Scotch Universe – 4th Rocket Launch

Samstag Morgen, es ist noch still im Haus, der erste Kaffee hat die Lebensgeister geweckt. Aus dem Lautsprecher klingen die „Ultimate Hits Of The Seventies“ – und das für die nächsten neun Stunden. Zeit genug, das neue Bottling von Scotch Universe unter die Lupe zu nehmen. Und das braucht Zeit, denn das Bottling hat es in sich. Dreimal unpeated, dreimal peated. Drei Speysider, ein Highlander, zwei kommen von Islay. Der Durchschnitt liegt im Alter bei sieben Jahren und acht Monaten und beim Alkoholgehalt bei knapp über 61,0 %. Also nicht lang schnacken, einschenken und atmen lassen.

PROXIMA ALPHA I

Eckdaten: Speyside – 8yo – Refill Bourbon Hogshead – 60,1 %

Auge: Refill Bourbon Hogshead, das könnte die sehr helle, an jungen Weißwein erinnernde Farbe erklären. Der Schwenk im Glas bringt recht feine Legs, die sich schwer tun, wieder ins Glas zu laufen.

Nase: Frisch, leicht, fruchtig, spritzig, so ist der erste Eindruck. Schöne Fruchtaromen, etwas Honigmelone, junge, helle Weintrauben und vor allem viel weiße Johannisbeeren lassen sich ausmachen. Nach und nach gesellen sich dann malzige Noten hinzu, gehen in Cerealien, Butterkeks, Weißbrot über. Das wird den Früchten offensichtlich zu viel, denn sie ziehen sich langsam zurück, lassen dem Teig den Vorrang. Schön abwechslungsreich und das Interesse weckend. Alkohol ist fast nicht auszumachen.

Mund: Noch bevor ich die erste Aromen identifizieren kann, bekomme ich aus dem Mund die Rückmeldung einer samtigen, fast öligen Flüssigkeit, die für ein volles Mundgefühl sorgt. Dann wird es süß, fruchtig. Erst nach rund zehn Sekunden spüre ich den Alkoholgehalt von 60,1 % durch ein leichtes Kribbeln auf der Zunge. Helle Weintrauben, frische grüne Birne, darüber wieder jede Menge Johannisbeeren, die aber dunkler werden. Vanillezucker wechselt sich mit Butterkeks ab, ein Hauch von Thymian ist auszumachen, gerade so, dass die Süße getragen wird. Das Weißbrot scheint nun leicht angetoastet, bevor zum Ende eine ganz schwach bittere Holznote die Aromen wundervoll einfängt und abrundet.

Hals: Geschmeidig fühlt er sich im Abgang an, cremig. Fruchtige Süße mit ein wenig Spritzigkeit ist auszumachen und bleibt mittellang.

Fazit: Eine tolle Textur gepaart mit viel Frucht, dabei für über 60 % Alkohol erstaunlich mild. Toller Einstieg.

ANTARES I

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,3 %

 

Auge: Der neunjährige aus dem Sherry Butt hat die Farbe von Weißwein und der Schwenk im Glas bildet dünne Legs, die ölig langsam wieder ins Glas hinabrinnen. So weit die Ähnlichkeit zum ersten Dram.

Nase: Schöne malzige, dennoch leichte Aromen steigen mir entgegen. Ich nehme Wildblütenhonig wahr, eine Spur Plattpfirsich, am Rand etwas beeriges, nur eine Spur. Ich kann nicht genau identifizieren, ob es Erdbeeren oder Himbeeren sind. Frische und eine im doppelten Wortsinn leichte Grasigkeit runden den nasalen Eindruck ab. Das wirkt schon recht ausbalanciert.

Mund: Erstaunlich! Auch dieser fühlt sich weich und cremig an, wirkt mild, breitet sich angenehm im Mund aus. Erstaunlich? Ja, weil er mit 64,3 % abgefüllt wurde. Vierundsechzigkommadreiprozent! Ich brauche einen Moment, um mich wieder zu sammeln, nehme dann Malz wahr, die Süße von Honig. Der Plattpfirsich ist präsenter, Honigmelone ergänzt die Fruchtnoten. Die Süße wandert von Honig eher in Richtung Marshmallows. Zusätzlich gewinnt der Antares an Würze. Absolut faszinierend finde ich, dass der Alkohol bis zum Schluss kaum spürbar wird. Auch wenn ich den Nipp länger im Mund behalte, dauert es, bis die Geschmacksknospen entsprechende Rückmeldung geben.

Hals: Ha, geht doch! Ist der Mund erst einmal leer, sorgen die 64,3 % doch noch für den Aha-Effekt. Für einen Moment gilt diesem die volle Konzentration, dann bemerke ich die Süße und Malzigkeit im Abgang, die mittellang bleiben

Fazit: Ein tolles, sehr harmonisches Aromenspiel mit einem unglaublich gut eingebundenen Alkohol, bis er am Ende dann doch grinsend um die Ecke kommt. Und das ist ein eher diabolisches Grinsen. Mir gefällt es, Punkt.

POLLUX II

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,5 %

Auge: Noch ein Speysider, noch einmal neun Jahre alt, noch einmal Sherry Butt. Wundert es, dass die Farbe recht ähnlich ist? Nein, nicht wirklich. Gut, einen Tick dunkler ist der Dram im Glas, sieht golden aus. Die feinen Legs verbinden sich schnell, werden breiter und laufen nur sehr langsam wieder ins Glas.

Nase: Schon beim Einschenken breiten sich frische, blumige Aromen aus. Erst die Nase direkt über dem Glas stellt fest, wie gehaltvoll und komplex diese doch sind. Rote Äpfel mache ich aus, frische Sahne, dann Safran. Die Süße ist insgesamt sehr fruchtig, bringt einen Hauch Vanille mit. Apfelgelee kommt mir in den Sinn. Etwas länger im Glas werden die Noten zunehmend malziger und ich meine, eine Spur Gewürze wahrzunehmen, ohne diese allerdings in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen zu können.

Mund: Dermaßen angeregt bin ich gespannt auf den Geschmack. Weich ist das Mundgefühl – zunächst. Denn es folgt quasi mit kleinen Startschwierigkeiten ein kräftiger Antritt. Den Alkohol versteckt der Dram nicht, verrät aber auch nicht, dass hier 64,5 % losspurten. Der ist gehaltvoll im ersten Eindruck – und bleibt es auch. Würzigkeit, die ich als leichte Holznote interpretiere. Die Äpfel sind nicht mehr so dominant wie in der Nase, aber immer noch sehr präsent. Demarara-Zucker, eine Spur Kardamom, etwas Spekulatius wechseln sich ab. Alles harmonisiert miteinander, wirkt wie fein komponiert, bewusst aufeinander abgestimmt.

Hals: Die süße Würzigkeit klingt mittellang aus, wärmt wohlig und wird zum Schluss trockener.

Fazit: Der ist gehaltvoll, bringt winterlich stimmende Aromen – klasse! Bisher mein Highlight.

ANDROMEDA IV

Eckdaten: Highlands – 7yo – Jamaika Rum-Cask – 58,1 %

Augen: Auch dieser unterscheidet sich farblich nicht groß von den anderen. Golden schimmert der Dram im Glas, bildet feine Legs aus, die aber schnell dicker werden.

Nase: Trockener, kalter Rauch empfängt meine Nase, wirkt dabei verhalten. Vanille und Teig rieche ich dann, Da hat doch jemand gerade Scones gebacken. Dazu eine frische Note, ja das sind Zitronenzesten. Diese verblassen mit der Zeit, dafür kommt Vanillezucker durch. Ein insgesamt sehr interessantes Zusammenspiel.

Mund: Für einen Moment recht weich und mild, bevor sich der Rauch bemerkbar macht. Deutlicher als in der Nase. Trocken und immer noch nicht zu ausgeprägt. Gemeinsam mit der Vanille bemerke ich eine zuckrige Süße, bevor der Rauch dann aber kräftig darauf aufmerksam macht, dass er da ist. Malz und die Scones mildern das anschließend direkt wieder. Der Andromeda wird süß, zuckersüß. Zusammen mit dem Teig kann das nur eins bedeuten: Ommas Butterkuchen! Lecker! Und ja, Omma. So heißt dat hier.

Hals: So geht es auch im Hals weiter. Eine rauchige, wärmende Süße bleibt lange erhalten.

Fazit: Diese Kombination aus Süße und Rauch gefällt mir. Aufgrund der Fassangabe hatte ich andere Aromen erwartet. Bin ich enttäuscht, sie nicht zu finden? Nicht wirklich, denn das, was ich rieche und schmecke, gefällt mir gut.

CALLISTO III

Eckdaten: Islay – 5yo – St. Martinique Rum-Cask – 56,9 %

Auge: Ein schönes goldgelb scheint mir entgegen. Die Legs sind relativ breit und schwer. Sie lassen sich Zeit.

Nase: Der Rauch ist diesmal warm, mischt sich mit braunem Zucker, mit Rosinen. Tropische Früchte finde ich, eine Spur Banane, Maracuja sorgt für ein wenig Spritzigkeit. Ansonsten dominiert eine volle, schwere Süße, die aus einem Korb voller reifer Tropenfrüchte zu stammen scheint. Sehr komplex und vielschichtig. Das finde ich für einen fünfjährigen Malt durchaus bemerkenswert.

Mund: Voller, warmer Rauch breitet sich sofort im ganzen Mundraum aus. Richtig satt ist das Aroma. Die anderen haben es schwer und müssen sich erst einmal durchkämpfen. Nach und nach gelingt es ihnen jedoch. Brauner Zucker ist zu schmecken, überreife Banane, Pflaumen, und Karamell. Das wirkt so vollmundig, ölig und cremig, dass es eine Wonne ist. Solche Vielfalt in einem so jungen Malt hatte ich bisher selten. Und es bleibt spannend, denn immer wieder drängt der Rauch nach vorne und scheint alles andere durchzumischen. Jeden Nipp kann man getrost einige Zeit im Mund lassen und genießen. Der Alkohol ist sauber eingebunden und stört nicht.

Hals: Der Rauch kam als erster und geht als letzter. Daneben bleibt diese schwere Süße mittellang erhalten.

Fazit: Eine fantastische Kombination von heftigem Rauch und schwerer Süße mit exotischen Aromen.

IO II

Eckdaten: Islay – 8yo – Bourbon Hogshead – 62,3 %

Auge: Der bringt mal farbliche Abwechslung. Was ich wiederum erstaunlich finde. Jedenfalls hätte ich blind nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein Bourbon Hogshead der dunkelste Teilnehmer im Feld ist. Ein dunkles Gelbgold mit einem Stich ins Rötliche erwartet mich. Außerdem spindeldürre Legs, die kaum wieder ins Glas wollen.

Nase: Der Rauch versteckt sich zunächst hinter einer fruchtigen Süße. Ich bin überrascht, Tiramisu wahrzunehmen, schön klassisch – und als Extra ein Hauch Erdbeerpüree als Verzierung obendrauf. Als ich mich an diese besondere Kombination gewöhnt habe, entzieht sie sich mir wieder und macht Platz für malzige Noten. Jetzt wird es eher klassisch Bourbon-Fass. Die Süße verändert sich zu einer vanilligen. Zum Schluss wird es noch fleischig. Räucherspeck kommt ins Spiel. Nein, halt kein Räucherspeck. Das ist Bacon, gerade leicht kross angebraten und nun neben der Pfanne auf dem Küchentuch zum abkühlen ausgelegt. Hatte ich schon länger nicht mehr und das gefällt mir immer noch sehr!

Mund: Aus Vanille stammende Süße schießt voran, brauner Zucker folgt und bringt noch mehr Süße, bevor sich der Rauch wie ein wärmender Mantel darüber legt. Cremig und ölig fühlt sich auch dieser Nipp im Mund an. Die 62,3 % sind nicht in der Stärke auszumachen. Auch hier britzelt es erst nach rund zehn Sekunden auf der Zunge. Bis dahin hat sie aber noch erdigen Rauch wahrgenommen, den leicht angebratenen Bacon, der sich hier noch eine Spur deutlicher als in der Nase findet. Zum Ende hin wird der Rauch trockener und erst zum Schluss spürt man den Alkohol dann doch deutlicher.

Hals: Das mittellange Finish bereitet mir mit deutlichem Rauch und glasiertem Bacon große Freude.

Fazit: Ein klassischer, getorfter Islay ohne großes Chi-Chi. Großartig!

Randnotiz: Ein Sample des IO hatte ich bereits im September verkosten dürfen (https://leben-mit-genuss.de/neues-von-scotch-universe). Die restliche Reifezeit hat die Aromen doch noch ein wenig verändert, wie ich im Nachgang feststellte. Jetzt gefällt er mir noch besser.

RESÜMEE

Die Verkostung hat sich letztlich doch über zwei Tage gezogen. Gut so, denn jeder Malt hatte dadurch die ihm gebührende Zeit und Aufmerksamkeit. Mir hat es Spaß gemacht und ich bin davon überzeugt, dass viele hier mindestens eine Abfüllung für den heimischen Gebrauch finden werden. Die Antwort auf die übliche Frage nach dem einen Favoriten fällt mir bei der Auswahl wieder schwer. Ich versuche es anders herum: Es sind sehr unterschiedliche Malts mit zum Teil ungewöhnlichen Fasslagerungen. Alle haben mich auf ihre Art fasziniert und ich bin froh noch Reste für den weiteren Genuss zu haben. Erstaunlich fand ich die gute Einbindung der doch recht kräftigen Alkoholstärken. Lag es ein meiner Tagesform, oder ist das durchgehend der Fall? Ich werde es bei weiteren Gelegenheiten herausfinden. Dennoch gibt es zwei, die für meinen Geschmack die Nase vor den restlichen haben. Ein Foto-Finish ist das nicht, es liegen aber auch nicht Welten zwischen den Kandidaten. Bei den ungetorften gefällt mir der Pollux am besten. Das mag aber auch an der Jahreszeit liegen, in der er hervorragend passt. Die anderen beiden versuchen mit ihren teils deutlich fruchtigen Aromen den Sommer noch ein wenig hinauszuzögern. Auch das wird Freunde finden. Bei den getorften Vertretern liegt in dieser Runde der IO vorne. Der Abstand vor dem Callisto ist knapper als der Vorsprung des ungetorften Gewinners. Aber die eher klassisch wirkende Ausprägung des IO liegt für mich noch einen kleinen Tick vor dem sehr faszinieren Rum-Cast des Callisto.

Die Malts sind bereits in Deutschland eingetroffen und werden in den nächsten Tagen in den Verkauf gehen. Dann werden auch die Preise bekannt gegeben – auf die ich auch sehr gespannt bin. Die Destillerien habe ich bewusst nicht verraten, damit ihr noch Spaß bei der Suche habt.

An dieser Stelle herzlichen Dank an Michel Reick und Alexander Springensguth von Scotch Universe für die Samples. Meine Meinung wurde davon jedoch nicht beeinflusst.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tasting-Notes #0038 bis #0043

Glen Garioch 2011 C&S

Einen Monat ist der letzte Beitrag schon her. Ein Monat, in dem die Muße fehlte, mich in Ruhe mit einem neuen Dram zu beschäftigen und in dem mir zudem auch noch eine Erkältung den Spaß am Genuss des schottischen Landweins verdarb. Danke übrigens für diese außerordentlich gewählte Formulierung, lieber Dirk. Getreu der Einstellung von Herbert Knebel, dass man Viren hochprozentig bekämpfen muss versuche ich mich daher heute an einem Sample, das mir Ralph Gemmel von Caminneci – Wine & Spirit Partner zur Verfügung gestellt hat. Glen Garioch, eine Destillerie, die ich bis vorletztes Jahr überhaupt nicht auf dem Radar hatte. Als ich deren Standardabfüllung verkosten durfte, war ich jedoch so angetan, dass ich seitdem verstärkt ein Auge auf diese Whiskys geworfen habe.

WAS

Name: Glen Garioch 2011
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Glen Garioch
Region: Highlands
Abfüller: Caminneci – Wine and Spirit Partner
Alter: 5yo
Fasstyp: Bourbon Barral
Fassnummer: #2784
Alkoholgehalt: 60,5 %
Flaschen: 254
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: ca. 40 EUR

DESTILLERIE

Glen Garioch, in Oldmeldrum, knapp 30 km nordwestlich von Aberdeen gelegen, gehört zu den schottischen Highlands. Im ausgehenden 18. Jahrhundert gegründet, hat sie, wie viele schottische Destillerien, etliche Eigentümerwechsel hinter sich und gehört seit 1994 zum japanischen Suntory-Konzern. Die Jahreszahl der Gründung, 1797, findet sich übrigens auf jeder Originalabfüllung wieder. Als eine der ersten Destillerien in Schottland rüstete sie auf Erdgas um. Das ermöglichte es der Destillerie, den innerhalb weniger Jahre von 9 auf 16 % gestiegenen Anteil der Energiekosten wieder zu senken. Jährlich wurde so eine Einsparung von 90.000 GBP möglich. Zusätzlich wurde die Abwärme genutzt, um einige Gewächshäuser zu betreiben und Tomaten, Paprika, Auberginen und Gurken anzubauen. Die zwei Wash Stills und eine Pot Still ermöglichen eine Jahresproduktion von 750.000 Litern. Ein Teil davon findet sich später als Herzstück im heutzutage nicht mehr so bekannten VAT 69 wieder. 

ABFÜLLER

Seit der Gründung 2005 und der Erstabfüllung im Jahr 2006 hat Andrea Caminneci mit seiner Firma  Wine & Spirit Partner über 180 Abfüllungen auf den Markt gebracht. Zum 10-jährigen Jubiläum als unabhängiger Abfüller wurde im letzten Jahr das Label-Design nach einem Wettbewerb überarbeitet. Unverändert ist die Philosophie, guter Whiskys ohne Schnickschnack zu einem möglichst günstigen Preis auf den Markt zu bringen. Daher wird z. B. bei den meisten Abfüllungen auf die Umverpackung verzichtet. In fünf verschiedenen Reihen werden die Whiskys auf den Markt gebracht:

  • C&S Dram Good – mit 46 – 50 % in Trinkstärke abgefüllt
  • C&S Dram Collection – Whiskys von jung bis mittelalt in Fassstärke
  • C&S Dram Senior – hier sind Whiskys mit einem Alter von über 20 Jahren zu finden
  • C&S Dram Regional – vatted Malts aus einer Destillerie, wobei der regionale Charakter im Vordergrund steht und nicht der Name der Destillerie, abgefüllt mit 46 % und in 0,5 l-Flaschen
  • C&S Dram Exceptional – vorbehalten für sehr alte und außergewöhnliche Abfüllungen

Ich hatte schon einige Abfüllungen probieren dürfen und habe schon kleine Perlen für meinen Geschmack gefunden. Daher bin ich auf diese hier sehr gespannt.

AUGE

Das helle Strohgelb unterstreicht die Jugend des Whiskys.

NASE

Als erster Eindruck drängt sich geradezu Vanille auf. Allerdings nicht so schwer und voll, eher eine mittlere, leichte Süße. In der Nase fühlt sich das beinahe weich an, bevor eine leichte Würzigkeit Raum findet. Kurz taucht ein Hauch von Lakritze auf, der dann wieder verschwindet. Die Süße wird trockener, es entwickelt sich ein Aroma von Butterkeks. Für einen Moment meine ich, mit Honigmelone eine leicht fruchtige Note wahrzunehmen – sehr angenehm. Insgesamt wirkt er leicht und frisch, aber für das Alter schon recht ausgewogen. Dazu kommt, dass der Alkohol überhaupt nicht auffällt. Kein Beißen, kein Ziehen, nichts. Mal sehen, wie er schmeckt.

MUND

Oha! Der kommt ja mal richtig cremig, fast schon fluffig an! Kennt ihr noch die gute, handgemachte Vanillesauce von Omma? Nicht dieses wasserdünne Zeug, das heute unter dem Namen vertrieben wird. Sondern richtig schön dick und sahnig. So ungefähr fühlt sich das im ersten Augenblick an. Dazu eine leichte Süße. Die Vanille ist nicht so ausgeprägt, eher der Butterkeks, den ich schon in der Nase hatte. Dann gesellen sich nach und nach Kräuter dazu. Es wird eine Spur würziger, etwas herber. Erinnert mich an die Aromen eines Heubetts auf dem Grill. Der Alkohol macht sich erst spät bemerkbar, wirkt aber nicht wie gut 60 %. Er trocknet den Mundraum jedoch ein wenig aus, was zu meinem Erstaunen dann doch noch für eine abrundende Süße sorgt. 

HALS

Wärmend macht er sich im Abgang bemerkbar. Der Alkohol ist spürbar, allerdings  ohne unangenehm zu sein. Mit einem Hauch von Würzigkeit verbleibt der Nipp mittellang.

FAZIT

WOW! Der überrascht mich, gefällt mir sehr, schmeckt lecker, ist gefährlich süffig. Wenn ich einen Vergleich ziehen soll – rein vom Eindruck, nicht vom Geschmack – dann mit dem gleich alten Blair Athol derselben Reihe. Der Glen Garioch ist genauso toll und das für einen sehr fairen Preis.

Vielen Dank an Ralph Gemmel von Caminneci – Wine & Spirit Partner für das Sample.

LINKS

Destillerie: http://www.glengarioch.com/
Abfüller: http://www.wine-and-spirit-partner.de/
Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whisky/92783/glen-garioch-2011-cs

Tasting-Notes #0030

Ballechin 12yo Manzanilla Cask

Wer meinen Whiskygeschmack kennt, weiß, dass ich mein Herz an getorfte Whiskys verloren habe. Kommen die üblicherweise von Islay und dort bevorzugt von Kilchoman oder Bruichladdich, gibt es auch abseits dieser Insel interessante Alternativen. Eine solche hatte ich heute im Glas: Einen Ballechin, der 12 Jahre im Manzanilla-Fass reifen durfte.

WAS

Name: Ballechin 12yo Manzanilla Sherry Cask Matured
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Edradour
Region: Highlands
Abfüller: Edradour für Kirsch Whisky
Alter: 12 Jahre
Fasstyp: Manzanilla Sherry Cask
Fassnummer: 278
Alkoholgehalt:  55,6 %
Flaschen: 495
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: ca. 90,00 EUR

DESTILLERIE

Edradour, seit kurzem mit dem Untertitel „Scotland’s little gem“ werbend, ist die kleinste schottische Brennerei. Gerade einmal 90.000 Liter werden pro Jahr destilliert. Um das einzuordnen: Tomatin produziert in einer Woche mehr Whisky als Edradour in einem Jahr. Die derzeit größte schottische Brennerei, Loch Lomond, benötigt für diese Menge nicht einmal drei Tage. Allerdings wird sich diese Menge in diesem Jahr spürbar ausweiten. Zum einen baut Edradour neue Lagerhäuser und im Zuge dieser Erweiterung auch eine zweite Destille. Auf dieser wird dann die Marke Edradour produziert, während auf der bisherigen künftig ausschließlich die getorfte Variante Ballechin destilliert wird. Zum anderen hat Edradour bisher im Ein-Schicht-Betrieb destilliert, wechselt mit der Erweiterung seiner Lagerkapazitäten und dem Bau der zweiten Destillerie, der im Herbst 2017 abgeschlossen sein soll,  aber auf einen Zweischicht-Betrieb. Ob der Untertitel im Namen dann rein inhaltlich noch passt, bleibt abzuwarten. Laut den Tour Guides der Destillerie geht der Name übrigens auf das gälische „Eadar Dhà Dhobhar“ zurück, das „zwischen zwei Flüssen“ bedeutet. Vermutlich bereits 1825 gegründet, befindet sich die Destillerie seit 2002 im Besitz von Andrew Symington, dem auch Signatory gehört. Fun fact am Rande: Wären die beiden Brennblasen nur etwas kleiner, würde die Destillerie als Schwarzbrennerei gelten, da die Steuerbehörden sie dann als transportabel einstufen würden.

ABFÜLLER

Bei dieser Abfüllung handelt es sich um ein Bottling der Destillerie selbst.

AUGE

Ein schöner dunkler Farbton ist es mit einem deutlichen rötlichen Stich.

NASE

Der erste Eindruck ist sehr frisch, grasig. Anschließend gesellen sich geräucherter Speck, Weintrauben und Popcorn dazu. Mit etwas Zeit im Glas dominiert Rauch und wird dabei von einer trockenen Süße gestützt. Noch später wird es fruchtig, die Weintrauben scheinen aber bereits getrocknet. Ein sehr vielversprechender Potpourri.

MUND

Sanft und weich legt er sich zunächst auf die Zunge. Der Eindruck wird jedoch schnell vom Rauch eingeholt. Leicht trocken wird der Mundraum dabei, das Mundgefühl wechselt zu Asche. Begleitet wird das von fruchtigen Aromen, Rosine ist schon dabei, auch wenn es leicht bitter wirkt. Schokolade ist auszumachen, dunkel ist sie. Eine leichte Erdigkeit mache ich aus. Und der Speck findet sich ebenfalls wieder.  Allerdings ist mein Eindruck, um es mal so zu formulieren, mehr Räucher als Speck. Mir gefällt’s.

HALS

Wie so oft bei getorften Whiskys ist der bleibende Eindruck lang. Den Rauch wirst du so schnell nicht wieder los. Was mich durchaus freut. Auch der Speck und die Süße halten sich fast genauso lange. Ein schöner Abgang.

FAZIT

Meine bisherigen Versuche mit Edradour waren durchaus unterschiedlich. Von geht „gar nicht“ bis zu den Natural Cask Strength, die ich als „sehr lecker“ empfand, war alles dabei. Dieser Ballechin fällt auf jeden Fall in die zweite Kategorie. Rauchige, erdige Noten, gepaart mit einer schönen Süße – mein Ding. Und angesichts dessen bin ich schon gespannt auf die parallel erschienene Version aus dem Burgundy-Fass. Die Ergebnisse folgen in Kürze.

Danke an Pascal Penderak von Kirsch Whisky für das Sample

LINKS

Destillerie: http://www.edradour.com/
Importeur: https://www.kirschwhisky.de/
Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whisky/90544/ballechin-12-year-old

Tasting-Notes #0029

Ben Nevis 1996 BD

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WAS

Name: Ben Nevis
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Ben Nevis
Region: Highlands
Abfüller: Best Dram
Alter: 20 Jahre
Fasstyp: Sherry Butt
Fassnummer: keine Angabe
Alkoholgehalt:  52,8 %
Flasche: 250 
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis (ab Januar 2017): voraussichtlich 99,00 EUR

DESTILLERIE

Ben Nevis, Namensgeber der Destillerie, ist mit 1.345 m der höchste Berg Schottlands, der „Berg mit dem Kopf in den Wolken“, wie sich der Name übersetzen lässt. Wie zutreffend das ist, kann man anhand einer Webcam regelmäßig sehen (Link siehe unten). Ungefähr sechs Kilometer nordwestlich vom Gipfel liegt die gleichnamige Destillerie in der Nähe von Fort William und gehört damit zu den schottischen Highlands. 1825 durch „Long“ John MacDonald gegründet erlebte sie wie viele andere Destillerien mehrere Besitzerwechsel. Auch Stilllegungen gehören zur Geschichte der Brennerei. Nach der Übernahme durch den japanischen Nikka-Konzern im Jahr 1989 wird seit 1990 auch endlich wieder produziert. Mit einem Produktionsvolumen von rund 2 Mio Litern pro Jahr zählt die Destillerie noch zum unteren Mittelfeld in Schottland.

ABFÜLLER

„Best Dram“ – ein Name der auf den ersten Blick mutig klingt. Schließlich versuchen alle, den besten Whisky abzufüllen. Hintergrund des Namens ist aber, wie Michel Reick, einer der beiden Inhaber erläutert, dass keine Whiskys abgefüllt werden, die ihn und seinen Geschäftspartner Mike Müller nicht 100%ig überzeugen. „Wir füllen halt nicht so la-la ab und auch nicht irgendwas halbgares, sondern nur das, was wir für das Beste halten.“ Ich durfte schon einige Whiskys dieses im westfälischen Nottuln beheimateten unabhängigen Abfüllers probieren und bin der Meinung: Die beiden haben mit ihrer Namensgebung Recht. Aber genug der Vorrede, es ist an der Zeit, sich diesem neuen Kandidaten zu widmen.

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FARBE

Richtig satt honiggelb sieht der Dram aus. Eine Farbe, die mich begeistert.

NASE

Als erstes nehme ich eine leicht würzige, kräuterhaltige Note wahr, wie ich sie schon bei manchem Highland-Whisky fand. Hier wird sie allerdings begleitet von einem Grasgeruch, der dem Dram eine sehr angenehme Frische verleiht. Doch sofort drängt eine tolle Süße in den Vordergrund, die ich noch nicht ganz genau einordnen kann. Süßer Popcorn ist der erste Gedanke. Da ich mir aber nicht ganz sicher bin, lasse ich den Dram erst einmal stehen und beginne mit der Recherche der Hintergrundinformationen. Ungefähr 20 Minuten später hat sich die Frische verflüchtigt. Der Dram wirkt nun voller, schwerer. Die Süße ist noch um einiges deutlicher geworden und lässt sich für mich auch besser zuordnen. Ein Honig ist es, der meine Nase kitzelt, ein schöner leicht würziger Kräuterhonig. Getragen werden die Aromen von eine Mischung aus trockenem Keks und Haferflocken. Für mich eine schöne Ergänzung zur Süße. Und im Mund?

MUND

Schmeichelnd süß legt sich der erste Nipp auf die Zunge, weich in der Textur aber geschmacklich doch mit leichten Kanten. Süß ist er, sehr süß, geradezu vollmundig süß. Daneben sind die Kräuter zu schmecken. Vor meinem Auge baut sich ein Bild aus Rosinen und Heidekraut eingelegt in Honig auf. Ja, so lässt sich der Geschmack in etwa beschreiben. Ein paar Birnen obendrauf, reife weiche Birnen. Hinten raus wird die Kräuternote etwas deutlicher und stellt sich mir als ein Hauch von Thymian dar. Passt sehr gut zum Honig! Noch ein wenig Holz dazu aus den 20 Jahren im Fass und fertig ist der heutige Best Dram. Okay, so heißt er. Aber auch er trägt dieses Etikett zu Recht. Eine schöne, ausgewogene Mischung verschiedener Aromen, sehr gut ausbalanciert, dazu mit einem cremigen Mundgefühl – mir gefällt er.

HALS

Diese Kombination aus Süße und Würze bleibt lange erhalten. Im Hals und auch tiefer verrät der Dram in jedem Augenblick, wo er gerade ist und wärmt dabei sehr angenehm.

FAZIT

20 Jahre – so alt werden angesichts der gestiegenen Nachfrage nicht mehr viele Whiskys. Hier hat sich das Warten auf jeden Fall gelohnt. Die Spuren des Fasses sind noch nicht zu stark ausgeprägt, gerade so, dass sie einen Kontrapunkt zur bemerkenswerten Süße setzen. Der Respekt vor seinem Alter gebietet es, ihm die nötige Zeit im Glas und im Mund zu geben. Er dankt es mit einer tollen Aromenvielfalt. Mir bleiben zwei Dinge zu sagen: Well done, Michel und Mike! Und: Vielen Dank für das Sample. Wer sich selbst einen Eindruck machen möchte, muss sich allerdings noch ein wenig in Geduld üben. Die Flaschen werden erst im Januar 2017 abgefüllt und anschließend auf dem deutschen Markt erhältlich sein.

Vielen Dank an Michel Reick für das Sample.

LINKS

Whiskybase: noch kein Eintrag vorhanden
Destillerie: http://www.bennevisdistillery.com/
Abfüller: http://best-dram.de/
Webcam Ben Nevis: http://bit.ly/webcam_ben_nevis

Tasting-Notes #0020

Breichin 7yo C&S

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WAS

Name: Breichin 7yo
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Fettercairn
Region: Highlands
Abfüller: C&S Dram
Destilliert: 2009
Abgefüllt: 2016
Alter: 7yo
Fasstyp: keine Angabe
Fassnummer: keine Angabe
Alkoholgehalt: 46,0 %
Flasche: keine Angabe
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: 39,90 EUR

DESTILLERIE

Fettercairn, in Laurencekirk, Aberdeenshire gelegen, wurde 1824 gegründet und erhielt nach Glenlivet die zweite offizielle Brennlizenz. Nach etlichen Besitzerwechseln wurde die Destillerie vor knapp zwei Jahren an Emperador International Ltd. verkauft, einem auf den British Virgin Islands beheimateten Unternehmen, dem auch Dalmore, Jura und Tamnavulin gehört.

ABFÜLLER

C&S Dram ist die Marke, unter der Andrea Caminneci von Wine & Spirit Partner seit August 2006 Whisky abfüllt. In insgesamt fünf verschiedenen Reihen werden die Whiskys präsentiert. Neben der „Collection“, Einzelfassabfüllungen in Fassstärke ohne Schnickschnack und daher günstig, gibt es noch die Reihe „Good“, die in Trinkstärke bis 50,0 % daher kommt, „Senior“ mit mindestens 20 Jahre alten Whiskys, „Regional“ für vatted Whiskys, die eine Region präsentieren und zuletzt noch „Exceptional“ für wirklich außergewöhnliche Fässer.

Ein Restbestand noch ungelabelter Flaschen dieser Fettercairn-Abfüllung wurde vom Whiskyhort übernommen und unter eigenem Label auf den Markt gebracht. Ihren Namen erhielt diese Abfüllung vom in der Nähe der Destillerie gelegenen Dorf Brechin, auf gälisch Breichin.

FARBE

Ein helles Strohgelb macht Appetit auf den Dram.

NASE

Der erste Eindruck ist frisches Gras mit Blumen. Eine üppige Frühlingswiese. Daneben macht sich ein satt malziger Geruch breit. Nach ein paar Minuten im Glas gesellen sich Anklänge gelber Frucht dazu. Das erinnert mich am ehesten an reife Birne. Lasse ich ihm noch etwas mehr Zeit, wird er zunehmend würziger.

MUND

Holla! Der erste Nipp wirkt recht kräftig, trotz der „nur“ 46,0 %. Würzige Noten, Kräuter umschmeicheln den Gaumen. Schmeicheln, weil der Fettercairn dennoch weich bleibt und ein angenehmes Mundgefühl hervorruft. Die fruchtigen Noten aus das Nase verstecken sich jetzt aber deutlich, sind kaum noch wahrzunehmen. Statt dessen Keks, wieder eine malzige Süße. Sehr schön! Erst ganz am Ende taucht noch einmal etwas Frucht auf. Irgendjemand hat einen Klecks Marmelade auf den Keks getan. Scheint tatsächlich Birne zu sein. Insgesamt sehr lecker.

HALS

Kräftig würzig verschwindet er und bleibt mittellang im Nachgeschmack.

FAZIT

Ein nicht allzu komplexer, aber sehr gefälliger Whisky. Für kleines Geld macht er Spaß und das bei Gefallen auch jeden Tag.

Danke an den Whiskyhort Oberhausen für das Sample.

LINKS

Whiskybase: noch kein Eintrag

Destillerie: http://www.fettercairndistillery.co.uk/

Abfüller: http://www.wine-and-spirit-partner.de/

 

Tasting-Notes #0013

Tullibardine 2006 WCh

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WAS

Bei dem für die heutigen Notes bereitstehenden Whisky handelt es sich um einen Tullibardine. Destilliert am 30. Juni 2006, wurde er in drei verschiedene Fässer abgefüllt.

  • ex-Bourbon Barrel (200 Liter Fassungsvermögen)
  • ex-Rum Barrel (200 Liter Fassungsvermögen)
  • ex-Sherry Hogshead (250 Liter Fassungsvermögen)

Nach 10 Jahren wurden die drei Fässer am 7. Juli 2016 gebottlet. So kann wunderbar demonstriert werden, welchen Einfluss ein Fass auf das Destillat hat. Abgefüllt wurde der Whisky anlässlich des 10-jährigen Firmenjubiläums von The Whisky Chamber.

DESTILLERIE

Tullibardine ist eine Destillerie in den schottischen Highlands, genauer: in Blackford, nordwestlich von Edinburgh. Erste Erwähnungen, damals als Brauerei, reichen bis in das Jahr 1488 zurück. Das Wasser bezieht die Destillerie aus den umliegenden Ochil Hills. Es übrigens das gleiche, das als Highland Spring Water abgefüllt wird. Seit 1949 wird bei Tullibardine Single Malt Whisky produziert. 1995 vom damaligen Eigentümer Whyte & Mackay eingemottet, wurde die Destillerie 2003 vom neuen Eigentümer Tullibardine Distillery Ltd. wieder eröffnet. 2011 erfolgte schließlich der Verkauf an das französische Unternehmen Picard Vins & Spiritueux. Die Produktionskapazität liegt heute bei 2,7 Mio. Litern pro Jahr.

ABFÜLLER

The Whisky Chamber, 2006 von Thomas B. Ide gegründet, ist als unabhängiger Abfüller tätig. Er selbst wurde Ende der 70er zu einem Fan des uisge beatha. Vom badischen Rheinfelden, nahe der Grenze zur Schweiz gelegen, ist es zwar ein weiter Weg, bis nach Schottland, aber der Inhaber nimmt ihn auf der Suche nach neuen Abfüllungen immer wieder gern in Kauf. Dabei hat er im vergangenen Jahrzehnt eine Reihe von ausgezeichneten Abfüllungen herausgebracht, die unter Whisky-Genießern einen sehr guten Ruf genießen. Nicht zuletzt die erste Abfüllung seines Speyside Hero ist, wenn auch schon lange vergriffen, auch heute noch legendär. Geheimnis seines Erfolges ist, dass der Whisky zunächst ihm schmecken muss. Außerdem sucht er nach ungewöhnlichen Abfüllungen. Schließlich gibt es die Standards seiner Meinung nach von den Destillerien selbst. Die heute verkosteten Whiskys wurden übrigens von ihm selbst in die Fässer gefüllt – und das am Tag, bevor er sein Hobby zum Beruf machte.

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BOURBON-FASS

Schottischer Whisky wird klassisch im Bourbon-Fass gereift. Viele Kenner schätzen diese Whiskys, weil sie unverfälscht den Charakter der jeweiligen Brennerei wiedergeben. Daher beginnen meine Notes mit diesem Fass.

Abfüller: The Whisky Chamber
Name: Tullibardine 2006 10yo ex-Bourbon-Fass
Region: Highlands
Fass-Nr.: 385/2006
Flasche: 311/334
Alkoholgehalt: 57,3 %
Aktueller Straßenpreis: Nur als Set erhältlich / 194,90 EUR

FARBE

Ein helles Honiggelb lässt kaum Zweifel aufkommen, dass dieser Whisky aus einem Bourbon-Fass stammt.

NASE

Der erste Eindruck ist recht kräftig, der Alkohol meldet sich zuerst. Schnell verflogen machen sich anschließend deutliche, malzige Noten bemerkbar. Frisches Heu gesellt sich dazu, braune Butter. Getragen wird das durch eine schier unglaubliche Vanille-Süße. Die Aromen sind insgesamt sehr kraftvoll, voluminös, sind von Anfang an sehr präsent.

MUND

Anders als in der Nase kommt der erste Schluck im Mund weich und sanft daher. Den fassstarken Alkohol bemerkt man erst spät. Gleichzeitig fällt mir auf, dass die Süße weniger ausgeprägt ist. Im Gegenzug machen sich die malzigen Eindrücke stärker bemerkbar. Dazu gesellen sich kräftige, würzige Aromen. Leder drängt sich mir als Assoziation auf, dazu leichte Holznoten. Kurz bevor ich ihn aus dem Mundraum entlasse, meine ich noch Shortbread zu schmecken. Diese Abwechslung gefällt mir. Meine Geschmacksknospen haben viel, woran sie sich festhalten können. Insgesamt ist der Whisky sehr beeindruckend, sehr voluminös.

HALS

Lang ist der Abgang, wunderschön lang und kräftig.  Malz und diese Shortbread-Aromen dominieren jetzt im Gleichklang mit der ledrigen Note.

FAZIT

Ehrlich, geradeaus, direkt, dabei vollmundig mit einem schönen Wechselspiel an Aromen. Ein toller Malt aus dem ex-Bourbon-Fass. Nein, einer der besten, die ich je getrunken habe!

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RUM-FASS

Abfüller: The Whisky Chamber
Name: Tullibardine 2006 10yo ex-Rum-Fass
Region: Highlands
Fass-Nr.: 383/2006
Flasche: 189/313
Alkoholgehalt: 57,0 %
Aktueller Straßenpreis: Nur als Set erhältlich / 194,90 EUR

FARBE

Zu meinem Erstaunen ist die zweite Variante etwas heller. Fast wie ein Weißwein schimmert er im Glas. Das hätte ich so nicht erwartet.

NASE

Süß ist er auf Anhieb. Aber es ist keine typische Rum-Süße. Am ehesten erinnert sie mich an ein Ex-Bourbon-Fass, allerdings mit einem Hauch Zuckerrübensirup versetzt. Etwas kräftiger riecht er, eine ganz leichte Würze schwingt mit. Gesüßte Frühstückscerealien kommen mir in den Sinn. Nach ein paar Minuten gesellt sich eine nur entfernt wahrnehmbare Fruchtnote dazu, die ich zunächst nicht direkt einsortieren kann. Noch einen Moment später entpuppt sie sich als Mango. Die Fassstärke ist jedoch nicht zu erahnen.

MUND

Dort zeigt sie sich jedoch erst einmal, zumindest bei der ersten Berührung. Der zweite Nipp ist weicher, wirkt leicht cremig, sehr angenehm. Recht schnell wird mir jedoch klar: Wieder keine Rum-Süße. Statt dessen macht er einen kräftigen Eindruck. Umspielt von der Cerealien-Süße schmecke ich holzige Noten, etwas Leder. Die Frucht scheint ganz verschwunden. Dennoch gefällt er mir. Weil er ungewöhnlich ist. Weil er Ecken und Kanten hat. Nach hinten raus wird er stärker, ist der Alkohol deutlicher spürbar. Er prickelt angenehm auf der Zunge und der Mundraum wird etwas trocken

HALS

Seinem ex-Bourbon-Fass-Bruder steht er hier kaum nach. Ebenfalls lang und wärmend mit tollen würzigen Noten. Herb und trocken bleiben Mund und Hals zurück.

FAZIT

Ein ungewöhnliches Rum-Fass, in der Tat. Ohne das Etikett hätte ich darauf nicht getippt. Whiskys aus dem Rum-Fass kenne ich bisher deutlicher süßer, tatsächlich Rum-lastiger. Nicht zuletzt, dass dieser Tullibardine anders ist, macht ihn für mich sehr interessant. Dennoch bleibt die Frage, was das für ein Rum war, der das Fass vorher bewohnte.

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SHERRY-FASS

Abfüller: The Whisky Chamber
Name: Tullibardine 2006 10yo ex-Sherry-Fass
Region: Highlands
Fass-Nr.: 389/2006
Flasche: 400/449
Alkoholgehalt: 59,5 %
Aktueller Straßenpreis: Nur als Set erhältlich / 194,90 EUR

FARBE

Ein wunderschöner, warmer Mahagoni-Ton strahlt mir entgegen. In der Flasche noch sehr dunkel, Dark Sherry halt, ist er im Glas deutlich heller.

NASE

Okay, der verleugnet seine Herkunft nicht. Volle, schwere Sherry-Aromen empfangen meine Nase. Kräftige Rosinen, wie in einem guten Malaga-Eis, dunkle Schokolade, Brombeeren, Schattenmorellen nehme ich wahr, ebenso einen Hauch von Pfirsich. Ein toller Kompott. Aber auch das Alter ist zu erahnen. Erste Eindrücke vom Fass hinterlassen ihre Spuren. Dazu dunkler Toffee wie der, den mein Vater immer aus England mitbrachte. Und obwohl der nominell stärkste, ist der Alkohol so gut eingebunden, dass man ihn fast gar nicht wahrnimmt.

MUND

Sofort werden die Erinnerungen an die 9-jährige Abfüllung vom letzten Jahr wach. Ähnlich vollmundig ist er. Der gleitet sanft und rund in jede Ecke, hinterlässt überall unglaubliche Aromen. Die Süße ist dabei nicht so aufdringlich, sondern wechselt sich mit den herben Tönen der Eiche ab. Leder gesellt sich dazu. Daneben breiten sich die Früchte aus. Ich glaube fast, die Brombeeren kauen zu können, die Kirschen rollen nur so hin und her. Dann wieder die Schokolade, Zartbitter scheint es zu sein. Ein faszinierendes Wechselspiel der Aromen, das mir besser gefällt als im letzten Jahr der etwas jüngere Bruder. Der Alkohol? Fällt nicht wirklich auf, dass er knapp 60 % hat. Sehr gut eingebunden, was diese Abfüllung schön harmonisch macht.

HALS

Kraftvoll, mit viel Eindruck verschwindet er. Die Früchte zuerst, es bleiben die Eiche und das Leder. Im direkten Vergleich etwas kürzer als seine beiden Brüder, aber das ist nicht der Rede wert.

FAZIT

Der Sherry-Abfüllungen derzeit grundsätzlich etwas überdrüssig, vermag diese mich zu begeistern. Dass die Süße, die typischen Sherry-Aromen nicht dominieren, gefällt mir. Sehr ausgewogen wirkt er durch den Gegensatz der herben Noten.

 

GESAMTFAZIT

Chapeau Thomas, wieder einmal ist dir etwas tolles gelungen! Jede der drei Abfüllungen gefällt mir richtig gut. Teils ungewöhnlich, überraschend, wissen sie alle zu überzeugen, jede auf ihre Art. Gibt es für mich eine Reihenfolge? Ja, aber mit minimalen Abständen. Dritter ist der aus dem Rum-Fass. Für sich betrachtet, klasse, auch weil er so gar nicht typisch Rum-Fass ist. Aber er hatte zwei starke Gegner. Der aus dem Sherry-Fass belegt den zweiten Platz. Ausgewogen, tolle Aromen, die lange faszinieren. Das eine zusätzliche Jahr hat ihm gut getan. Mein persönlicher Favorit ist jedoch die Abfüllung aus dem ex Bourbon-Fass. Warum? Weil es für mich eine der großartigsten Abfüllungen dieses Genres ist. Der hat mich richtig umgehauen!

Danke an den Whiskyhort Oberhausen für die Samples

 

LINKS

ex Bourbon: https://www.whiskybase.com/whisky/86016/tullibardine-2006-wch

ex Rum: https://www.whiskybase.com/whisky/86017/tullibardine-2006-wch

ex Sherry: https://www.whiskybase.com/whisky/86018/tullibardine-2006-wch

Destillerie: http://www.tullibardine.com/

Abfüller: http://www.whisky-chamber.com/

 

 

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