen. Zu kräftig ist der Antritt mit 66,8 %. Damit hatte ich gerechnet und deshalb einen anderen Glenlivet in Trinkstärke vorab verkostet, um die Geschmacksknospen vorzubereiten. Dennoch ist der Sprung von über 20 % im Alkoholgehalt ein deutlicher. Ab dem zweiten Schluck wird es aber deutlich besser. Kräftig ist er immer noch, ja. Dunkel wirkt er, ist herb, würzig. Jetzt merke ich, dass der Alkohol insgesamt gut eingebunden ist. Bis das Prickeln wieder auftritt, dauert es fast zehn Sekunden. Die Früchte sind im Mund deutlich dezenter, auch die Süße ist unaufdringlich und gesellt sich später dazu. Auch hier ist es wieder Rohrzucker, deutet sich Karamell an. Bis dahin dominieren würzige Eichennoten ohne unangenehm zu sein. Schnell fühlt sich der Mundraum dennoch trocken an.

HALS

Lang und wärmend bleibt er zurück, im Hals ebenfalls die würzigen Aromen, die nach und nach einer aufkommenden Süße weichen.

FAZIT

Wer mich kennt, weiß, dass ich sherryfassgelagerte Whiskys nicht allzu sehr mag. Sie wirken auf mich oft langweilig, überdecken mit ihrer Süße oft andere Aromen. Haben sie hingegen Ecken und Kanten, etwas woran sich meine Geschmacksknospen, woran sich meine Hirnwindungen festhalten können, finde ich das hingegen sehr faszinierend. Solch einen Vertreter habe ich hier im Glas. Nase und Mund stellen sich unterschiedlich dar. Fruchtaromen und eine schöne Süße in das Nase werden im Mund zu kräftigen, würzigen Eindrücken, die ihren Platz beanspruchen. Mir macht das richtig Spaß. Daher wird eine Flasche in meinen Schrank wandern. Wie sind deine Eindrücke? Gerne als Kommentar unter diesem Beitrag. 

LINKS

Whiskybase: noch nicht angelegt
Destillerie: https://www.theglenlivet.com/en-EN
Abfüller: https://shop.whiskyhort.com/

Tasting-Notes #0044

Kürbis-Kokos-Suppe mit roten Linsen

Viel zu lange ist es her, dass ich in der Küche gestanden habe. Aus verschiedenen Gründen hatte meine Frau das in den letzten Wochen übernommen. Zeit, dass sich was dreht …

Herbst, das bedeutet nicht nur kürzere Tage, leuchtendes Laub und usseliges Wetter. Herbst ist auch Suppenzeit. Ich liebe Suppen! Außerdem koche ich sie gerne selbst. Beim Einkauf vorige Tage fand auch ein Kürbis den Weg in den Lebensmittelvorrat. Kürbissuppe gab es schon lange nicht mehr. Vor Jahren hatte ich mir mal ein Rezept abgespeichert, das mir jetzt als Grundlage dienen sollte.

ZUTATEN

  • 750 g Hähnchenbrustfilet
  • 1 EL „Rot Shish Taouk“-Gewürz
  • 1 TL „Herr des Ladens“-Gewürz
  • etwas Sonnenblumenöl zum Anbraten
  • ein mittelgroßer Hokkaido-Kürbis
  • drei mittelgroße Möhren
  • zwei mittelgroße Zwiebeln
  • eine rote und eine gelbe Paprika
  • ein Bund Frühlingszwiebeln
  • ein daumengroßes Stück Ingwer
  • 500 g rote Linsen
  • 1 EL selbst zubereitete Gemüsepaste
  • 400 g Kokosmilch
  • 2 Liter Wasser
  • Salz
  • frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
  • Curry Maharadja 
  • Curry Dragon
  • Hibiskusblütenzucker

WERKZEUG

  • großes Küchensieb
  • großer Kochtopf
  • großes Küchenmesser
  • Kochlöffel

 

ZUBEREITUNG

Zunächst werden die roten Linsen in das Küchensieb gegeben und unter fließendem Wasser gründlich gespült. Anschließend über dem Spülbecken oder einer Schüssel abtropfen lassen. In der Zwischenzeit das Hähnchenbrustfilet parieren (falls nötig) und in mundgerechte Stücke teilen. Mit etwas Öl im Topf scharf anbraten. Die Gewürze nehme ich bei sowas frei Schnauze. Hier waren es neben Pfeffer und Salz Rot Shish Taouk, ein Gewürz aus dem arabischen Laden um die Ecke, sowie Herr des Ladens, eine Gewürzmischung, die mir eine liebe Freundin mal geschenkt hatte. Beides zusammen gab den richtigen orientalischen Kick, den ich haben wollte.

Während das Hähnchenfleisch vor sich hin brutzelt, ist Zeit genug, den Hokkaido-Kürbis zu halbieren, mit einem Esslöffel den mit den faserigen Samen gefüllten Mittelteil auszuhöhlen und anschließend in grobe Würfel zu zerteilen. Auch das restliche Gemüse wird geputzt und in entsprechende Stücke zerlegt: die Zwiebel in feine Würfel, Frühlingszwiebeln schräg in nicht zu dicke Röllchen, die Möhren halbiert, danach in Scheiben geschnitten und letztlich auch die Paprika gewürfelt. Nachdem das Stück Ingwer mit einem Teelöffel geschält war, wurde auch das in sehr feine Würfel geschnitten.

 

In der Zwischenzeit ist das Hähnchenfleisch fertig und kann aus dem Topf genommen und beiseite gestellt werden. Wieder etwas Öl in den Topf geben, die Zwiebelwürfel darin leicht glasig anbraten. Nun das restliche Gemüse in den Topf geben, nach Belieben würzen und kurz mit anbraten. Danach mit Gemüsebrühe auffüllen, bis  fast alles bedeckt ist. Hierzu nutze ich selbst hergestellte Gemüsepaste, die ich mit heißem Wasser aufgieße. (Wie die gemacht wird, zeige ich euch ein anderes Mal.) Alles zusammen bei zwei Drittel Hitze 10 – 15 Minuten köcheln lassen, bis die Linsen weich sind. Dann ist es auch schon Zeit für die Kokosmilch, die hinzu gegeben und mit erhitzt wird. Auch hier wieder nach Belieben würzen. Ich wollte es mit ein wenig Pfiff servieren und habe Curry von Ankerkraut genommen. Curry Maharadja für die Grundschärfe, dazu wohl dosiert Curry Dragon. Außerdem Salz und eine gute Prise schwarzen Pfeffer. Für die geschmackliche Abrundung kam dann noch ein wenig Hibiskusblütenzucker dazu. Letztlich noch das Hähnchenfleisch wieder dazu geben, kurz erhitzen lassen, das war’s. In eine Schale gegeben, etwas Kürbiskernöl darüber, frisches Baguette zu und fertig ist der Genuss!

Rezept #0005

Scotch Universe – 4th Rocket Launch

Samstag Morgen, es ist noch still im Haus, der erste Kaffee hat die Lebensgeister geweckt. Aus dem Lautsprecher klingen die „Ultimate Hits Of The Seventies“ – und das für die nächsten neun Stunden. Zeit genug, das neue Bottling von Scotch Universe unter die Lupe zu nehmen. Und das braucht Zeit, denn das Bottling hat es in sich. Dreimal unpeated, dreimal peated. Drei Speysider, ein Highlander, zwei kommen von Islay. Der Durchschnitt liegt im Alter bei sieben Jahren und acht Monaten und beim Alkoholgehalt bei knapp über 61,0 %. Also nicht lang schnacken, einschenken und atmen lassen.

PROXIMA ALPHA I

Eckdaten: Speyside – 8yo – Refill Bourbon Hogshead – 60,1 %

Auge: Refill Bourbon Hogshead, das könnte die sehr helle, an jungen Weißwein erinnernde Farbe erklären. Der Schwenk im Glas bringt recht feine Legs, die sich schwer tun, wieder ins Glas zu laufen.

Nase: Frisch, leicht, fruchtig, spritzig, so ist der erste Eindruck. Schöne Fruchtaromen, etwas Honigmelone, junge, helle Weintrauben und vor allem viel weiße Johannisbeeren lassen sich ausmachen. Nach und nach gesellen sich dann malzige Noten hinzu, gehen in Cerealien, Butterkeks, Weißbrot über. Das wird den Früchten offensichtlich zu viel, denn sie ziehen sich langsam zurück, lassen dem Teig den Vorrang. Schön abwechslungsreich und das Interesse weckend. Alkohol ist fast nicht auszumachen.

Mund: Noch bevor ich die erste Aromen identifizieren kann, bekomme ich aus dem Mund die Rückmeldung einer samtigen, fast öligen Flüssigkeit, die für ein volles Mundgefühl sorgt. Dann wird es süß, fruchtig. Erst nach rund zehn Sekunden spüre ich den Alkoholgehalt von 60,1 % durch ein leichtes Kribbeln auf der Zunge. Helle Weintrauben, frische grüne Birne, darüber wieder jede Menge Johannisbeeren, die aber dunkler werden. Vanillezucker wechselt sich mit Butterkeks ab, ein Hauch von Thymian ist auszumachen, gerade so, dass die Süße getragen wird. Das Weißbrot scheint nun leicht angetoastet, bevor zum Ende eine ganz schwach bittere Holznote die Aromen wundervoll einfängt und abrundet.

Hals: Geschmeidig fühlt er sich im Abgang an, cremig. Fruchtige Süße mit ein wenig Spritzigkeit ist auszumachen und bleibt mittellang.

Fazit: Eine tolle Textur gepaart mit viel Frucht, dabei für über 60 % Alkohol erstaunlich mild. Toller Einstieg.

ANTARES I

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,3 %

 

Auge: Der neunjährige aus dem Sherry Butt hat die Farbe von Weißwein und der Schwenk im Glas bildet dünne Legs, die ölig langsam wieder ins Glas hinabrinnen. So weit die Ähnlichkeit zum ersten Dram.

Nase: Schöne malzige, dennoch leichte Aromen steigen mir entgegen. Ich nehme Wildblütenhonig wahr, eine Spur Plattpfirsich, am Rand etwas beeriges, nur eine Spur. Ich kann nicht genau identifizieren, ob es Erdbeeren oder Himbeeren sind. Frische und eine im doppelten Wortsinn leichte Grasigkeit runden den nasalen Eindruck ab. Das wirkt schon recht ausbalanciert.

Mund: Erstaunlich! Auch dieser fühlt sich weich und cremig an, wirkt mild, breitet sich angenehm im Mund aus. Erstaunlich? Ja, weil er mit 64,3 % abgefüllt wurde. Vierundsechzigkommadreiprozent! Ich brauche einen Moment, um mich wieder zu sammeln, nehme dann Malz wahr, die Süße von Honig. Der Plattpfirsich ist präsenter, Honigmelone ergänzt die Fruchtnoten. Die Süße wandert von Honig eher in Richtung Marshmallows. Zusätzlich gewinnt der Antares an Würze. Absolut faszinierend finde ich, dass der Alkohol bis zum Schluss kaum spürbar wird. Auch wenn ich den Nipp länger im Mund behalte, dauert es, bis die Geschmacksknospen entsprechende Rückmeldung geben.

Hals: Ha, geht doch! Ist der Mund erst einmal leer, sorgen die 64,3 % doch noch für den Aha-Effekt. Für einen Moment gilt diesem die volle Konzentration, dann bemerke ich die Süße und Malzigkeit im Abgang, die mittellang bleiben

Fazit: Ein tolles, sehr harmonisches Aromenspiel mit einem unglaublich gut eingebundenen Alkohol, bis er am Ende dann doch grinsend um die Ecke kommt. Und das ist ein eher diabolisches Grinsen. Mir gefällt es, Punkt.

POLLUX II

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,5 %

Auge: Noch ein Speysider, noch einmal neun Jahre alt, noch einmal Sherry Butt. Wundert es, dass die Farbe recht ähnlich ist? Nein, nicht wirklich. Gut, einen Tick dunkler ist der Dram im Glas, sieht golden aus. Die feinen Legs verbinden sich schnell, werden breiter und laufen nur sehr langsam wieder ins Glas.

Nase: Schon beim Einschenken breiten sich frische, blumige Aromen aus. Erst die Nase direkt über dem Glas stellt fest, wie gehaltvoll und komplex diese doch sind. Rote Äpfel mache ich aus, frische Sahne, dann Safran. Die Süße ist insgesamt sehr fruchtig, bringt einen Hauch Vanille mit. Apfelgelee kommt mir in den Sinn. Etwas länger im Glas werden die Noten zunehmend malziger und ich meine, eine Spur Gewürze wahrzunehmen, ohne diese allerdings in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen zu können.

Mund: Dermaßen angeregt bin ich gespannt auf den Geschmack. Weich ist das Mundgefühl – zunächst. Denn es folgt quasi mit kleinen Startschwierigkeiten ein kräftiger Antritt. Den Alkohol versteckt der Dram nicht, verrät aber auch nicht, dass hier 64,5 % losspurten. Der ist gehaltvoll im ersten Eindruck – und bleibt es auch. Würzigkeit, die ich als leichte Holznote interpretiere. Die Äpfel sind nicht mehr so dominant wie in der Nase, aber immer noch sehr präsent. Demarara-Zucker, eine Spur Kardamom, etwas Spekulatius wechseln sich ab. Alles harmonisiert miteinander, wirkt wie fein komponiert, bewusst aufeinander abgestimmt.

Hals: Die süße Würzigkeit klingt mittellang aus, wärmt wohlig und wird zum Schluss trockener.

Fazit: Der ist gehaltvoll, bringt winterlich stimmende Aromen – klasse! Bisher mein Highlight.

ANDROMEDA IV

Eckdaten: Highlands – 7yo – Jamaika Rum-Cask – 58,1 %

Augen: Auch dieser unterscheidet sich farblich nicht groß von den anderen. Golden schimmert der Dram im Glas, bildet feine Legs aus, die aber schnell dicker werden.

Nase: Trockener, kalter Rauch empfängt meine Nase, wirkt dabei verhalten. Vanille und Teig rieche ich dann, Da hat doch jemand gerade Scones gebacken. Dazu eine frische Note, ja das sind Zitronenzesten. Diese verblassen mit der Zeit, dafür kommt Vanillezucker durch. Ein insgesamt sehr interessantes Zusammenspiel.

Mund: Für einen Moment recht weich und mild, bevor sich der Rauch bemerkbar macht. Deutlicher als in der Nase. Trocken und immer noch nicht zu ausgeprägt. Gemeinsam mit der Vanille bemerke ich eine zuckrige Süße, bevor der Rauch dann aber kräftig darauf aufmerksam macht, dass er da ist. Malz und die Scones mildern das anschließend direkt wieder. Der Andromeda wird süß, zuckersüß. Zusammen mit dem Teig kann das nur eins bedeuten: Ommas Butterkuchen! Lecker! Und ja, Omma. So heißt dat hier.

Hals: So geht es auch im Hals weiter. Eine rauchige, wärmende Süße bleibt lange erhalten.

Fazit: Diese Kombination aus Süße und Rauch gefällt mir. Aufgrund der Fassangabe hatte ich andere Aromen erwartet. Bin ich enttäuscht, sie nicht zu finden? Nicht wirklich, denn das, was ich rieche und schmecke, gefällt mir gut.

CALLISTO III

Eckdaten: Islay – 5yo – St. Martinique Rum-Cask – 56,9 %

Auge: Ein schönes goldgelb scheint mir entgegen. Die Legs sind relativ breit und schwer. Sie lassen sich Zeit.

Nase: Der Rauch ist diesmal warm, mischt sich mit braunem Zucker, mit Rosinen. Tropische Früchte finde ich, eine Spur Banane, Maracuja sorgt für ein wenig Spritzigkeit. Ansonsten dominiert eine volle, schwere Süße, die aus einem Korb voller reifer Tropenfrüchte zu stammen scheint. Sehr komplex und vielschichtig. Das finde ich für einen fünfjährigen Malt durchaus bemerkenswert.

Mund: Voller, warmer Rauch breitet sich sofort im ganzen Mundraum aus. Richtig satt ist das Aroma. Die anderen haben es schwer und müssen sich erst einmal durchkämpfen. Nach und nach gelingt es ihnen jedoch. Brauner Zucker ist zu schmecken, überreife Banane, Pflaumen, und Karamell. Das wirkt so vollmundig, ölig und cremig, dass es eine Wonne ist. Solche Vielfalt in einem so jungen Malt hatte ich bisher selten. Und es bleibt spannend, denn immer wieder drängt der Rauch nach vorne und scheint alles andere durchzumischen. Jeden Nipp kann man getrost einige Zeit im Mund lassen und genießen. Der Alkohol ist sauber eingebunden und stört nicht.

Hals: Der Rauch kam als erster und geht als letzter. Daneben bleibt diese schwere Süße mittellang erhalten.

Fazit: Eine fantastische Kombination von heftigem Rauch und schwerer Süße mit exotischen Aromen.

IO II

Eckdaten: Islay – 8yo – Bourbon Hogshead – 62,3 %

Auge: Der bringt mal farbliche Abwechslung. Was ich wiederum erstaunlich finde. Jedenfalls hätte ich blind nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein Bourbon Hogshead der dunkelste Teilnehmer im Feld ist. Ein dunkles Gelbgold mit einem Stich ins Rötliche erwartet mich. Außerdem spindeldürre Legs, die kaum wieder ins Glas wollen.

Nase: Der Rauch versteckt sich zunächst hinter einer fruchtigen Süße. Ich bin überrascht, Tiramisu wahrzunehmen, schön klassisch – und als Extra ein Hauch Erdbeerpüree als Verzierung obendrauf. Als ich mich an diese besondere Kombination gewöhnt habe, entzieht sie sich mir wieder und macht Platz für malzige Noten. Jetzt wird es eher klassisch Bourbon-Fass. Die Süße verändert sich zu einer vanilligen. Zum Schluss wird es noch fleischig. Räucherspeck kommt ins Spiel. Nein, halt kein Räucherspeck. Das ist Bacon, gerade leicht kross angebraten und nun neben der Pfanne auf dem Küchentuch zum abkühlen ausgelegt. Hatte ich schon länger nicht mehr und das gefällt mir immer noch sehr!

Mund: Aus Vanille stammende Süße schießt voran, brauner Zucker folgt und bringt noch mehr Süße, bevor sich der Rauch wie ein wärmender Mantel darüber legt. Cremig und ölig fühlt sich auch dieser Nipp im Mund an. Die 62,3 % sind nicht in der Stärke auszumachen. Auch hier britzelt es erst nach rund zehn Sekunden auf der Zunge. Bis dahin hat sie aber noch erdigen Rauch wahrgenommen, den leicht angebratenen Bacon, der sich hier noch eine Spur deutlicher als in der Nase findet. Zum Ende hin wird der Rauch trockener und erst zum Schluss spürt man den Alkohol dann doch deutlicher.

Hals: Das mittellange Finish bereitet mir mit deutlichem Rauch und glasiertem Bacon große Freude.

Fazit: Ein klassischer, getorfter Islay ohne großes Chi-Chi. Großartig!

Randnotiz: Ein Sample des IO hatte ich bereits im September verkosten dürfen (https://leben-mit-genuss.de/neues-von-scotch-universe). Die restliche Reifezeit hat die Aromen doch noch ein wenig verändert, wie ich im Nachgang feststellte. Jetzt gefällt er mir noch besser.

RESÜMEE

Die Verkostung hat sich letztlich doch über zwei Tage gezogen. Gut so, denn jeder Malt hatte dadurch die ihm gebührende Zeit und Aufmerksamkeit. Mir hat es Spaß gemacht und ich bin davon überzeugt, dass viele hier mindestens eine Abfüllung für den heimischen Gebrauch finden werden. Die Antwort auf die übliche Frage nach dem einen Favoriten fällt mir bei der Auswahl wieder schwer. Ich versuche es anders herum: Es sind sehr unterschiedliche Malts mit zum Teil ungewöhnlichen Fasslagerungen. Alle haben mich auf ihre Art fasziniert und ich bin froh noch Reste für den weiteren Genuss zu haben. Erstaunlich fand ich die gute Einbindung der doch recht kräftigen Alkoholstärken. Lag es ein meiner Tagesform, oder ist das durchgehend der Fall? Ich werde es bei weiteren Gelegenheiten herausfinden. Dennoch gibt es zwei, die für meinen Geschmack die Nase vor den restlichen haben. Ein Foto-Finish ist das nicht, es liegen aber auch nicht Welten zwischen den Kandidaten. Bei den ungetorften gefällt mir der Pollux am besten. Das mag aber auch an der Jahreszeit liegen, in der er hervorragend passt. Die anderen beiden versuchen mit ihren teils deutlich fruchtigen Aromen den Sommer noch ein wenig hinauszuzögern. Auch das wird Freunde finden. Bei den getorften Vertretern liegt in dieser Runde der IO vorne. Der Abstand vor dem Callisto ist knapper als der Vorsprung des ungetorften Gewinners. Aber die eher klassisch wirkende Ausprägung des IO liegt für mich noch einen kleinen Tick vor dem sehr faszinieren Rum-Cast des Callisto.

Die Malts sind bereits in Deutschland eingetroffen und werden in den nächsten Tagen in den Verkauf gehen. Dann werden auch die Preise bekannt gegeben – auf die ich auch sehr gespannt bin. Die Destillerien habe ich bewusst nicht verraten, damit ihr noch Spaß bei der Suche habt.

An dieser Stelle herzlichen Dank an Michel Reick und Alexander Springensguth von Scotch Universe für die Samples. Meine Meinung wurde davon jedoch nicht beeinflusst.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tasting-Notes #0038 bis #0043

Brothers in Malt – Bottling Oktober 2017

„Brüder im Geiste“, ein geflügeltes Wort für Menschen, die sich in ihrer Einstellung oder Meinung sehr ähnlich sind, das kennt wohl jeder. Aber „Brothers in Malt“, also „Brüder im Malz“? Der Begriff sagt wohl nur wenigen etwas. Dabei handelt es sich um Jeffrey Kaiser, Mark Oellingrath und Christian Vohl, drei Whisky-Freunde aus Solingen und Haan. Anlässlich der Geburt von Christians Tochter sollte es ein besonderes Geschenk geben, einen Whisky, den es so nicht zu kaufen gab. Aus dieser spaßigen Aktion wurde Ernst und die drei gründeten „Brothers in Malt“. Seitdem sind drei Jahre und über fünfzehn Abfüllungen ins Land gezogen, die sich in einer wachsenden Fan-Gemeinde großer Beliebtheit erfreuen. Einer der ersten war ein achtjähriger Ledaig, an dem sich ob seiner grandiosen Qualität die nachfolgenden Abfüllungen messen lassen mussten. Umso spannender, dass im aktuellen Bottling zwei Ledaigs am Start sind, die zu verkosten ich die Ehre und das Vergnügen habe. Noch dazu, da Ledaig nach kleinen, nicht nennenswerten Startschwierigkeiten zu meinen erklärten Lieblingen der Whiskywelt gehört. Ich bin also sehr gespannt!

 

Ledaig 10yo

Als die getorften Abfüllungen der Tobermory Distillery in mein Blickfeld gerieten, handelte es sich um sechsjährige Destillate aus dem ex-Bourbon-Fass. Gerade bei dieser Destillerie ist diese Maturation mein Favorit, offenbart sie doch den Brennereicharakter, der neben einer schönen Torfnote immer auch eine gewisse Dreckigkeit, also Ecken und Kanten mitbringt. Inzwischen liegt der Fokus häufig auf zehnjährigen Abfüllungen. Andere Abfüller haben vergleichbares im Angebot. Das werde ich demnächst mal in einem Quervergleich testen. Doch zunächst zum aktuellen Bottling der Brothers in Malt:

Überraschend hell finde ich das Sample. Es erinnert mich an sehr hellen Weißwein. Ohne den Vergleich zu den anderen Samples sieht es im Glas schon fast klar aus. Nach zehn Jahren ist das schon ungewöhnlich. War es vielleicht ein Refill-Hogshead? Möglich. Fest steht aber, dass abweichend vom Sample die Abfüllung selbst eine Spur kräftiger ausgefallen ist und mit 56,7 % daherkommt.

In der Nase fällt als erstes das schöne malzige Aroma auf, das von etwas Vanille begleitet wird. Auch die Torfnote wirkt zu nächst verhalten. Das täuscht aber, denn ein paar Minuten im Glas öffnen den Malt. Die Aromen werden deutlich kräftiger. So mag ich das! Etwas Salz kommt dazu, getrockneter Rosmarin mischt sich darunter. Etwas später kommt noch eine Fleischigkeit dazu, die mir gut gefällt. Rund und passend macht er mit genau den Ecken und Kanten, die ich an Ledaig liebe, Lust darauf, ihn zu probieren.

Also nicht lang schnacken … nein, nein, nein. So trinke ich meinen Whisky nicht. Erst recht keinen, den ich noch nicht kenne. Vorsichtig nehme ich den ersten Nipp. Das Mundgefühl überrascht mich mit einer erstaunlichen Weichheit. Auch hier ist das Malz als erstes präsent. Das schmeckt nach Cornflakes. Wie bei diesen ist eine leichte Süße vorhanden, die sich nicht in den Vordergrund drängt. Dazu ein Hauch Vanille, sehr fein ausbalanciert. Kaum ist das aufgedröselt, kommt der Alkohol durch. Jetzt wird es kräftig! Nicht unangenehm oder brennend. Die Aromen werden einfach nur deutlich ausdrucksstärker. Jetzt kommt auch der Rauch so richtig zur Geltung, füllt den Mundraum. Aber irgendjemand hat da noch ein paar Kräuter ins Feuer geworfen. Rosmarin ist vorhanden, Thymian kommt dazu. Dadurch bekommt der Rauch eine eigene Note, die ich so von Ledaig noch nicht kannte. Das macht ihn für mich aber spannend und es gefällt mir sehr!

Dieser kräuterige Rauch, gepaart mit einer leichten Süße, ist es auch, was von diesem wundervollen Malt im Hals bleibt. Nach und nach setzt sich die Süße dabei durch und kommt erst hinten raus richtig zur Geltung. Der Eindruck bleibt nicht zu lange erhalten. Das ist in diesem Fall nicht schlimm, man kann sich ja noch einen einschenken.

Fazit: Well done, Brothers in Malt! Ein Ledaig, der mich überrascht. Einerseits die typischen Noten, die ich an Ledaig liebe. Daneben aber frische Aromen von Kräutern, die völlig neue Eindrücke mit sich bringen. Das ergibt eine Kombination, die ich so noch nicht im Glas hatte und die mir sehr gut gefällt!

Ledaig 22yo

Ledaig! 22 Jahre alt! Zumindest für mich die älteste Abfüllung dieser Destillerie, die ich bisher im Glas hatte. Die Whiskybase listet zwar auch über 30-jährige auf. Aber so wie die Brothers in Malt unterwegs sind, dürfte das nur noch eine Frage der Zeit sein. Wie kommt man als unabhängiger Abfüller eigentlich an solch ein Fass? Wie so oft im Leben spielte der Zufall eine gehörige Rolle. Da hatte jemand zusammen mit einem schottischen Freund vor langer Zeit Whiskyfässer gekauft und lagern lassen. Der Freund ist mittlerweile verstorben und so stellte sich dem anderen die Frage, was er als Laie mit den Fässern macht. Da er kurz davor einen Zeitungsartikel über einen Whiskysommelier aus der Nähe gelesen hatte, sprach er diesen an. Der wiederum brachte die Brothers in Malt ins Spiel und so kam zusammen, was zusammen gehört. Ein private cask also. Schöne Geschichte zu diesem Whisky, auf den ich mich sehr freue.

Optisch an helles Stroh erinnernd bilden sich nach dem Schwenk im Glas sehr langsam sehr feiner Schlieren, die sich auf ihrem Weg zurück zum Dram viel Zeit lassen. Auch hier liegt eine Reifung in einem Hogshead vor, auch hier beschleicht mich die Vermutung, dass das Fass nicht zum ersten Mal mit Whisky befüllt wurde. Sehr schön, verspricht das doch, den Brennereicharakter noch deutlicher zu zeigen. Andererseits stellt sich die Frage, wie es mit selbigem nach 22 Jahren im Fass aussieht. Neigen doch gerade getorfte Whiskys dazu, einen Teil ihrer Rauchigkeit zu verlieren. Mal riechen wie es hier aussieht.

Die erste Nase ist schon verheißungsvoll. Süße steigt auf, aber nicht flüchtig und leicht, sondern beeindruckend schwer und voluminös. Dabei ist sie nicht aufdringlich und spielt sich in den Vordergrund, sondern lässt auch Platz für andere Aromen. Eine Spur Früchte nehme ich wahr, nicht ganz reife Erdbeeren. Die Süße entpuppt sich als brauner Zucker. Und der Rauch? Ist erwartungsgemäß nicht so präsent wie bei jüngeren Abfüllungen. Dafür wirkt er warm, wie der eines prasselnden Feuers mit fast durchgetrocknetem Holz. Sanft kommt er daher und hüllt die anderen Aromen ein, bindet sie zu einem schönen Bukett.

Im Mund dann ein ähnliches Bild. Allerdings kräftig, würzig, richtig vollmundig. Den Mundraum füllt der Nipp sofort aus, schmiegt sich cremig bis in die letzte Ecke. Gebuttertes Shortbread kommt mir in den Sinn, das recht süß geraten ist. Vanillepudding. Dabei ist der Alkohol gut eingebunden und ist in seiner Stärke nicht zu definieren. Die liegt übrigens mit 56,0 % ebenfalls geringfügig über der des Samples. Der Torfrauch ist hier ebenfalls eher unaufdringlich und noch am deutlichsten retronasal zu spüren. Im Mund derweil leichte Kräuternoten zum Shortbread, getrocknete Kräuter, die ihr Aroma erst nach und nach entfalten. Dabei wärmt der Schluck schon im Mund und lässt ein wohliges Gefühl durch den Körper strömen. Zum Ende hin trockener werdend, rundet dies das geschmackliche Empfinden der deutlichen Süße spürbar ab. Dabei kommt auch der Torf eine gute Spur deutlicher zum Vorschein.

Das Gefühl bleibt im Hals erhalten, recht lang sogar. Eine volle Süße bereitet dem Rauch den Weg und man kann gut verfolgen, wo der Dram gerade wärmt.

Fazit: Ein gesetzter Herr mittleren Alters, den man schwer mit jungen, ungestümen Vertretern seiner Art vergleichen kann. Das braucht man auch nicht, denn er kommt selbstbewusst, gesetzt daher – und trifft dennoch genau meinen Geschmack. Für einen Ledaig mag er vielleicht eine Spur ungewöhnlich wirken, aber wer hatte schon einen Dram dieser Destillerie in vergleichbarem Alter im Glas? Der kommt mir auf jeden Fall ins Regal!

Vielen Dank an die Brothers in Malt für die Samples. Meine Meinung haben diese nicht beeinflusst. Die ist immer meine eigene.

Eins noch zum Schluss: Die beiden anderen Samples aus dem ersten Bild kommen später in die Flasche. An dieser Stelle nur so viel: Das wird spannend!

Links

Whiskybase: 
– 10yo: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/102164/ledaig-2006-bim
– 22yo: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/102163/ledaig-1994-bim
Destillerie: http://tobermorydistillery.com/
Abfüller: http://www.brothers-in-malt.de/

Tasting-Notes #0036, #0037