Scotch Universe – 4th Rocket Launch

Samstag Morgen, es ist noch still im Haus, der erste Kaffee hat die Lebensgeister geweckt. Aus dem Lautsprecher klingen die „Ultimate Hits Of The Seventies“ – und das für die nächsten neun Stunden. Zeit genug, das neue Bottling von Scotch Universe unter die Lupe zu nehmen. Und das braucht Zeit, denn das Bottling hat es in sich. Dreimal unpeated, dreimal peated. Drei Speysider, ein Highlander, zwei kommen von Islay. Der Durchschnitt liegt im Alter bei sieben Jahren und acht Monaten und beim Alkoholgehalt bei knapp über 61,0 %. Also nicht lang schnacken, einschenken und atmen lassen.

PROXIMA ALPHA I

Eckdaten: Speyside – 8yo – Refill Bourbon Hogshead – 60,1 %

Auge: Refill Bourbon Hogshead, das könnte die sehr helle, an jungen Weißwein erinnernde Farbe erklären. Der Schwenk im Glas bringt recht feine Legs, die sich schwer tun, wieder ins Glas zu laufen.

Nase: Frisch, leicht, fruchtig, spritzig, so ist der erste Eindruck. Schöne Fruchtaromen, etwas Honigmelone, junge, helle Weintrauben und vor allem viel weiße Johannisbeeren lassen sich ausmachen. Nach und nach gesellen sich dann malzige Noten hinzu, gehen in Cerealien, Butterkeks, Weißbrot über. Das wird den Früchten offensichtlich zu viel, denn sie ziehen sich langsam zurück, lassen dem Teig den Vorrang. Schön abwechslungsreich und das Interesse weckend. Alkohol ist fast nicht auszumachen.

Mund: Noch bevor ich die erste Aromen identifizieren kann, bekomme ich aus dem Mund die Rückmeldung einer samtigen, fast öligen Flüssigkeit, die für ein volles Mundgefühl sorgt. Dann wird es süß, fruchtig. Erst nach rund zehn Sekunden spüre ich den Alkoholgehalt von 60,1 % durch ein leichtes Kribbeln auf der Zunge. Helle Weintrauben, frische grüne Birne, darüber wieder jede Menge Johannisbeeren, die aber dunkler werden. Vanillezucker wechselt sich mit Butterkeks ab, ein Hauch von Thymian ist auszumachen, gerade so, dass die Süße getragen wird. Das Weißbrot scheint nun leicht angetoastet, bevor zum Ende eine ganz schwach bittere Holznote die Aromen wundervoll einfängt und abrundet.

Hals: Geschmeidig fühlt er sich im Abgang an, cremig. Fruchtige Süße mit ein wenig Spritzigkeit ist auszumachen und bleibt mittellang.

Fazit: Eine tolle Textur gepaart mit viel Frucht, dabei für über 60 % Alkohol erstaunlich mild. Toller Einstieg.

ANTARES I

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,3 %

 

Auge: Der neunjährige aus dem Sherry Butt hat die Farbe von Weißwein und der Schwenk im Glas bildet dünne Legs, die ölig langsam wieder ins Glas hinabrinnen. So weit die Ähnlichkeit zum ersten Dram.

Nase: Schöne malzige, dennoch leichte Aromen steigen mir entgegen. Ich nehme Wildblütenhonig wahr, eine Spur Plattpfirsich, am Rand etwas beeriges, nur eine Spur. Ich kann nicht genau identifizieren, ob es Erdbeeren oder Himbeeren sind. Frische und eine im doppelten Wortsinn leichte Grasigkeit runden den nasalen Eindruck ab. Das wirkt schon recht ausbalanciert.

Mund: Erstaunlich! Auch dieser fühlt sich weich und cremig an, wirkt mild, breitet sich angenehm im Mund aus. Erstaunlich? Ja, weil er mit 64,3 % abgefüllt wurde. Vierundsechzigkommadreiprozent! Ich brauche einen Moment, um mich wieder zu sammeln, nehme dann Malz wahr, die Süße von Honig. Der Plattpfirsich ist präsenter, Honigmelone ergänzt die Fruchtnoten. Die Süße wandert von Honig eher in Richtung Marshmallows. Zusätzlich gewinnt der Antares an Würze. Absolut faszinierend finde ich, dass der Alkohol bis zum Schluss kaum spürbar wird. Auch wenn ich den Nipp länger im Mund behalte, dauert es, bis die Geschmacksknospen entsprechende Rückmeldung geben.

Hals: Ha, geht doch! Ist der Mund erst einmal leer, sorgen die 64,3 % doch noch für den Aha-Effekt. Für einen Moment gilt diesem die volle Konzentration, dann bemerke ich die Süße und Malzigkeit im Abgang, die mittellang bleiben

Fazit: Ein tolles, sehr harmonisches Aromenspiel mit einem unglaublich gut eingebundenen Alkohol, bis er am Ende dann doch grinsend um die Ecke kommt. Und das ist ein eher diabolisches Grinsen. Mir gefällt es, Punkt.

POLLUX II

Eckdaten: Speyside – 9yo – Sherry Butt – 64,5 %

Auge: Noch ein Speysider, noch einmal neun Jahre alt, noch einmal Sherry Butt. Wundert es, dass die Farbe recht ähnlich ist? Nein, nicht wirklich. Gut, einen Tick dunkler ist der Dram im Glas, sieht golden aus. Die feinen Legs verbinden sich schnell, werden breiter und laufen nur sehr langsam wieder ins Glas.

Nase: Schon beim Einschenken breiten sich frische, blumige Aromen aus. Erst die Nase direkt über dem Glas stellt fest, wie gehaltvoll und komplex diese doch sind. Rote Äpfel mache ich aus, frische Sahne, dann Safran. Die Süße ist insgesamt sehr fruchtig, bringt einen Hauch Vanille mit. Apfelgelee kommt mir in den Sinn. Etwas länger im Glas werden die Noten zunehmend malziger und ich meine, eine Spur Gewürze wahrzunehmen, ohne diese allerdings in ihre einzelnen Bestandteile zerlegen zu können.

Mund: Dermaßen angeregt bin ich gespannt auf den Geschmack. Weich ist das Mundgefühl – zunächst. Denn es folgt quasi mit kleinen Startschwierigkeiten ein kräftiger Antritt. Den Alkohol versteckt der Dram nicht, verrät aber auch nicht, dass hier 64,5 % losspurten. Der ist gehaltvoll im ersten Eindruck – und bleibt es auch. Würzigkeit, die ich als leichte Holznote interpretiere. Die Äpfel sind nicht mehr so dominant wie in der Nase, aber immer noch sehr präsent. Demarara-Zucker, eine Spur Kardamom, etwas Spekulatius wechseln sich ab. Alles harmonisiert miteinander, wirkt wie fein komponiert, bewusst aufeinander abgestimmt.

Hals: Die süße Würzigkeit klingt mittellang aus, wärmt wohlig und wird zum Schluss trockener.

Fazit: Der ist gehaltvoll, bringt winterlich stimmende Aromen – klasse! Bisher mein Highlight.

ANDROMEDA IV

Eckdaten: Highlands – 7yo – Jamaika Rum-Cask – 58,1 %

Augen: Auch dieser unterscheidet sich farblich nicht groß von den anderen. Golden schimmert der Dram im Glas, bildet feine Legs aus, die aber schnell dicker werden.

Nase: Trockener, kalter Rauch empfängt meine Nase, wirkt dabei verhalten. Vanille und Teig rieche ich dann, Da hat doch jemand gerade Scones gebacken. Dazu eine frische Note, ja das sind Zitronenzesten. Diese verblassen mit der Zeit, dafür kommt Vanillezucker durch. Ein insgesamt sehr interessantes Zusammenspiel.

Mund: Für einen Moment recht weich und mild, bevor sich der Rauch bemerkbar macht. Deutlicher als in der Nase. Trocken und immer noch nicht zu ausgeprägt. Gemeinsam mit der Vanille bemerke ich eine zuckrige Süße, bevor der Rauch dann aber kräftig darauf aufmerksam macht, dass er da ist. Malz und die Scones mildern das anschließend direkt wieder. Der Andromeda wird süß, zuckersüß. Zusammen mit dem Teig kann das nur eins bedeuten: Ommas Butterkuchen! Lecker! Und ja, Omma. So heißt dat hier.

Hals: So geht es auch im Hals weiter. Eine rauchige, wärmende Süße bleibt lange erhalten.

Fazit: Diese Kombination aus Süße und Rauch gefällt mir. Aufgrund der Fassangabe hatte ich andere Aromen erwartet. Bin ich enttäuscht, sie nicht zu finden? Nicht wirklich, denn das, was ich rieche und schmecke, gefällt mir gut.

CALLISTO III

Eckdaten: Islay – 5yo – St. Martinique Rum-Cask – 56,9 %

Auge: Ein schönes goldgelb scheint mir entgegen. Die Legs sind relativ breit und schwer. Sie lassen sich Zeit.

Nase: Der Rauch ist diesmal warm, mischt sich mit braunem Zucker, mit Rosinen. Tropische Früchte finde ich, eine Spur Banane, Maracuja sorgt für ein wenig Spritzigkeit. Ansonsten dominiert eine volle, schwere Süße, die aus einem Korb voller reifer Tropenfrüchte zu stammen scheint. Sehr komplex und vielschichtig. Das finde ich für einen fünfjährigen Malt durchaus bemerkenswert.

Mund: Voller, warmer Rauch breitet sich sofort im ganzen Mundraum aus. Richtig satt ist das Aroma. Die anderen haben es schwer und müssen sich erst einmal durchkämpfen. Nach und nach gelingt es ihnen jedoch. Brauner Zucker ist zu schmecken, überreife Banane, Pflaumen, und Karamell. Das wirkt so vollmundig, ölig und cremig, dass es eine Wonne ist. Solche Vielfalt in einem so jungen Malt hatte ich bisher selten. Und es bleibt spannend, denn immer wieder drängt der Rauch nach vorne und scheint alles andere durchzumischen. Jeden Nipp kann man getrost einige Zeit im Mund lassen und genießen. Der Alkohol ist sauber eingebunden und stört nicht.

Hals: Der Rauch kam als erster und geht als letzter. Daneben bleibt diese schwere Süße mittellang erhalten.

Fazit: Eine fantastische Kombination von heftigem Rauch und schwerer Süße mit exotischen Aromen.

IO II

Eckdaten: Islay – 8yo – Bourbon Hogshead – 62,3 %

Auge: Der bringt mal farbliche Abwechslung. Was ich wiederum erstaunlich finde. Jedenfalls hätte ich blind nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein Bourbon Hogshead der dunkelste Teilnehmer im Feld ist. Ein dunkles Gelbgold mit einem Stich ins Rötliche erwartet mich. Außerdem spindeldürre Legs, die kaum wieder ins Glas wollen.

Nase: Der Rauch versteckt sich zunächst hinter einer fruchtigen Süße. Ich bin überrascht, Tiramisu wahrzunehmen, schön klassisch – und als Extra ein Hauch Erdbeerpüree als Verzierung obendrauf. Als ich mich an diese besondere Kombination gewöhnt habe, entzieht sie sich mir wieder und macht Platz für malzige Noten. Jetzt wird es eher klassisch Bourbon-Fass. Die Süße verändert sich zu einer vanilligen. Zum Schluss wird es noch fleischig. Räucherspeck kommt ins Spiel. Nein, halt kein Räucherspeck. Das ist Bacon, gerade leicht kross angebraten und nun neben der Pfanne auf dem Küchentuch zum abkühlen ausgelegt. Hatte ich schon länger nicht mehr und das gefällt mir immer noch sehr!

Mund: Aus Vanille stammende Süße schießt voran, brauner Zucker folgt und bringt noch mehr Süße, bevor sich der Rauch wie ein wärmender Mantel darüber legt. Cremig und ölig fühlt sich auch dieser Nipp im Mund an. Die 62,3 % sind nicht in der Stärke auszumachen. Auch hier britzelt es erst nach rund zehn Sekunden auf der Zunge. Bis dahin hat sie aber noch erdigen Rauch wahrgenommen, den leicht angebratenen Bacon, der sich hier noch eine Spur deutlicher als in der Nase findet. Zum Ende hin wird der Rauch trockener und erst zum Schluss spürt man den Alkohol dann doch deutlicher.

Hals: Das mittellange Finish bereitet mir mit deutlichem Rauch und glasiertem Bacon große Freude.

Fazit: Ein klassischer, getorfter Islay ohne großes Chi-Chi. Großartig!

Randnotiz: Ein Sample des IO hatte ich bereits im September verkosten dürfen (https://leben-mit-genuss.de/neues-von-scotch-universe). Die restliche Reifezeit hat die Aromen doch noch ein wenig verändert, wie ich im Nachgang feststellte. Jetzt gefällt er mir noch besser.

RESÜMEE

Die Verkostung hat sich letztlich doch über zwei Tage gezogen. Gut so, denn jeder Malt hatte dadurch die ihm gebührende Zeit und Aufmerksamkeit. Mir hat es Spaß gemacht und ich bin davon überzeugt, dass viele hier mindestens eine Abfüllung für den heimischen Gebrauch finden werden. Die Antwort auf die übliche Frage nach dem einen Favoriten fällt mir bei der Auswahl wieder schwer. Ich versuche es anders herum: Es sind sehr unterschiedliche Malts mit zum Teil ungewöhnlichen Fasslagerungen. Alle haben mich auf ihre Art fasziniert und ich bin froh noch Reste für den weiteren Genuss zu haben. Erstaunlich fand ich die gute Einbindung der doch recht kräftigen Alkoholstärken. Lag es ein meiner Tagesform, oder ist das durchgehend der Fall? Ich werde es bei weiteren Gelegenheiten herausfinden. Dennoch gibt es zwei, die für meinen Geschmack die Nase vor den restlichen haben. Ein Foto-Finish ist das nicht, es liegen aber auch nicht Welten zwischen den Kandidaten. Bei den ungetorften gefällt mir der Pollux am besten. Das mag aber auch an der Jahreszeit liegen, in der er hervorragend passt. Die anderen beiden versuchen mit ihren teils deutlich fruchtigen Aromen den Sommer noch ein wenig hinauszuzögern. Auch das wird Freunde finden. Bei den getorften Vertretern liegt in dieser Runde der IO vorne. Der Abstand vor dem Callisto ist knapper als der Vorsprung des ungetorften Gewinners. Aber die eher klassisch wirkende Ausprägung des IO liegt für mich noch einen kleinen Tick vor dem sehr faszinieren Rum-Cast des Callisto.

Die Malts sind bereits in Deutschland eingetroffen und werden in den nächsten Tagen in den Verkauf gehen. Dann werden auch die Preise bekannt gegeben – auf die ich auch sehr gespannt bin. Die Destillerien habe ich bewusst nicht verraten, damit ihr noch Spaß bei der Suche habt.

An dieser Stelle herzlichen Dank an Michel Reick und Alexander Springensguth von Scotch Universe für die Samples. Meine Meinung wurde davon jedoch nicht beeinflusst.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tasting-Notes #0038 bis #0043

Brothers in Malt – Bottling Oktober 2017

„Brüder im Geiste“, ein geflügeltes Wort für Menschen, die sich in ihrer Einstellung oder Meinung sehr ähnlich sind, das kennt wohl jeder. Aber „Brothers in Malt“, also „Brüder im Malz“? Der Begriff sagt wohl nur wenigen etwas. Dabei handelt es sich um Jeffrey Kaiser, Mark Oellingrath und Christian Vohl, drei Whisky-Freunde aus Solingen und Haan. Anlässlich der Geburt von Christians Tochter sollte es ein besonderes Geschenk geben, einen Whisky, den es so nicht zu kaufen gab. Aus dieser spaßigen Aktion wurde Ernst und die drei gründeten „Brothers in Malt“. Seitdem sind drei Jahre und über fünfzehn Abfüllungen ins Land gezogen, die sich in einer wachsenden Fan-Gemeinde großer Beliebtheit erfreuen. Einer der ersten war ein achtjähriger Ledaig, an dem sich ob seiner grandiosen Qualität die nachfolgenden Abfüllungen messen lassen mussten. Umso spannender, dass im aktuellen Bottling zwei Ledaigs am Start sind, die zu verkosten ich die Ehre und das Vergnügen habe. Noch dazu, da Ledaig nach kleinen, nicht nennenswerten Startschwierigkeiten zu meinen erklärten Lieblingen der Whiskywelt gehört. Ich bin also sehr gespannt!

 

Ledaig 10yo

Als die getorften Abfüllungen der Tobermory Distillery in mein Blickfeld gerieten, handelte es sich um sechsjährige Destillate aus dem ex-Bourbon-Fass. Gerade bei dieser Destillerie ist diese Maturation mein Favorit, offenbart sie doch den Brennereicharakter, der neben einer schönen Torfnote immer auch eine gewisse Dreckigkeit, also Ecken und Kanten mitbringt. Inzwischen liegt der Fokus häufig auf zehnjährigen Abfüllungen. Andere Abfüller haben vergleichbares im Angebot. Das werde ich demnächst mal in einem Quervergleich testen. Doch zunächst zum aktuellen Bottling der Brothers in Malt:

Überraschend hell finde ich das Sample. Es erinnert mich an sehr hellen Weißwein. Ohne den Vergleich zu den anderen Samples sieht es im Glas schon fast klar aus. Nach zehn Jahren ist das schon ungewöhnlich. War es vielleicht ein Refill-Hogshead? Möglich. Fest steht aber, dass abweichend vom Sample die Abfüllung selbst eine Spur kräftiger ausgefallen ist und mit 56,7 % daherkommt.

In der Nase fällt als erstes das schöne malzige Aroma auf, das von etwas Vanille begleitet wird. Auch die Torfnote wirkt zu nächst verhalten. Das täuscht aber, denn ein paar Minuten im Glas öffnen den Malt. Die Aromen werden deutlich kräftiger. So mag ich das! Etwas Salz kommt dazu, getrockneter Rosmarin mischt sich darunter. Etwas später kommt noch eine Fleischigkeit dazu, die mir gut gefällt. Rund und passend macht er mit genau den Ecken und Kanten, die ich an Ledaig liebe, Lust darauf, ihn zu probieren.

Also nicht lang schnacken … nein, nein, nein. So trinke ich meinen Whisky nicht. Erst recht keinen, den ich noch nicht kenne. Vorsichtig nehme ich den ersten Nipp. Das Mundgefühl überrascht mich mit einer erstaunlichen Weichheit. Auch hier ist das Malz als erstes präsent. Das schmeckt nach Cornflakes. Wie bei diesen ist eine leichte Süße vorhanden, die sich nicht in den Vordergrund drängt. Dazu ein Hauch Vanille, sehr fein ausbalanciert. Kaum ist das aufgedröselt, kommt der Alkohol durch. Jetzt wird es kräftig! Nicht unangenehm oder brennend. Die Aromen werden einfach nur deutlich ausdrucksstärker. Jetzt kommt auch der Rauch so richtig zur Geltung, füllt den Mundraum. Aber irgendjemand hat da noch ein paar Kräuter ins Feuer geworfen. Rosmarin ist vorhanden, Thymian kommt dazu. Dadurch bekommt der Rauch eine eigene Note, die ich so von Ledaig noch nicht kannte. Das macht ihn für mich aber spannend und es gefällt mir sehr!

Dieser kräuterige Rauch, gepaart mit einer leichten Süße, ist es auch, was von diesem wundervollen Malt im Hals bleibt. Nach und nach setzt sich die Süße dabei durch und kommt erst hinten raus richtig zur Geltung. Der Eindruck bleibt nicht zu lange erhalten. Das ist in diesem Fall nicht schlimm, man kann sich ja noch einen einschenken.

Fazit: Well done, Brothers in Malt! Ein Ledaig, der mich überrascht. Einerseits die typischen Noten, die ich an Ledaig liebe. Daneben aber frische Aromen von Kräutern, die völlig neue Eindrücke mit sich bringen. Das ergibt eine Kombination, die ich so noch nicht im Glas hatte und die mir sehr gut gefällt!

Ledaig 22yo

Ledaig! 22 Jahre alt! Zumindest für mich die älteste Abfüllung dieser Destillerie, die ich bisher im Glas hatte. Die Whiskybase listet zwar auch über 30-jährige auf. Aber so wie die Brothers in Malt unterwegs sind, dürfte das nur noch eine Frage der Zeit sein. Wie kommt man als unabhängiger Abfüller eigentlich an solch ein Fass? Wie so oft im Leben spielte der Zufall eine gehörige Rolle. Da hatte jemand zusammen mit einem schottischen Freund vor langer Zeit Whiskyfässer gekauft und lagern lassen. Der Freund ist mittlerweile verstorben und so stellte sich dem anderen die Frage, was er als Laie mit den Fässern macht. Da er kurz davor einen Zeitungsartikel über einen Whiskysommelier aus der Nähe gelesen hatte, sprach er diesen an. Der wiederum brachte die Brothers in Malt ins Spiel und so kam zusammen, was zusammen gehört. Ein private cask also. Schöne Geschichte zu diesem Whisky, auf den ich mich sehr freue.

Optisch an helles Stroh erinnernd bilden sich nach dem Schwenk im Glas sehr langsam sehr feiner Schlieren, die sich auf ihrem Weg zurück zum Dram viel Zeit lassen. Auch hier liegt eine Reifung in einem Hogshead vor, auch hier beschleicht mich die Vermutung, dass das Fass nicht zum ersten Mal mit Whisky befüllt wurde. Sehr schön, verspricht das doch, den Brennereicharakter noch deutlicher zu zeigen. Andererseits stellt sich die Frage, wie es mit selbigem nach 22 Jahren im Fass aussieht. Neigen doch gerade getorfte Whiskys dazu, einen Teil ihrer Rauchigkeit zu verlieren. Mal riechen wie es hier aussieht.

Die erste Nase ist schon verheißungsvoll. Süße steigt auf, aber nicht flüchtig und leicht, sondern beeindruckend schwer und voluminös. Dabei ist sie nicht aufdringlich und spielt sich in den Vordergrund, sondern lässt auch Platz für andere Aromen. Eine Spur Früchte nehme ich wahr, nicht ganz reife Erdbeeren. Die Süße entpuppt sich als brauner Zucker. Und der Rauch? Ist erwartungsgemäß nicht so präsent wie bei jüngeren Abfüllungen. Dafür wirkt er warm, wie der eines prasselnden Feuers mit fast durchgetrocknetem Holz. Sanft kommt er daher und hüllt die anderen Aromen ein, bindet sie zu einem schönen Bukett.

Im Mund dann ein ähnliches Bild. Allerdings kräftig, würzig, richtig vollmundig. Den Mundraum füllt der Nipp sofort aus, schmiegt sich cremig bis in die letzte Ecke. Gebuttertes Shortbread kommt mir in den Sinn, das recht süß geraten ist. Vanillepudding. Dabei ist der Alkohol gut eingebunden und ist in seiner Stärke nicht zu definieren. Die liegt übrigens mit 56,0 % ebenfalls geringfügig über der des Samples. Der Torfrauch ist hier ebenfalls eher unaufdringlich und noch am deutlichsten retronasal zu spüren. Im Mund derweil leichte Kräuternoten zum Shortbread, getrocknete Kräuter, die ihr Aroma erst nach und nach entfalten. Dabei wärmt der Schluck schon im Mund und lässt ein wohliges Gefühl durch den Körper strömen. Zum Ende hin trockener werdend, rundet dies das geschmackliche Empfinden der deutlichen Süße spürbar ab. Dabei kommt auch der Torf eine gute Spur deutlicher zum Vorschein.

Das Gefühl bleibt im Hals erhalten, recht lang sogar. Eine volle Süße bereitet dem Rauch den Weg und man kann gut verfolgen, wo der Dram gerade wärmt.

Fazit: Ein gesetzter Herr mittleren Alters, den man schwer mit jungen, ungestümen Vertretern seiner Art vergleichen kann. Das braucht man auch nicht, denn er kommt selbstbewusst, gesetzt daher – und trifft dennoch genau meinen Geschmack. Für einen Ledaig mag er vielleicht eine Spur ungewöhnlich wirken, aber wer hatte schon einen Dram dieser Destillerie in vergleichbarem Alter im Glas? Der kommt mir auf jeden Fall ins Regal!

Vielen Dank an die Brothers in Malt für die Samples. Meine Meinung haben diese nicht beeinflusst. Die ist immer meine eigene.

Eins noch zum Schluss: Die beiden anderen Samples aus dem ersten Bild kommen später in die Flasche. An dieser Stelle nur so viel: Das wird spannend!

Links

Whiskybase: 
– 10yo: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/102164/ledaig-2006-bim
– 22yo: https://www.whiskybase.com/whiskies/whisky/102163/ledaig-1994-bim
Destillerie: http://tobermorydistillery.com/
Abfüller: http://www.brothers-in-malt.de/

Tasting-Notes #0036, #0037