Scotch Universe – 4th Rocket Launch

Samstag Morgen, es ist noch still im Haus, der erste Kaffee hat die Lebensgeister geweckt. Aus dem Lautsprecher klingen die „Ultimate Hits Of The Seventies“ – und das für die nächsten neun Stunden. Zeit genug, das neue Bottling von Scotch Universe unter die Lupe zu nehmen. Und das braucht Zeit, denn das Bottling hat es in sich. Dreimal unpeated, dreimal peated. Drei Speysider, ein Highlander, zwei kommen von Islay. Der Durchschnitt liegt im Alter bei sieben Jahren und acht Monaten und beim Alkoholgehalt bei knapp über 61,0 %. Also nicht lang schnacken, einschenken und atmen lassen.

PROXIMA ALPHA I

Eckdaten: Speyside – 8yo – Refill Bourbon Hogshead – 60,1 %

Auge: Refill Bourbon Hogshead, das könnte die sehr helle, an jungen Weißwein erinnernde Farbe erklären. Der Schwenk im Glas bringt recht feine Legs, die sich schwer tun, wieder ins Glas zu laufen.

Nase: Frisch, leicht, fruchtig, spritzig, so ist der erste Eindruck. Schöne Fruchtaromen, etwas Honigmelone, junge, helle Weintrauben und vor allem viel weiße Johannisbeeren lassen sich ausmachen. Nach und nach gesellen sich dann malzige Noten hinzu, gehen in Cerealien, Butterkeks, Weißbrot über. Das wird den Früchten offensichtlich zu viel, denn sie ziehen sich langsam zurück, lassen dem Teig den Vorrang. Schön abwechslungsreich und das Interesse weckend. Alkohol ist fast nicht auszumachen.

Mund: Noch bevor ich die erste Aromen identifizieren kann, bekomme ich aus dem Mund die Rückmeldung einer samtigen, fast öligen Flüssigkeit, die für ein volles Mundgefühl sorgt. Dann wird es süß, fruchtig. Erst nach rund zehn Sekunden spüre ich den Alkoholgehalt von 60,1 % durch ein leichtes Kribbeln auf der Zunge. Helle Weintrauben, frische grüne Birne, darüber wieder jede Menge Johannisbeeren, die aber dunkler werden. Vanillezucker wechselt sich mit Butterkeks ab, ein Hauch von Thymian ist auszumachen, gerade so, dass die Süße getragen wird. Das Weißbrot scheint nun leicht angetoastet, bevor zum Ende eine ganz schwach bittere Holznote die Aromen wundervoll einfängt und abrundet.

Hals: Geschmeidig fühlt er sich im Abgang an, cremig. Fruchtige Süße mit ein wenig Spritzigkeit ist auszumachen und bleibt mittellang.

Fazit: Eine tolle Textur gepaart mit viel Frucht, dabei für über 60 % Alkohol erstaunlich mild. Toller Einstieg.

ANTARES I

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,3 %

 

Auge: Der neunjährige aus dem Sherry Butt hat die Farbe von Weißwein und der Schwenk im Glas bildet dünne Legs, die ölig langsam wieder ins Glas hinabrinnen. So weit die Ähnlichkeit zum ersten Dram.

Nase: Schöne malzige, dennoch leichte Aromen steigen mir entgegen. Ich nehme Wildblütenhonig wahr, eine Spur Plattpfirsich, am Rand etwas beeriges, nur eine Spur. Ich kann nicht genau identifizieren, ob es Erdbeeren oder Himbeeren sind. Frische und eine im doppelten Wortsinn leichte Grasigkeit runden den nasalen Eindruck ab. Das wirkt schon recht ausbalanciert.

Mund: Erstaunlich! Auch dieser fühlt sich weich und cremig an, wirkt mild, breitet sich angenehm im Mund aus. Erstaunlich? Ja, weil er mit 64,3 % abgefüllt wurde. Vierundsechzigkommadreiprozent! Ich brauche einen Moment, um mich wieder zu sammeln, nehme dann Malz wahr, die Süße von Honig. Der Plattpfirsich ist präsenter, Honigmelone ergänzt die Fruchtnoten. Die Süße wandert von Honig eher in Richtung Marshmallows. Zusätzlich gewinnt der Antares an Würze. Absolut faszinierend finde ich, dass der Alkohol bis zum Schluss kaum spürbar wird. Auch wenn ich den Nipp länger im Mund behalte, dauert es, bis die Geschmacksknospen entsprechende Rückmeldung geben.

Hals: Ha, geht doch! Ist der Mund erst einmal leer, sorgen die 64,3 % doch noch für den Aha-Effekt. Für einen Moment gilt diesem die volle Konzentration, dann bemerke ich die Süße und Malzigkeit im Abgang, die mittellang bleiben

Fazit: Ein tolles, sehr harmonisches Aromenspiel mit einem unglaublich gut eingebundenen Alkohol, bis er am Ende dann doch grinsend um die Ecke kommt. Und das ist ein eher diabolisches Grinsen. Mir gefällt es, Punkt.

POLLUX II

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,5 %

Auge: Noch ein Speysider, noch einmal neun Jahre alt, noch einmal Sherry Butt. Wundert es, dass die Farbe recht ähnlich ist? Nein, nicht wirklich. Gut, einen Tick dunkler ist der Dram im Glas, sieht golden aus. Die feinen Legs verbinden sich schnell, werden breiter und laufen nur sehr langsam wieder ins Glas.

Nase: Schon beim Einschenken breiten sich frische, blumige Aromen aus. Erst die Nase direkt über dem Glas stellt fest, wie gehaltvoll und komplex diese doch sind. Rote Äpfel mache ich aus, frische Sahne, dann Safran. Die Süße ist insgesamt sehr fruchtig, bringt einen Hauch Vanille mit. Apfelgelee kommt mir in den Sinn. Etwas länger im Glas werden die Noten zunehmend malziger und ich meine, eine Spur Gewürze wahrzunehmen, ohne diese allerdings in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen zu können.

Mund: Dermaßen angeregt bin ich gespannt auf den Geschmack. Weich ist das Mundgefühl – zunächst. Denn es folgt quasi mit kleinen Startschwierigkeiten ein kräftiger Antritt. Den Alkohol versteckt der Dram nicht, verrät aber auch nicht, dass hier 64,5 % losspurten. Der ist gehaltvoll im ersten Eindruck – und bleibt es auch. Würzigkeit, die ich als leichte Holznote interpretiere. Die Äpfel sind nicht mehr so dominant wie in der Nase, aber immer noch sehr präsent. Demarara-Zucker, eine Spur Kardamom, etwas Spekulatius wechseln sich ab. Alles harmonisiert miteinander, wirkt wie fein komponiert, bewusst aufeinander abgestimmt.

Hals: Die süße Würzigkeit klingt mittellang aus, wärmt wohlig und wird zum Schluss trockener.

Fazit: Der ist gehaltvoll, bringt winterlich stimmende Aromen – klasse! Bisher mein Highlight.

ANDROMEDA IV

Eckdaten: Highlands – 7yo – Jamaika Rum-Cask – 58,1 %

Augen: Auch dieser unterscheidet sich farblich nicht groß von den anderen. Golden schimmert der Dram im Glas, bildet feine Legs aus, die aber schnell dicker werden.

Nase: Trockener, kalter Rauch empfängt meine Nase, wirkt dabei verhalten. Vanille und Teig rieche ich dann, Da hat doch jemand gerade Scones gebacken. Dazu eine frische Note, ja das sind Zitronenzesten. Diese verblassen mit der Zeit, dafür kommt Vanillezucker durch. Ein insgesamt sehr interessantes Zusammenspiel.

Mund: Für einen Moment recht weich und mild, bevor sich der Rauch bemerkbar macht. Deutlicher als in der Nase. Trocken und immer noch nicht zu ausgeprägt. Gemeinsam mit der Vanille bemerke ich eine zuckrige Süße, bevor der Rauch dann aber kräftig darauf aufmerksam macht, dass er da ist. Malz und die Scones mildern das anschließend direkt wieder. Der Andromeda wird süß, zuckersüß. Zusammen mit dem Teig kann das nur eins bedeuten: Ommas Butterkuchen! Lecker! Und ja, Omma. So heißt dat hier.

Hals: So geht es auch im Hals weiter. Eine rauchige, wärmende Süße bleibt lange erhalten.

Fazit: Diese Kombination aus Süße und Rauch gefällt mir. Aufgrund der Fassangabe hatte ich andere Aromen erwartet. Bin ich enttäuscht, sie nicht zu finden? Nicht wirklich, denn das, was ich rieche und schmecke, gefällt mir gut.

CALLISTO III

Eckdaten: Islay – 5yo – St. Martinique Rum-Cask – 56,9 %

Auge: Ein schönes goldgelb scheint mir entgegen. Die Legs sind relativ breit und schwer. Sie lassen sich Zeit.

Nase: Der Rauch ist diesmal warm, mischt sich mit braunem Zucker, mit Rosinen. Tropische Früchte finde ich, eine Spur Banane, Maracuja sorgt für ein wenig Spritzigkeit. Ansonsten dominiert eine volle, schwere Süße, die aus einem Korb voller reifer Tropenfrüchte zu stammen scheint. Sehr komplex und vielschichtig. Das finde ich für einen fünfjährigen Malt durchaus bemerkenswert.

Mund: Voller, warmer Rauch breitet sich sofort im ganzen Mundraum aus. Richtig satt ist das Aroma. Die anderen haben es schwer und müssen sich erst einmal durchkämpfen. Nach und nach gelingt es ihnen jedoch. Brauner Zucker ist zu schmecken, überreife Banane, Pflaumen, und Karamell. Das wirkt so vollmundig, ölig und cremig, dass es eine Wonne ist. Solche Vielfalt in einem so jungen Malt hatte ich bisher selten. Und es bleibt spannend, denn immer wieder drängt der Rauch nach vorne und scheint alles andere durchzumischen. Jeden Nipp kann man getrost einige Zeit im Mund lassen und genießen. Der Alkohol ist sauber eingebunden und stört nicht.

Hals: Der Rauch kam als erster und geht als letzter. Daneben bleibt diese schwere Süße mittellang erhalten.

Fazit: Eine fantastische Kombination von heftigem Rauch und schwerer Süße mit exotischen Aromen.

IO II

Eckdaten: Islay – 8yo – Bourbon Hogshead – 62,3 %

Auge: Der bringt mal farbliche Abwechslung. Was ich wiederum erstaunlich finde. Jedenfalls hätte ich blind nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein Bourbon Hogshead der dunkelste Teilnehmer im Feld ist. Ein dunkles Gelbgold mit einem Stich ins Rötliche erwartet mich. Außerdem spindeldürre Legs, die kaum wieder ins Glas wollen.

Nase: Der Rauch versteckt sich zunächst hinter einer fruchtigen Süße. Ich bin überrascht, Tiramisu wahrzunehmen, schön klassisch – und als Extra ein Hauch Erdbeerpüree als Verzierung obendrauf. Als ich mich an diese besondere Kombination gewöhnt habe, entzieht sie sich mir wieder und macht Platz für malzige Noten. Jetzt wird es eher klassisch Bourbon-Fass. Die Süße verändert sich zu einer vanilligen. Zum Schluss wird es noch fleischig. Räucherspeck kommt ins Spiel. Nein, halt kein Räucherspeck. Das ist Bacon, gerade leicht kross angebraten und nun neben der Pfanne auf dem Küchentuch zum abkühlen ausgelegt. Hatte ich schon länger nicht mehr und das gefällt mir immer noch sehr!

Mund: Aus Vanille stammende Süße schießt voran, brauner Zucker folgt und bringt noch mehr Süße, bevor sich der Rauch wie ein wärmender Mantel darüber legt. Cremig und ölig fühlt sich auch dieser Nipp im Mund an. Die 62,3 % sind nicht in der Stärke auszumachen. Auch hier britzelt es erst nach rund zehn Sekunden auf der Zunge. Bis dahin hat sie aber noch erdigen Rauch wahrgenommen, den leicht angebratenen Bacon, der sich hier noch eine Spur deutlicher als in der Nase findet. Zum Ende hin wird der Rauch trockener und erst zum Schluss spürt man den Alkohol dann doch deutlicher.

Hals: Das mittellange Finish bereitet mir mit deutlichem Rauch und glasiertem Bacon große Freude.

Fazit: Ein klassischer, getorfter Islay ohne großes Chi-Chi. Großartig!

Randnotiz: Ein Sample des IO hatte ich bereits im September verkosten dürfen (https://leben-mit-genuss.de/neues-von-scotch-universe). Die restliche Reifezeit hat die Aromen doch noch ein wenig verändert, wie ich im Nachgang feststellte. Jetzt gefällt er mir noch besser.

RESÜMEE

Die Verkostung hat sich letztlich doch über zwei Tage gezogen. Gut so, denn jeder Malt hatte dadurch die ihm gebührende Zeit und Aufmerksamkeit. Mir hat es Spaß gemacht und ich bin davon überzeugt, dass viele hier mindestens eine Abfüllung für den heimischen Gebrauch finden werden. Die Antwort auf die übliche Frage nach dem einen Favoriten fällt mir bei der Auswahl wieder schwer. Ich versuche es anders herum: Es sind sehr unterschiedliche Malts mit zum Teil ungewöhnlichen Fasslagerungen. Alle haben mich auf ihre Art fasziniert und ich bin froh noch Reste für den weiteren Genuss zu haben. Erstaunlich fand ich die gute Einbindung der doch recht kräftigen Alkoholstärken. Lag es ein meiner Tagesform, oder ist das durchgehend der Fall? Ich werde es bei weiteren Gelegenheiten herausfinden. Dennoch gibt es zwei, die für meinen Geschmack die Nase vor den restlichen haben. Ein Foto-Finish ist das nicht, es liegen aber auch nicht Welten zwischen den Kandidaten. Bei den ungetorften gefällt mir der Pollux am besten. Das mag aber auch an der Jahreszeit liegen, in der er hervorragend passt. Die anderen beiden versuchen mit ihren teils deutlich fruchtigen Aromen den Sommer noch ein wenig hinauszuzögern. Auch das wird Freunde finden. Bei den getorften Vertretern liegt in dieser Runde der IO vorne. Der Abstand vor dem Callisto ist knapper als der Vorsprung des ungetorften Gewinners. Aber die eher klassisch wirkende Ausprägung des IO liegt für mich noch einen kleinen Tick vor dem sehr faszinieren Rum-Cast des Callisto.

Die Malts sind bereits in Deutschland eingetroffen und werden in den nächsten Tagen in den Verkauf gehen. Dann werden auch die Preise bekannt gegeben – auf die ich auch sehr gespannt bin. Die Destillerien habe ich bewusst nicht verraten, damit ihr noch Spaß bei der Suche habt.

An dieser Stelle herzlichen Dank an Michel Reick und Alexander Springensguth von Scotch Universe für die Samples. Meine Meinung wurde davon jedoch nicht beeinflusst.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tasting-Notes #0038 bis #0043

Neues von Scotch Universe

 

Bereits zweimal durfte ich neue Bottlings von Scotch Universe verkosten. Beide Male war ich schwer beeindruckt, wie hier und hier nachzulesen ist. Mitte dieser Woche erreichte mich ein neues Päckchen aus dem Großraum Münster. Sehr gespannt auf den Inhalt habe ich mich gleich daran gesetzt, die sechs Samples zu verkosten. Meine Eindrücke schildere ich nachfolgend, ausnahmsweise mal eher kurz, was ja eigentlich nicht meine Art ist. Wie immer völlig unbeeinflusst von der Herkunft der Samples.

ALPHA CENTAURI III

An Weißwein erinnernd schimmert der Dram im Glas. Bereits beim Einschenken fällt mir die leichte Fruchtnote auf. Frische, grüne Weintrauben, gepaart mit Melone. Früchte? Für ein Ex-Bourbon-Fass nicht wirklich gewöhnlich. Gut, die erwartete Vanille ist auch zu finden. Ebenso eine schöne malzige Note, die mich an trockenen Mürbeteig erinnert. Dazu eine nicht zu aufdringliche Süße. Die Nase macht schon mal Appetit.

Nach einigen Minuten, in denen er sich im Glas öffnen durfte, dann der erste Schluck. Die Trauben sind jetzt deutlicher, machen sich als erstes bemerkbar. Keks gesellt sich dazu, wird etwas später ausgeprägter erinnert an Butterkeks, den mit den 52 Zähnen.  Ein paar Raspel weißer Schokolade hat offensichtlich auch noch jemand darüber gestreut. Mir gefällt die Mischung! Auch die sehr spät aufkommende Prise frisch gemahlener Pfeffer passt dazu, rundet den Dram für mich ab. Gäbe es den bekannten Doppelkeks statt mit Schokoladen- mit einer Weintraubenfüllung – genau so würde er schmecken! Notiz an mich: Montag bei de Beukelaer anrufen.

Mittellang bleibt er im Abgang. Malz und Keks sind vorherrschend, der Keks wird buttriger. Eine leichte Süße umschmeichelt den verbleibenden Rest der Trauben. 

Ein toller Starter, der mich mit den Fruchtnoten und der schönen Komposition der Eindrücke überrascht. Bitte mehr davon!

SOLAR FLARE GAMMA

Auch der zweite kommt aus einem Ex-Bourbon-Fass. Es handelt sich um einen Blend, satte 22 Jahre ist er alt. Dafür ist er mit 55,9 % noch gut im Futter. Klar, dass er etwas dunkler daher kommt, als der Alpha Centauri III. Satt golden scheint er von innen heraus zu leuchten. Das Alter ist für meinen Geschmack direkt in der Nase spürbar. Er wirkt sofort voluminös und komplex, kommt dabei trocken daher. Heidekraut und Thymian bilden eine würzige Grundlage, scheinen mit einer Prise Salz gewürzt. Anis und Muskat passen hervorragend dazu, auch die kaum wahrnehmbare Torfnote. Deutlicher ist da der malzige Eindruck. Und noch eine Note ist dabei, die ich erst nach mehrmaligem Verkosten zuordnen kann: Veilchen. Sehr spannend!

Im Mund wiederholt sich der Eindruck. Würzig und kräftig ist er, füllt den Mundraum voluminös aus. Die Torfnote ist hier deutlicher aber immer noch eher im Hintergrund. Viel präsenter sind die Veilchen, erinnern mich zusammen mit den würzigen Eindrücken an diese violetten Lutschpastillen eines großen deutschen Süßwarenherstellers südlich von Köln. Viola heißen die Dinger, die ich übrigens gerne mag. Sehr ungewöhnlich, aber ich mag bekanntermaßen auch gerne Whiskys mit Ecken und Kanten. Die hat dieser hier definitiv! Auch wenn sie im Laufe der Zeit etwas abnehmen und der Dram milder und runder wird. Dadurch bekommt er eine weiche Note, die ihn komplett anders wirken lässt. Sehr schön!

Ebenfalls mittellang bleibt er mit Würze und einer sehr angenehmen Weichheit.

Den finde ich mal richtig ungewöhnlich. In sich toll und stimmig, genau mein Ding, aber ich wage zu behaupten, dass er nicht jeden Geschmack trifft. Muss er auch nicht.

ALTAIR I

8 Jahre alt, First Fill Oloroso Sherry Hogshead. Die satt goldene Farbe lässt sich damit gut erklären. Und auch die Aromen, die mir nach dem Einschenken entgegen strömen, passen gut in die Richtung. Blockmalz, karamellisierter Pfirsich, Rohrzucker, Pflaume, dunkler Kakao. Schnell wechseln sie einander ab, lassen den Malt dunkel und schwer wirken. 

Das war aber nur die Nase. Oral geht der erst richtig ab! Kräftige Sherry-Noten, richtig dunkler Kakao, Rosinen und leicht erhitzter Rohzucker bilden das Fundament. Der Pfirsich ist inzwischen dunkler geworden, Zuckerrübensirup kommt dazu. Das Mundgefühl ist unglaublich weich. Pflaumen mischen sich wieder in die Melange, Pfefferkuchen. Herrlich! Der macht mir richtig Spaß!

Spaß bis zum Schluss! Sehr lang, würzig, wärmend, irgendwie dunkel bleibt der Eindruck schier ewig erhalten. 

Aus der Destillerie hatte ich bisher wenig vergleichbares im Glas. Großes Kino!

ANDROMEDA III

Zwei Tage habe ich die ersten drei sacken lassen, jetzt wird es rauchig! Beim ersten noch dazu ein Wein-Fass. Solch eine Kombination hat mir in der Vergangenheit bereits mehrfach sehr gut gefallen, daher bin ich mehr als neugierig! Einen schönen Kupferton hat der Whisky im Fass bekommen. Monbazillac ist übrigens ein dem Sauternes ähnlicher süßer Weißwein, der aus edelfaulen Trauben gewonnen wird. Eingeschenkt und etwas Zeit im Glas gegeben entfaltet sich eine unglaubliche Süße, sehr vanillig, dazu eine fruchtige Weinnote. Leicht erdige Noten und Torf halten dagegen und lassen den Dram ausgewogen erscheinen. Zeit, ihn zu probieren.

Ist! Der! Süß! Vanille, Rohrzucker. Dann kommt der Torf. Der Whisky ist extrem weich und mild im Mundgefühl. Die Weintrauben wirken sehr dunkel, im Hintergrund nehme ich Pfirsich wahr. Nach und nach werden Süße und Torf deutlicher. Das alles aber in einer Intensität, die schier unglaublich ist. Der Alkohol, immerhin 59,3 %, ist fantastisch eingebunden und in der Stärke wirklich nicht zu spüren. Schmackofatz, was ist das ein Leckerchen! Ich muss mich bremsen, nicht das ganze Sample zu trinken, möchte ich doch bei anderer Gelegenheit noch einmal verkosten. Diese Süße … richtig krass!

Das bleibt auch im Hals so. Süß und torfig. Lange. sehr lange!

Aus der Destillerie hatte ich vor Jahren schon einmal einen Einstiegs-Raucher, der mir sehr gefiel, inzwischen aber vom Markt genommen wurde. Das hier ist aber eine völlig andere Welt – die mich begeistert! Auf den noch einen draufsetzen? Das wird schwer. Die drei getorften habe ich mir nach steigendem Alkoholgehalt und nach erwarteter Torf-Intensität sortiert. Aber diese beeindruckende Kombination wird schwer zu toppen sein.

PEGASUS III

Der Pegasus I ist ja einer meiner erklärten Lieblinge der letzten zwölf Monate. Laut Etikett ist es die gleiche Destillerie. Das Fass ist diesmal jedoch ein anderes. Sherry. Gefiel mir unlängst bei der 11-jährigen Vollreifung eines anderen unabhängigen Abfüllers nicht wirklich. Der Brennerei-Charakter, den ich sehr schätze, blieb dabei auf der Strecke. Deshalb bin ich skeptisch. Einen Hoffnungsschimmer verspricht die mit sieben Jahren kürzere Maturation. Ebenfalls rotgold sieht er aus, sehr schön, warm anmutend.

Die Nase ins Glas. Sie nimmt Karamell wahr, Torf. Den allerdings nicht so präsent wie erwartet. Rosinen, Zimt, reife Pflaumen. Alkohol? Keine Spur. 61,0 %? Im Leben nicht, meldet meine Nase und will sich nicht überzeugen lassen. Statt dessen taucht sie weiter in die Aromen ein, entdeckt Demarara-Zucker, dunkles Toffee. Grandios! So viel Spaß hat mir schon lange keine Sherry-Fass-Abfüllung mehr gemacht. Wie soll der erst schmecken?

Cremig ist er, beinahe samtig, weich und rund. Süß ist er auch mit richtig viel Toffee. So wie das Zeug, das mein Vater früher immer aus England mitbrachte. Im Mund ist der Torf präsenter. Auch die für die Destillerie so typische Note finde ich jetzt zu meiner Freude wieder. Und holla, jetzt auch noch Räucherspeck! Der wird an der Luft ja immer besser! Jeder weitere Schluck beschert neue Aromen, lässt die vorigen ausgeprägter erscheinen. Trotz seiner Jugend darf man dem ruhig einige Ruhezeit im Glas geben. Vielleicht auch gerade deshalb, denn im Fass hatte er ja noch nicht zu viel davon. Wunderbar, dass der Brennerei-Charakter erhalten geblieben ist. Der reiht sich problemlos neben die beiden Best-Dram-Abfüllungen aus Ex-Bourbon-Fässern aus meinem Whiskyschrank. Allein schon, dass der Alkohol auch im Mund so gut wie nicht zu spüren ist, fällt mir schwer zu glauben. Wasser braucht der definitiv nicht.

Außerdem hat man lange etwas davon, denn im Hals bleibt er. Süß, torfig, speckig. Das will gar nicht aufhören.

Wenn ich auch ziemlich viel probiere, kann ich nicht alle Abfüllungen kennen. Von den Sherry-Fass-Abfüllungen dieser Brennerei jedoch, die ich bisher im Glas hatte, ist diese hier in meinen Augen aber mit Abstand die beste!

IO II

Okay, einer geht noch. Auch wenn dieser gar nicht mit dem nächsten Bottling noch in diesem Monat erscheint, sondern erst im Oktober. Daher gibt es auch noch kein Label, da der Alkoholgehalt nicht feststeht. Dem Sample-Fläschchen nach ist er der stärkste aus dem Sextett. Da freue ich mich doch, den schon jetzt probieren zu dürfen, nicht zuletzt auch, weil ich den Io I für die beste junge Bourbon-Fass-Abfüllung dieser Destillerie halte. Zu gern möchte ich erkunden, was es mit diesem satt golden leuchtenden Dram auf sich hat.

Der erste Eindruck in der Nase ist, vorsichtig ausgedrückt, überraschend. Man hat mir den Torf geklaut! Wo ist der hin? Diese Destillerie kenne ich gar nicht ohne. Okay, so langsam kommt er. Aber eher als Andeutung, erst sehr langsam etwas präsenter werdend. Süßer Frühlingshonig, malzig, langsam trocknend, und dann taucht da doch noch verhalten eine medizinische Note auf. Sehr spärlich und zurückhaltend. Ansonsten eher an Sandkuchen erinnernd, ein paar kleine Schokostreusel eingeschlossen. Erst im Laufe der Zeit wird er etwas speckiger in der Nase.

Den ersten Nipp über die Lippen und dann knallt es ! Da ist der Torf! Aber sowas von! Geil! Unverkennbar ist nun die Brennerei. Im wahrsten Sinne und im Gegenteil des geflügelten Wortes ist hier viel Rauch um etwas. In die phenolische Note mischt sich etwas Räucherspeck. Dadurch wirkt es nicht mehr ganz so wie ein Medizinschrank. Dabei ist er weich und süß. Honig, Thymian, eine schöne Malznote. Die Kombination gefällt mir gut. Auch die inzwischen sehr kräftige Torfnote. Allein die Wucht der ganzen Aromen lässt auf den Alkoholgehalt schließen. Ansonsten kein Brennen, kein Prickeln, gar nichts. Man muss ihn schon recht lange im Mund behalten, damit er in seiner Kraft spürbar wird. 

Dass man ihn gar nicht mehr hergeben möchte, findet in dem nicht enden wollenden Abgang seine adäquate Fortsetzung. Kräftiger Rauch, eine schöne Süße, mehr braucht es nicht.

FAZIT

Schwierig, hier ein vernünftiges Fazit zu ziehen. Favoriten? Noch schwerer. Es war mir ein Vergnügen, sie verkosten zu dürfen. Alle haben mir gefallen. Der Solar Flare Gamma weil er sehr ungewöhnlich ist. Alpha Centauri und Altair weil sie in ihrer Ausprägung einfach zu gefallen wissen. Und die drei Raucher, weil das eh meine Lieblinge sind und hier in beeindruckenden Versionen sicherlich über kurz oder lang meine Bar bereichern werden. 

Von den Destillerien habe ich hoffentlich nicht zu viel verraten. Die Freude beim Entziffern der Label wollte ich euch nicht nehmen. Dabei wünsche ich euch viel Spaß!

Vielen Dank Michel Reick und Alexander Springensguth für die Samples.

Tasting-Notes #0035 – #0040

Scotch Universe – Second Rocket Stage

Logo

Gerade einmal drei Monate ist es her, dass ich den neuen unabhängigen Abfüller Scotch Universe und seine ersten Abfüllungen vorstellte, da kommt auch schon der zweite Wurf, oder um im Wortfeld zu bleiben, die nächste Raketenstufe. Wer sich über den Abfüller selbst informieren möchte, kann das hier tun: https://leben-mit-genuss.de/scotch-universe. An dieser Stelle berichte ich darüber, ob die zweite Stufe zündet. Sieben Samples stehen vor mir, drei Speysider, zwei Highlander und zwei Islays – und in dieser Reihenfolge werde ich sie auch verkosten. Darf ich vorstellen? 

VOYAGER I

Die in der Speyside hergestellten oft weichen, milden Whiskys sind wohl ein guter Einstieg.  Ein Blended Malt steht am Anfang, wobei sich das Blending auf den berühmten Teaspoon bezieht, jenen sagenhaften Teelöffel, der verhindert, dass die Abfüllung den Namen der Destillerie tragen darf. So ist er denn nach einer Raumsonde benannt, nein, nicht nach irgendeiner, sondern nach der Raumsonde, die nach fast 35 Jahren als erstes von Menschen gebautes Objekt in den interstellaren Raum eintrat. Ganz so alt ist der Whisky nicht, aber 19 Jahre hat er schon auf dem Buckel. Geruht hat er in einem erstbefüllten Côte de Beaune Barrique-Fass. Das Fass stammt also aus dem südlichen Teil des Burgunds, einem Gebiet in dem hauptsächlich Pinot Noir angebaut wird. Richtig gerätselt, das Etikett verrät ein Rotweinfass. Die Destille selbst ist eine, die ich letztes Jahr im Rahmen eines Tastings wieder für mich entdeckt habe. Bisher sind mir aber nur deren Originalabfüllungen begegnet – jetzt die erste von einem unabhängigen Abfüller, noch dazu in Fassstärke. Ich bin gespannt!

Dem Alter entsprechend habe ich dem Whisky Zeit gegeben, sich zu entfalten. Bernsteinfarben, mit einem leichten Stich ins rötliche lächelt er mich an und wartet auf die Verkostung. Die für die Destille üblichen fruchtigen Noten sind da. Ein Hauch frisches Obst, bestehend aus Äpfeln, Birnen, lässt sich ausmachen. Eine Spur Zimt auf den aufgeschnittenen Früchten, wirklich nur ein Hauch. Dazu etwas Keks, Mürbeteig trifft es wohl am besten. Nicht zu vergessen die Wein-Noten: dunkelrote, fast schwarze Kirschen, Himbeeren, etwas Zartbitterschokolade. Das alles umrahmt von etwas Holz, bei dem Alter nicht ungewöhnlich. Kurz: Er riecht schon einmal verheißungsvoll. Was er kurz darauf im Mund bestätigt. Ein herrliches Früchtekompott, serviert in einer Holzschale. All die Aromen finden sich wieder. Die Früchte hier allerdings weniger ausgeprägt, sie weichen etwas zurück. Kräftig, würzig sind die Eindrücke des Fasses, allerdings auf eine angenehme Art. Geradezu harmonisch umschließen sie das Obst. Wer Eichennoten überhaupt nicht mag, sollte es hier ruhig dennoch versuchen, denn obwohl präsent, wirken sie nicht dominant, erschlagen die anderen Aromen nicht. Faszinierend finde ich übrigens, dass die 54,9 % nicht zu spüren sind. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal einen fassstarken Whisky im Glas gehabt zu haben, der so mild ist, bei dem der Alkohol so gut eingebunden ist. Der Abgang ist lang und wärmend. Zunächst vom Obst geprägt, wird es hinten raus etwas trockener, würziger. Chapeau! Der gefällt mir schon einmal! Und ich kann mich irgendwie des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich um eine fassstarke Version der sonst üblichen trinkstarken Originalabfüllung handelt. Mal sehen, ob ich dazu noch Informationen bekommen kann.
Aktueller Straßenpreis: 119,90 EUR

DOUBLE VELOCITY OF LIGHT

Nach der Single Velocity Of Light aus den ersten Abfüllungen nun als die doppelte Lichtgeschwindigkeit. Genießen werde ich den Dram dennoch wie alle anderen auch maßvoll und langsam. Ebenfalls aus der Speyside, aber „nur“ zehn Jahre alt, gereift im First Fill Bourbon-Fass. Kein Wunder, dass die Farbe deutlich heller ist und an einen Weißwein erinnert. In der Nase ist er leicht und duftig frisch. Schönes Gerstenmalz, dazu eine Frühlingswiese mit Butterblumen. Etwas junges Gras, etwas, das ein Kribbeln in der Nase verursacht – aber im Gegensatz zu Blütenpollen ein sehr angenehmes Kribbeln. Spät stößt noch eine leichte, vanillige Süße dazu. Im Mund dann eine leichte Überraschung. Obwohl nur 1 % stärker als der Voyager I ist der Eindruck ein ganz anderer. Verteilt er sich im ersten Augenblick noch weich und süß im Mund, beißt im nächsten Moment der Alkohol zu. Nicht unangenehm, eher ungestüm und auch nur für einen Moment, bevor dieses kurze Aufblitzen vorbei ist. Die Geschmacksknospen derart vorbereitet, scheinen nun für die Aromen empfänglicher zu sein. Auch hier wirkt er frisch und leicht. Die Süße jedoch ist von Anfang an präsenter. Vanille ist am deutlichsten zuzuordnen, mit der Zeit geht es in Richtung Honig. Leichter Honig, wie von den ersten Blüten im Frühjahr, dieser leicht zähe, cremige Honig. Noch einmal ein kurzes Prickeln auf der Zunge, hervorgerufen durch den Alkohol. Dann sahnig-weiche Töne. Ich muss an Werthers Echte denken. Nicht ganz so sehr auf Karamell fixiert, aber ähnlich im Mundgefühl. Am Ende geht es sanft in eine fruchtige Note über, die ich am ehesten Ananas zuzuordnen vermag, der Saft einer süßen, reifen Ananas. Und im Abgang? Mittellang mit dem sahnigen Gefühl bis in den Hals. Dabei britzelt es auf der Zunge, bis sie sich nach einigen Momenten wieder beruhigt. Ein leichter und spritziger Geselle ist es in diesem Fall. Sehr schön, aber auch durch die, zugegeben sehr interessante, Alkoholnote außergewöhnlich. Vielleicht gefällt das nicht jedem, mir schon.
Aktueller Straßenpreis: 54,90 EUR

POLLUX I

Pollux, der Rote Riese, achtmal so groß wie unsere Sonne und mit einer Entfernung von 34 Lichtjahren der Vertreter dieser Art, der der Erde am nächsten ist. Ein treffender Name für diesen Whisky. Zumindest in der Flasche kommt er dunkel mit einem rötlichen Ton daher. Der Dram im Glas wirkt hingegen ein gutes Stück heller, hat etwas von Honig mit einem leicht kupfernen Stich. Auch in der Nase ist das Oloroso-Sherry-Fass nicht zu verleugnen, obwohl es schon das zweite Mal befüllt wurde. Wuchtig und voll stehen die Aromen im Glas und machen sich auch genauso in der Nase breit – oder eher schwer. Eine dunkle, schwere Süße mit einem leicht bitteren Aroma, fast wie eine Mischung aus Melasse und Blockmalz windet sich als erstes in die Nase. Nach ein paar Minuten Standzeit wird der Geruch etwas milder, erinnert an Schokoladensauce. Die leicht erdbeerige Note passt perfekt dazu. Mandelstifte, gerade eben, dass sie in der Pfanne Farbe angenommen haben. Die Schokolade wird etwas dunkler, eine Erinnerung an Choco Crossies beschleicht mich. Herrlich komplexe Aromen. Für einen gerade einmal achtjährigen Whisky schon ein Stück weit erstaunlich. Von Alkohol jedoch keine Spur. 59,0 % soll er haben? Vielleicht spürt man die im Mund? Okay, kann man gelten lassen. Die einen nennen das Mundgefühl „adstringierend“, die anderen rufen „Speichelfluss, Speichelfluss“. Es ist von beidem etwas, so viel steht fest. Der Mundraum zieht sich schon zusammen. Zumindest für einen Augenblick meint man, mit dem Schlucken nicht hinterherzukommen. Das verhindert aber gleichzeitig, dass die 59,0 % auf der Zunge brennen. Statt dessen nehme ich ein tolles Aromenbouquet wahr. Süße Schokolade als erstes, dahinter kräftige, würzige Noten. Etwas wie Leder, ein alter abgewetzter Sessel, ein wenig süßlicher Tabak, Toffee ist auch dabei. Zum Schluss erst die erwartete, weil für Sherry so typische Rosine. Insgesamt deutlich weniger süß, als ich angesichts der Angaben auf dem Etikett erwartet hatte. Das macht ihn letztlich aber für mich interessant, da mir die scheinbar ewig gleichen Sherry-Abfüllungen derzeit so gar nicht liegen. Dann lieber so etwas wie diesen Whisky hier. Ecken und Kanten, ausdrucksstark und für sein Alter recht komplex. Der mittellange, leicht trockene Abgang passt dazu. Ich stelle fest: Auch Pollux ist die Reise wert.
Aktueller Straßenpreis: 54,90 EUR

KEPLER 186f

Wieder ein ungewöhnlicher Name. Benannt nach einem 490 Lichtjahre entfernten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, der 2014 mithilfe des Weltraumteleskops Kepler entdeckt wurde. Das wiederum ist benannt nach dem deutschen Astronomen Johannes Kepler, der bereits im 17. Jahrhundert die Gesetzmäßigkeiten der Planetenumlaufbahnen entdeckte. Doch damit genug der Wissenschaft, es soll hier schließlich um den Whisky gehen. Wer mitgezählt hat, stellt fest, dass es sich um einen Highlander handelt. Zugegeben, man könnte es auch einfach dem Etikett entnehmen. Das verrät auch, dass es sich um ein First Fill Port Pipe handelt. Portwein-Fass! Wer mich kennt, weiß, dass ich solche Abfüllungen sehr schätze. Daher freue ich mich auf diese neue Abfüllung. Mal sehen, ob Scotch Universe damit ein ähnlich guter Wurf gelungen ist, wie mit dem Pegasus aus dem ersten Bottling. Farblich in einem schönen Mahagoni-Ton gehalten, überrascht er bereits in der Nase. Drängt sich im ersten Moment der Eindruck einer Fehlnote auf, verfliegt dieser schnell und es wird blumig. Lavendel sticht hervor, umrahmt von Heidekraut. Der heimische Kräutergarten grüßt mit einer Spur Thymian. Anklänge von Hokkaido-Kürbis wechselt sich mit süßlicher Melone ab. Ich stimme mit Mr. Spock überein: Faszinierend! Im Mund dann die nächste Überraschung: Die Frucht steht deutlich mehr im Vordergrund, Melone, gepaart mit Ananas, dazu süßer, schwerer Wein. Der Port hat seine Spuren hinterlassen. Langsam purzeln nach und nach die würzigen Aromen hinterher. Auch hier wieder das Heidekraut, der Thymian. Insgesamt leicht trocken und würzig, sehr fein. 54,8 % soll er haben? Das spüre ich zu keinem Zeitpunkt. Im Gegenteil, das Mundgefühl ist schön rund, angenehm. Auch im langen Abgang nichts alkoholisches. Statt dessen elegante Würze und eine leichte Trockenheit. Bisher meine Nummer 1. Aber es kommen ja noch drei weitere.
Aktueller Straßenpreis: 94,90 EUR

ANDROMEDA I

Zunächst ist der zweite Highlander an der Reihe. Acht Jahre alt, aus einem Ex-Laphroaig-Fass stammend. Das setzt dem Aroma aber nur die Krone auf, denn der Whisky an sich ist schon leicht getorft. Ein Highlander? Getorft? Da fällt mir auf Anhieb eine Destillerie ein, deren Einsteiger ich einige Zeit zu schätzen wusste. Inzwischen hat sich mein Geschmack gewandelt. Mal sehen, wie diese Reise in meine Whisky-Vergangenheit ist. Sehr, sehr hell ist er im Glas, wie ein leichter, spritziger Weißwein. In der Nase macht er dann keinen Hehl aus seiner Beschaffenheit. Die Süße der Vanille hat kaum eine Chance gegen die kräftigen Aromen. Rauch, Jod, nein, eher Meersalz, gebettet auf einem leichten Heubett. Der weiß mich zu beeindrucken. Der erste Schluck ebenso. Rollt er weich und geschmeidig auf die Zunge, vanillig süß und leicht fruchtig, ohne dass ich das genauer zuordnen kann, so verändert er sich schlagartig, kaum dass er Raum gefunden hat. Kurz beißen die 58,7 % zu um dann dem Rauch zu weichen. Herrlicher kalter Rauch. Das Feuer ist schon lang erloschen, es sind die letzten Rauchschwaden. Daher ersticken sie nicht alles andere, sondern lassen noch Platz für trockenes Heu, für etwas Kardamom, für süße Sahne. Der Abgang ist relativ kurz, aber ebenfalls kräftig. Zum Ende hin trocknend verklingt der Rauch. Ja, da werden Erinnerungen wach. Eher ein Raucher für Einsteiger, gewinnt er in meinen Augen durch die Lagerung in einem ehemaligen Laphroaig-Fass. Das gibt ihm einen sehr schönen Kick an Rauch, an maritimen Noten., macht ihn komplex und stark. Tolle Fassauswahl!
Aktueller Straßenpreis: 64,90 EUR

CALLISTO I

Genug mit dem, ich formuliere mal böse: Genug mit dem Imitat. Peated Whiskys kommen von Islay. Punkt. Naja, meistens, wie der vorige zeigt. Aber was kann im direkten Vergleich der Callisto? Callisto, der Jupitermond. Nach dem Io aus dem ersten Bottling schon der zweite seiner Art, dessen Name eine der Abfüllungen von Scotch Universe ziert. Benannt nach einer Geliebten des Zeus aus der griechischen Mythologie finden sich auf diesem Mond Anzeichen für Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen, Voraussetzungen für Leben. Kann Callisto meine Lebensgeister wecken? Die Honigfarbe weckt auf jeden Fall schon mal meine Aufmerksamkeit. Die Nase regt die Lebensgeister an! Kräftig torfig mit einer feinen Note verbrannten Gummis. Erst langsam, während diese verfliegen, zeigen sich weitere Aromen. Die Eierbriketts, mit denen ein Haus, das wir in meiner Jugend bewohnten, beheizt wurde, rochen ähnlich, wenn sie in den Keller geschüttet und dann zum Vorrat geschaufelt wurden. Aber es sind nicht nur diese herrlich dreckigen Eindrücke, sondern auch eine leichte Süße, etwas frische Birne, die ich wahrnehme. Und letztlich lässt sich ihm noch etwas fleischiges entlocken. Nicht Räucherspeck, dazu ist der Eindruck zu schwach. Eher Bacon, leichter im Geruch, schiebt sich von hinten heran. Im Mund dann … Boah! Nannte ich die olfaktorischen Eindrücke gerade dreckig? Nein, DAS hier ist dreckig! Einfach Kohle. Das Feuer brennt noch nicht einmal. Dafür schmeichelt die Süße des Ex-Bourbon-Fasses der Zunge. Sie vermag sich aber nicht durchzusetzen. Zu schwer sind die torfigen Aromen. Und das ist auch gut so! Etwas für die Hardcore-Liebhaber von peated Whiskys. Dazu zähle ich mich, ja. Braucht ein Whisky mehr als diese Noten? Für mich nicht zwingend. Auch weil sie lange, lange bleiben. Den Geschmack wird man so schnell nicht wieder los. Und das ist sooo klasse! Einfach, geradeaus, direkt auf die Kauleiste – herrlich! Mit 57,3 % gefühlt in der passenden Stärke. Ein Whisky wirklich nach meinem Geschmack.
Aktueller Straßenpreis: 79,90 EUR

LYSITHEA I

Wieso wundert es mich nicht, dass auch Lysithea der Name eines Jupitermondes ist? Und potzblitz, auch das ist der Name einer Geliebten von Zeus, dem alten Schwerenöter. Kann dieser Whisky auch zu meiner Geliebten werden? Mal sehen … Zunächst die Daten des Etiketts. Acht Jahre alt, Ex-Bourbon-Fass und die Destillerie ist auch sehr leicht auszumachen. Der stärkste im Septett dieser Abfüllungen ist er mit seinen 59,2 %. Stattlich! Wieder ein sehr heller Dram, wieder eine Remineszenz an Weißwein. Aber Farbe wird doch eh überbewertet und lenkt nur ab, oder? Die Nase wirkt elegant, fein, trotz des unverkennbaren Rauchs. Er kommt daher wie ein Gentleman. Der Rauch wirkt fein, edel. Keine Holzkohle wie beim Callisto, eher Buchenholzscheite, die fast ohne Rauch verbrennen. Umschmeichelt von Gras von ein wenig Quitte. Sehr filigran wirkt das. Im Zusammenhang mit einem Whisky von Islay finde ich das schon fast erstaunlich. Der Eindruck setzt sich jedoch auch im Mund fort. Er tänzelt beinahe auf der Zunge, wirkt sehr leicht, auch hier elegant. Der Rauch scheint in den Hintergrund zu treten. Ab und zu bringt er sich in Erinnerung, wenn er durch die Süße bricht. Eine Spur brauner Zucker, etwas Vanille, Quitten, Birnenkompott. Hier und da etwas Rauch. Dazu das Prickeln des Alkohols – nicht aufdringlich oder schmerzhaft, sondern lebendig. Gefällt mir gut. Mag sein, dass die zweite Befüllung des Fasses dazu beigetragen hat, diese Eleganz zu entwickeln. Die Aromen wirken dadurch sehr leicht und harmonisch miteinander verwoben. Auch im Abgang bestätigt sich der Eindruck. Der Rauch bleibt naturgemäß am längsten, fein und aromatisch. Ein stimmiger, toller Schluss dieser Verkostung.
Aktueller Straßenpreis: 84,90 EUR

 

FAZIT

Kann man diese Whiskys miteinander vergleichen? Kann man sie in eine Reihenfolge bringen? Okay, für die Verkostung habe ich es getan. Die weichen Speysider an den Anfang, dann die Highlander, die Raucher zum Schluss. Innerhalb der Untergruppen mit jeweils steigendem Alkoholgehalt. Das hat sich in vielen Tastings als sinnvoll herausgestellt. Aber geschmacklich? Das Verhältnis von Preis und Leistung? Kann man sicherlich machen, wenn man möchte. Ich möchte das letztlich nicht, weil es den Whiskys nicht gerecht würde. Jeder einzelne von ihnen gefällt mir auf seine Art mindestens gut und jeder einzelne von ihnen wird seine Liebhaber finden. Unter dem Strich finde ich dieses Bottling sehr gelungen. Die zweite Stufe hat bei mir gezündet. Am liebsten würde ich ja allen ein Zuhause bieten. Aber dazu müsste ich wohl langsam anbauen. Wie sieht es bei dir aus? Kennst du bereits den einen oder anderen? Wie ist deine Meinung? Ich freue mich über deinen Kommentar!

Danke an Scotch Universe für die Samples und das Bildmaterial.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tastings-Notes #0021 – #0027

Scotch Universe

 

Logo

Als Whisky-Genießer freue ich mich immer wieder, etwas mir unbekanntes zu entdecken. Ab und zu finde ich auch etwas ganz Neues, so wie in diesem Fall. Schon jetzt kann ich sagen: Spannend und höchst interessant!

SCOTCH UNIVERSE

Bei Scotch Universe handelt es sich um einen neuen Unabhängigen Abfüller mit Sitz im westlichen Münsterland. Die beiden Inhaber Michel Reick und Alexander Springensguth sind in der Whisky-Welt wahrlich keine Unbekannten. Unter ihrem neuen Label füllen sie nicht nur Whiskys ab, sondern handeln auch mit Whiskyfässern. Die Ausrichtung ist dabei nicht auf Deutschland beschränkt, wie schon die Internetpräsenz zeigt. Auch die USA, die Niederlande, Österreich, Taiwan und Japan sind die anvisierten Märkte. Das Label macht dennoch den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit klar: Schottische Whiskys, die in ihrer Vielfalt und Komplexität universumsgleich scheinen. Zum Start sind sieben Abfüllungen erschienen, von denen vier aus Ex-Bourbon-Fässern stammen, was mich als Liebhaber solcher Abfüllungen besonders freut. Neben den ausgefallenen, im wahrsten Sinne des Wortes, universellen Namen beeindruckt mich schon die Gestaltung der Label. Die Inhaltsangaben darauf sind zum Teil verschlüsselt dargestellt und nicht zu leicht zu entziffern. Viel Spaß beim Rätseln! Nachfolgend stelle ich die sieben Kandidaten vor. Die Präsentation weicht von meinen bisherigen ab, denn ich will niemandem den Spaß am Rätseln verderben. Daher lüfte ich den Schleier nicht weiter als es auf dem Etikett steht. Nein, eigentlich nicht einmal das. Nur eins noch vorab: Sämtliche Abfüllungen sind nicht gefärbt und nicht kühlfiltriert.

komplett

 

SPECIES U1

Species U1Der erste Kandidat ist ein amerikanischer Bourbon. Ihn stelle ich an den Anfang, weil ich kein großer Bourbon-Freund bin. Probiert habe ich bereits verschiedene, aber für mehr als ein „lecker“ hat es kaum gereicht. Und selbst das gab es bisher nicht allzu häufig. Die süßliche, mich oft an Kleber erinnernde Note empfinde ich meistens als störend. Dahinter entdecke ich dann oft nicht mehr viel. Dennoch versuche ich das auszublenden und gebe dem SPECIES U1 eine Chance. Ein NAS-Whisky ist er, No Age Statement, ohne Altersangabe. Während das manchen Whisky-Genießer stört, ist es mir egal. Hauptsache, es schmeckt mir. Das ist das wichtigste Kriterium. Aus Indiana kommt er und schaut gut aus in seinem schönen, vollen Honiggelb.  Die erste Nase überrascht mich direkt: Kein Kleber! Außerdem: Kein Alkohol. Die 56,3 % versteckt er erst einmal gut. Malzig-süße, sehr vanillige Noten steigen auf. Aber nicht so süß, dass es mir die Nase zuklebt. Eher zurückhaltend, aber dennoch deutlich spürbar. Mit etwas Wartezeit wird er kräftiger, bekommt eine leicht holzige Note dazu, die ihn schön ausbalanciert. Gefällt mir gut! Mal sehen, was er im Mund anstellt. Auch hier macht sich der Alkohol nicht sonderlich bemerkbar. Wirklich gut eingebunden. Geschmacklich kommt jetzt doch der Bourbon durch, aber zum Glück auch hier ohne Klebstoff. Wieder die Vanille, die aber gegenüber dem Aroma in der Nase deutlich zurück tritt. Dafür direkt von Anfang an eine deutlich würzige Note. Frisches Holz. Gartenkräuter, am ehesten Rosmarin. Rein vom Mundgefühl her liegt er beinahe leicht auf der Zunge. Aber die Aromen haben schon einen guten Antritt. Sehr schön! Sollte hier der Roggenanteil höher sein? Oder ist es gar ein Rye-Whiskey? Eine ganz leichte Salzigkeit kommt dazu, sehr interessant. Die bleibt auch im Hals am längsten bestehen, wenn die anderen Eindrücke schon verschwunden sind. Insgesamt mittellang. Tja, was soll ich sagen? Der überzeugt mich! Es gibt Bourbon, den ich mag. Dieser ist es!
Aktueller Straßenpreis: 62,90 EUR

 

GRAVITY C

Gravity CDie Geschmacksnerven mit Wasser neutralisiert, widme ich dem zweiten Sample. Ebenfalls ein ungewöhnlicher Whisky, ein Grain, der nicht nur aus gemälzter Gerste besteht.. Über den großen Teich geht es in die schottischen Lowlands. In einem Bourbon Hogshead durfte er rund 24 Jahre reifen. Ein Alter, ab dem Grains anfangen interessant zu werden. Von Ausnahmen abgesehen, wie ich unlängst mit dem Strathclyde feststellte. Aber zurück zum GRAVITY C mit seinen 51,5 %. Die Anziehungskraft, Gravitation, ist im Universum ja kaum vorhanden. Mal sehen, welche dieser Whisky ausübt. Sein Gelb erinnert an Weißwein. Die Nase ist auch hier süßlich. Leicht gezuckertes Popcorn, frisch zubereitet. Ein Hauch Marshmallow. Auch hier wieder nicht so klebrig süß wie das Original. Eher angenehm in der Nase. Dahinter etwas, das, ich kann mir nicht helfen, mich an die karamellisierte Kruste von Omas Schweinebraten erinnert. Ganz schwach ausgeprägt nur, aber die Assoziation ist da. Verrückt. Im Mund dann wie erwartet: Weich, rund legt er sich auf die Zunge, rollt sanft hin und her. Popcorn ist wieder da, dazu gesellt sich eine frische Note, die ich nicht auf Anhieb identifizieren kann.  Im ersten Moment grasig wirkend, kommt dann aber Frucht durch. Ein Anflug von Aprikose, nein, Birne ist es. Gelblich, reif, saftig. Aber nicht mundfüllend. Eher so gerade eben, dass ich es wahrnehme. Auch das finde ich gut. Im mittellangen Abgang bleibt diese Fruchtigkeit, getragen von einer leichten Würze bestehen. Feiner Stoff!
Aktueller Straßenpreis: 109,90 EUR

 

SINGLE VELOCITY OF LIGHT

Single Velocity Of LightKandidat Nummer drei kommt zum Glück nicht mit 299.792.458 m/s auf mich zu – das entspräche der einfachen Lichtgeschwindigkeit, die er als Namen bekommen hat. Gestartet ist er in der Speyside, wo er fast sechs Jahre in einem American Bourbon Barrel reifen durfte. Mit 53,7 % wurde er abgefüllt und steht nun in der Farbe eines leichten Weißweins vor mir. Malzig ist der erste Eindruck in der Nase, dann folgen Shortbread und ein Hauch Karamell. Leicht wirkt er dabei nicht, eher voluminös und voll. Nicht zu spät für einen Keks, nehme ich den ersten Schluck vom SINGLE VELOCITY OF LIGHT, natürlich langsam, wie es ihm gebührt. Die Teignoten werden deutlicher. Immer noch Shortbread, Butterkeks vielleicht. Beißen kann ich ihn nicht wirklich, aber die Noten finde ich schon sehr deutlich. Auch das Malz bleibt, dann gibt jemand Butter zum Shortbread. Irgendwie bekomme ich jetzt Appetit auf Kuchen. Beim nächsten Probieren sollte ich was in Reichweite haben. Geradeaus, ehrlich, direkt. Vermutlich kann ich mich nicht stundenlang mit ihm aufhalten, wie ich bei den beiden ersten den Eindruck hatte. Aber ein schöner Whisky, perfekt als Starter in einem Tasting. Für sich betrachtet sehr gut, im Vergleich hat er es allerdings etwas schwer.
Aktueller Straßenpreis: 59,90 EUR

 

ALPHA CENTAURI I

Alpha Centauri !Weiter gehts. Nach dem der Sonne am nächsten gelegenen Sternensystem benannt, steht der ALPHA CENTAURI I vor mir. Definitiv näher als das Sternensystem selbst, das 4,34 Lichtjahre entfernt ist. Es ist Zeit für den ersten Whisky aus einem Sherry-Fass, in diesem Fall ein First Fill Oloroso Sherry Butt. Den Sherryfass-gereiften und -gefinishten Whiskys gegenüber derzeit eher weitgehend ablehnend eingestellt, braucht es schon etwas besonderes, um meinen Gaumen zu kitzeln. Der Oloroso, ein trockener bis leicht süßlicher Sherry, passt da ins Schema. Nicht dieser oft sehr ähnliche Geschmack nach Rosinen, Karamell, Schokolade und Süße, den PX Sherry-Fässer dem Whisky mit auf den Weg geben. Aus der Speyside ist er angereist, nachdem er fast achteinhalb Jahre im Fass lag. Die Farbe schrammt so gerade an Mahagoni vorbei, ist ein klein wenig heller. 52,4 % stehen auf dem Etikett. In der Nase lassen sie sich allerdings nicht finden, und das ist gut so. Dafür spielt der Oloroso mit meinem Riechkolben. Trocken ist er, ja. Würzig auch, allerdings nicht kräuterig, sondern eher holzig, nach alten Möbeln, altem Leder riechend. Sehr faszinierende Sinneseindrücke! Diese Trockenheit macht sich sofort auch im Mund bemerkbar. Begleitet von diesen tollen alten, dazu noch teils erdig wirkenden Aromen fängt Speichel an, sich zu bilden und spült noch einmal die feinen Nuancen hervor. Definitiv alte Möbel, Möbelpolitur, nicht gerade geöffnet und frisch aufgetragen, sondern im Verschwinden begriffen. Auch im Hals bleibt diese Trockenheit, dieses alte Gefühl, und das recht lange. SIR, YES, SIR! Sherry, as I like it. Der hat mich. Nicht nur wenn meine Vermutung bezüglich der Destillerie stimmt, brauche ich davon wohl eine Flasche.
Aktueller Straßenpreis: 69,90 EUR

 

SOLAR FLARE α

Solar Flare AlphaJetzt wird es ruppiger. Nicht nur weil der nächste Whisky nach den Sonneneruptionen benannt ist, jenen fackelähnlichen Gebilden, die scheinbar in den Weltraum geschleudert werden. Ruppig auch, weil es ab jetzt peated wird, getorft. Und wieder ungewöhnlich, weil von vielen Whiskytrinkern verpönt, ist es diesmal ein Blended Whisky. Völlig zu unrecht verpönt übrigens, geht doch der allergrößte Anteil des produzierten Whiskys in Blends. Neben dem Billig-Zeug aus dem Discounter gibt es dort aber auch Whiskys, die keinen Vergleich mit Malts scheuen brauchen. Mal sehen, wie es um den SOLAR FLARE α bestellt ist. Gute 21 Jahre hat er auf dem Buckel. Whiskys von Islay und den Islands wurden für diese Abfüllung vermählt und mit 53,8 % in die Flasche gebracht. Die Anteile aus den beiden einzelnen Destillerien sind nicht genannt, wohl aber, dass es sich um ein American Bourbon Barrel handelt, das zum zweiten Mal befüllt wurde. Strohgelb schimmert er im Glas und verbreitet schon im Stand die Aromen, die mir bei Whisky am besten gefallen. Durch den auf den Islands beheimateten Teil ist der torfige Geruch allerdings nicht so präsent wie bei dem Islay alleine. Dennoch eine tolle Mischung! Rauch gepaart mit Heidekraut, kräftig und würzig zugleich. Ein schöner Malzton dazu, fertig.  In der Nase begeisternd! Und im Mund? Man merkt sein Alter. Der ist vollmundig, komplex. Doch als erstes fällt auf, dass er bei weitem nicht so rauchig ist, wie erwartet. Klar sind die Noten da, gehen aber mit dem anderen Whisky eine wärmende Melange ein. Wieder das Heidekraut, ein Anklang von Lakritz, eine blumige Note dabei. Kann das Flachs sein? Und dann ist da noch etwas. Fehlnote würde ich es nicht nennen. Aber irgendwas, das nicht ganz ins Bild passt – und ihn für mich daher umso interessanter macht. Ja, diese blumige Note ist es. Auch der gefällt mir – weil es ein faszinierender Blend mit Ecken und Kanten ist. Vielleicht nicht jedermanns Sache, aber ich finde ihn sehr spannend!
Aktueller Straßenpreis: 109,90 EUR

 

IO I

IO IDem Namen nach kann es sich beim vorletzten Dram nur um den Io handeln, den innersten der vier großen Monde des Jupiter. Single Malt. Islay. American Bourbon Barrel. Fassstark. Vier Argumente, die mein Whisky-Genießer-Herz höher schlagen lassen. Mit gut acht Jahren noch recht knackig und mit 57,8 % in einer Liga, die ich mag. Mal sehen, was der IO kann. Fast klar aussehen kann er, wie sehr heller Weißwein. Kein Wunder bei der zweiten Befüllung des Fasses. Und rauchen kann er, das nehme ich auf mehr als eine Armlänge Entfernung wahr. Die Nase? Qualm. Satter, purer Qualm eines Feuers, das noch nicht richtig brennt, weil das Holz nass ist. Der verzieht sich jedoch nach ein paar Minuten, als ob das Feuer gelöscht wurde. Es bleiben Salz, Seetang, der Anflug von etwas geräuchertem. Nicht Speck, der hat ja eigene Aromen. Eher geräucherter Fisch, Aal. Aber nur ganz dezent. Seetang und Salz dominieren klar. Mein Ding! Ich will wissen wie er schmeckt. Kurz: Fantastisch! Der fordert, aber er gibt auch eine Menge. Blind hätte ich ihm rund 50 % gegeben, so gut ist der Alkohol eingebunden. Dennoch kommt er wild daher, ungestüm. Sehr viel Seetang und Jod bringt er mit. Das ganze umrahmt von einer erstaunlichen Süße. Doch sie hat es schwer, gegen diese Wucht anzukämpfen. Das Ding ist wie ein Spaziergang im Sturm am Strand. Die Gischt fliegt einem um die Ohren, der Tang tanzt auf den Wellen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal einen so ehrlichen, geradlinigen und vor allem guten Islay im Glas hatte. Groß! Ar! Tig!
Aktueller Straßenpreis: 84,90 EUR

 

PEGASUS I

Pegasus IDer letzte dürfte es jetzt schwer haben. Toppen kann er den Io eigentlich nicht mehr. Aber ich lasse es ihn zumindest versuchen, klingen die Eckdaten doch recht vielversprechend: Von den Islands stammend, ist er mit 58,3 % der stärkste aus dem Sortiment. Getorft ist er auch, aber auch geblendet. Zwar nur der berühmte Teaspoon, aber damit stammt er nicht mehr aus einer einzigen Destillerie. Die sechseinhalb Jahre seiner Reifung durfte er in einem First Fill Port Wine Barrique verbringen. Die Lagerung sieht man ihm auch an, denn er kommt in einem schönen, dunklen Rosé-Ton daher. Auch in der Nase ist die Herkunft unverkennbar. Schöne, fruchtige Noten, ein wahrer Kompott aus roten Johannisbeeren, Sauerkirschen, Himbeeren. Insgesamt eher leicht erfrischend säuerlich. Durch die Kombination mit dem Rauch wirkt es eher wie ein Rosé, als wie ein Port. Im Mund kommt er schon fast cremig daher. Und mit deutlichem Unterschied zur Nase. Zwar auch irgendwie frisch, aber das Obst ist hier süßer. Dazu der Rauch, der alles umhüllt – sehr klasse! Der Geschmack bleibt auch noch eine ganz Zeit erhalten, denn der Abgang ist lang. Mit dem Io konnte er besser mithalten als erwartet.
Aktueller Straßenpreis: 74,90 EUR

 

FAZIT

Zum Start sieben sehr gelungene und leckere Abfüllungen, das muss man auch erst einmal hinbekommen. Ich ziehe meinen Hut, Scotch Universe! Ganz ehrlich hatte ich damit gerechnet, dass einer oder zwei aus der Reihe fallen. Sieben auf einen Streich ist schon ungewöhnlich gut, spricht aber auch für das Können der beiden Macher. Die Preise dazu sehe ich durchaus als moderat an, preiswert im Sinne des Wortes sind sie eh. Mein Favorit? Gar nicht so einfach, denn es gibt mehrere Kandidaten. Ach, nein, ich kann mich nicht verstellen. Meine persönliche Nummer 1 ist der IO I! Ein Whisky, wie ich ihn liebe! Dahinter? Ich kann mich nicht entscheiden. Der SPECIES gefällt mir sehr. Auch weil es ein Bourbon ist, der mir gefällt. Der PEGASUS und der SOLAR FLARE weil sie Ecken und Kanten haben, an denen sich die Geschmacksknospen festkrallen können und Beschäftigung finden. Der ALPHA CENTAURI, weil es ein im Sherryfass gereifter Whisky ist, der mich anspricht. Der GRAVITY und der SINGLE VELOCITY OF LIGHT weil sie einfach gut sind. Und es scheint, als ob es so weiter geht. Die nächsten Abfüllungen stehen schon in den Startlöchern und die geleakten Label versprechen so einiges. Thumbs up, Scotch Universe! Der Start ist gelungen und das Ding hat meiner Meinung nach richtig Schub. Viel Erfolg und guten Flug!

Samples

Danke an Scotch Universe für die Samples.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tastings-Notes #0006 – #0012