HISS – South Islay Whisky

WAS

Name: HISS
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Nicht genannt
Region: Islay
Abfüller: Whiskyhort
Serie: Eigenabfüllung
Destilliert: 2008
Abgefüllt: 2017
Alter:  9 Jahre
Fasstyp: 8 Jahre Ex-Bourbon-Fass, 1 Jahr PX Sherry Finish
Fassnummer: keine Angabe
Alkoholgehalt: 58,1 %
Anzahl Flaschen: 34
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis:  69,00 EUR

DESTILLERIE

Die Destillerie ist nicht genannt, was bei unabhängigen Abfüllungen durchaus nicht ungewöhnlich ist. In der Regel steckt dahinter der kaufvertraglich vereinbarte Ausschluss der Namensnennung. Das „Islay“ im Subtitel grenzt es immerhin auf acht mögliche Brennereien ein, „South“ reduziert die Auswahl auf deren drei. Laphroaig, Lagavulin und Ardbeg heißen sie und befinden sich auf einer Strecke von rund drei Kilometern. Meine Vermutung steht fest, aber ich verrate sie nicht, weil ich niemandem den Spaß am eigenen Entdecken nehmen möchte. Grundsätzlich aber vom Ansatz her Islay pur.

ABFÜLLER

Der Whiskyhort, seit Ende Januar 2015 im Geschäft, ist einer der größten Whiskyhändler Deutschlands. Neben gut 2.000 verschiedenen Whiskys sind auch über 100 Rums und diverse Gins im Angebot. Ergänzt wird es seit kurzem um eine ansprechende Auswahl an Zigarren. Für viele Whisky- und Rum-Genießer ist gerade die Kombination dieser Genussmittel gern gesehen. Überwiegend anlässlich besonderer Veranstaltungen wurden auch schon eigene Whiskyabfüllungen in Kleinauflage auf den Markt gebracht. So auch diesmal: Anlass ist das Konzert von HISS in Oberhausen, einer Folkrock-Polka-Band aus Stuttgart, die im 20. Jahr ihres Bestehens auf Tour ist. Mal sehen, ob der Whisky ähnlich komplex ist, wie die Musik der Band.

AUGE

Goldfarben mit einem Stich ins rötliche schimmert der Dram im Glas. Der Dreh lässt dicke, weit auseinander liegende Schlieren zurück, die langsam das Glas hinunter laufen. Indizien für den hohen Alkoholgehalt des Fassstärke.

NASE

Die erste Nase lässt mich stutzen. Der soll von Islay kommen? Von der Südküste, wo die Destillate gerne mal torfige Aromen in allen Variationen anbieten? Dafür bringt er für meinen Geschmack erstaunlich wenig Rauch mit. Dominierend finde ich statt dessen malzig-süße und fruchtige Eindrücke. Dazu ein Duft, der mich an einen Rosenstrauß erinnert. Nicht schwer und betörend im Duft, sondern eher leicht und fragil. Die Frucht deute ich als Marille, ein Anklang von Rosinen, ergänzt von einem schwachen Duft frisch gesägten Holzes. Auch nach mehreren Minuten, nach wiederholtem Schwenken des Glases behält er den Rauch weitestgehend für sich. Mal sehen, ob er mich damit im Mund überraschen will.

MUND

Als der erste Nipp meine Zunge berührt kommt mir sofort der Begriff „ölig“ in den Sinn. Weich und rund, fast schon zähflüssig verteilt er sich im Mundraum, was ein sehr angenehmes Gefühl verursacht. Süße Fruchtigkeit schiebt sich auch hier in den Vordergrund. Wieder der Eindruck von Malz. Offensichtlich hat hier ein Bourbon-Fass gute Arbeit geleistet. Marille und etwas Birne bilden die fruchtige Grundlage, unter die sich einzelne Rosinen mischen. Weiße Schokolade wird präsent, Karamell, Toffee klingen durch bevor schließlich der Rauch leicht und sehr subtil zu spüren ist. Nach einigen Minuten im Glas kommt er deutlicher zur Geltung, wird intensiver im Geschmack. Dann ist es eine sehr ausgewogene und faszinierende Mischung aus Süße und leichtem Rauch

HALS

Auch hier ist die ölige Cremigkeit der vorherrschende Eindruck. Die Süße ist sehr präsent, vergeht dann aber schnell. Eine leicht torfige Note bleibt mittellang.

FAZIT

Okay, der Whisky ist nicht Polka’n’Roll, wie die Band HISS ihren Musikstil selbst nennt. Er ist eher Folk, kommt ruhig und entspannt daher. Nur neun Jahre alt, dazu fassstark und dennoch meiner Meinung nach sehr gut für Islay-Einsteiger geeignet. Wer um torfige Whiskys mit ihren besonderen Aromen bisher einen Bogen gemacht hat, sollte es hier versuchen. Klar, die Tiefe und Komplexität eines Lagavulin 16 erreicht er nicht. Wie auch, ist er doch nur gut halb so alt. Dennoch sind Ansätze da, die mich an diesen Gentleman von Islay denken lassen, weil der HISS elegant daher kommt, ohne in seinen Ausprägungen zu dominant zu sein.

Vielen Dank an den Whiskyhort für das Sample.

LINKS

Abfüller: http://whiskyhort.com/

Tasting-Notes #0031

Naranjas del Carmen – ein eigener Orangenbaum

Bewusster Genuss hat in meinen Augen auch etwas mit Verantwortung zu tun. Dazu zählen für mich nach Möglichkeit Einkäufe bei lokalen Anbietern, art- und umweltgerechte Produktion, faire Preise von denen der Erzeuger auch leben kann und Nachhaltigkeit. Klar, das kostet mehr, als alles im Discounter einzukaufen, aber entgegen der Werbung ist Geiz halt eben nicht geil, schon gar nicht auf Dauer.

Unter anderem diese Gedanken unterstützt ein junger facebook-Freund, dessen Ansichten und Denkanstöße zu derlei Themen ich sehr schätze. Er berichtete unlängst von einem Projekt, das mich auf Anhieb faszinierte. Nachdem ich mich ausführlich darüber informiert habe, kam ich zum Entschluss, es ihm gleich zu tun:

Ich habe einen Orangenbaum gekauft!

Wie denn? Wo denn? Was denn? Ganz einfach: In der spanischen Region Valencia haben die Geschwister Gabriel, Gonzalo, Fernando und Patricia Urculu vor sieben Jahren die Familienfarm übernommen. Neben den für die Region typischen Zitrusfrüchten werden dort auch Honig und Olivenöl gewonnen. Ebenso sind Clementinen, Zitronen und Grapefruits sowie diverse Gemüsesorten erhältlich. Den Schwerpunkt bilden jedoch die Orangen. Angesichts von teilweise unter den Produktionskosten liegenden Erträgen bei deren Verkauf an die Großhändler drohte der Familie Urculu jedoch das gleiche Schicksal wie vielen anderen Bauern vor Ort: Finanzieller Ruin und damit einhergehende Aufgabe des Betriebes.

Die Geschwister Urculu gehen jedoch einen anderen Weg: Sie haben im November 2015 das Crowdfarming eingeführt. Das funktioniert so: Man kauft einen Orangenbaum auf ihrer Farm, der neu angepflanzt wird. Dafür werden einmalig 80 EUR von der Kreditkarte abgebucht, in den Folgejahren jeweils 60 EUR für die Bewirtschaftung und Pflege. Nur am Rande sei bemerkt: Die Pflanzen werden nicht gespritzt, die geernteten Orangen nicht gewachst. Klingt bis dahin schon ganz gut. Mit dem Kauf des Baumes erwirbt man gleichzeitig das Recht, während der Erntezeit von Januar bis April 80 kg Orangen zu erhalten, in den Monaten November und Dezember auch in Form von Clementinen. 80 Kilogramm – das entspricht der durchschnittlichen Ernte eines Orangenbaumes. Bis der eigene Baum Früchte trägt, wird man aus dem Altbestand beliefert. Dieses Kontingent kann man sich je nach Bedarf in Paketen von 10 bis 30 kg per UPS liefern lassen. Je nach Paketgröße fallen 25 bis 35 EUR für Ernte, Verpackung und Versand an. oder anders herum ausgedrückt: Im ersten Jahr kostet das Kilogramm Bio-Orangen 2,50 EUR, in den Folgejahren 2,25 EUR. Ja, das ist teurer als die saisonalen Angebote im Discounter hier im die Ecke, die teilweise mit Kilo-Preisen von 0,99 EUR arbeiten. Dennoch finde ich den Ansatz richtig und habe mich dazu entschlossen das zu unterstützen. Die Gründe dafür sind:

  • Orangen werden in unserem Haushalt mindestens in Form von Saft täglich verzehrt.
  • Die Früchte werden ohne Chemie produziert, sind Bio. Sogar die Schale kann gegessen werden.
  • Es wird nur produziert, was verkauft wird. Vernichtete Überschüsse sind passé.
  • Durch die Anpflanzung neuer Bäume ist die Nachhaltigkeit gegeben.
  • Der Preis ermöglicht es dem Bauern und seiner Familie, von ihrer Arbeit zu leben.
  • Die Mitarbeiter auf der Farm sind keine Saisonkräfte, sondern fest angestellt.

Sieht so die Landwirtschaft der Zukunft aus? Das weiß ich natürlich nicht. Aber ich halte es für einen unterstützenswerten Ansatz und werde es probieren. Für dieses Jahr habe ich zu spät von diesem Angebot erfahren, die aktuelle Saison ist gerade beendet. Schon jetzt bin ich aber gespannt, wie es ab November läuft!

Du findest diese Idee genauso faszinierend wie ich? Hier kannst du dich weiter informieren:
TV-Bericht im auslandsjournal des ZDF: https://www.zdf.de/politik/auslandsjournal/auslandsjournal-clip-4-126.html
Homepage Naranjas del Carmen: https://www.naranjasdelcarmen.com/ 

 

Kochstudio Maashof

 

Wer mich näher kennt, weiß, dass ich gutes Essen durchaus zu schätzen weiß. Seit einigen Jahren habe ich zudem auch Freude daran gefunden, es selbst zuzubereiten. Aus der Not heraus, es plötzlich zu  müssen, wurde ein „Wer lesen kann, kann auch kochen.“ Ganz so ist es nicht, wie ich inzwischen festgestellt habe, aber der Anfang war gemacht. Mittlerweile finde ich es wunderbar entspannend, nach einem anstrengenden Tag oder auch gerade am Wochenende mit der Liebsten zusammen zu kochen. Anschließend dann zu sehen, wie es anderen schmeckt, ist das Tüpfelchen auf dem „i“.

DAS KOCHSTUDIO

Durch facebook-Fotos von Bekannten inspiriert, wurde ich vor knapp zwei Jahren auf das Niederrheinische Kochstudio Maashof aufmerksam. Seit Mai 2009 veranstalten hier die Eheleute Brigitte und Ludger Mai im ehemaligen Kälberstall auf dem Hof ihrer Eltern Kochabende. Obwohl nur wenige Kilometer entfernt, war das meiner Aufmerksamkeit bis dahin völlig entgangen. Also nichts wie hin – inzwischen zu fünf verschiedenen Kursen.

  • Mediterrane Küche zum Altweibersommer
  • Rock around the Grill
  • Steaks & Co. 
  • Fischküche zum Aschermittwoch
  • Rundreise durch die Küche Asiens

Neben solchen Kursen, zu denen man sich frei anmelden kann, was man nach Erscheinen des Newsletters auch tunlichst innerhalb kürzester Zeit sollte, gibt es regelmäßig auch geschlossene Veranstaltungen von privaten oder beruflichen Gruppen. Der rund 120 qm große Kälberstall wurde dafür komplett renoviert und mit moderner Technik ausgestattet. Vier Kochstationen, jeweils komplett mit Töpfen, Pfannen, Schneidbrettern, Schüsseln, Messern und sonstigen Arbeitsmitteln sowie Besteck ausgestattet ermöglichen ein konzentriertes Arbeiten.

DER ABLAUF

Zu Beginn der Veranstaltung werden die Teilnehmer mit einem alkoholfreien Aperitif willkommen geheißen, bevor es an das gemeinsame Studium der Rezepte geht. Je nach Teilnehmerzahl der Veranstaltung werden die Kochwilligen danach in Gruppen von zwei bis vier Personen eingeteilt, die sich jeweils an einem der bis zu sieben Gänge versuchen. Anschließend erfolgt eine kurze Einweisung an den Arbeitsplätzen, wo die für den jeweiligen Gang benötigten Zutaten schon bereit stehen. Und los gehts! Die Eheleute Mai sind vom Fach, Brigitte als Oecotrophologin mit langjähriger Erfahrung als Lehrerin an einer Familienbildungsstätte, Ludger als weltweit tätiger Koch in Diensten eines Großküchenherstellers. Beide geben ihr Wissen den Teilnehmern gerne und mit viel Spaß an der Sache weiter. Hier nutze ich gerne den intensiven Austausch, lasse mir zeigen, wie ich die Werkzeuge noch besser verwenden kann, hole mir Hintergrundinformationen sowie Tipps und Tricks für den Umgang mit den einzelnen Zutaten. So finden immer wieder Dinge den Weg in die heimische Küche, die mir dort die Arbeit erleichtern oder die Speisekarte bereichern. Auch die anderen Teilnehmer, egal ob Kochanfänger oder erfahrener Hobbykoch, sind mit Feuereifer und viel Spaß bei der Sache. Überall wird geschnibbelt, geputzt, gewürfelt, gerührt, gebrutzelt und dabei viel gelacht. Informationen werden ebenso ausgetauscht wie einzelne Zutaten. Was nicht mehr benötigt wird, wird direkt gespült. Nach und nach füllen die Düfte den Raum und machen Appetit. Auch der Blick an die anderen Arbeitsplätze lohnt immer wieder mal, nicht nur, wenn die Kursleiter um Aufmerksamkeit bitten, um den einen oder anderen Zubereitungsschritt zu erklären.

An die Zubereitung der einzelnen Speisen schließt sich der gemeinsame Verzehr an. So wie die einzelnen Gerichte gerade fertig sind, kommen sie dekorativ auf die Teller und werden serviert. Dass dabei nicht immer die Reihenfolge des Menüs eingehalten wird, liegt an der unterschiedlichen Geschwindigkeit der Teilnehmer, tut aber letztlich nichts zur Sache. Haben auch alle Teilnehmer anhand der Unterlagen die Rezepte zur Hand, findet beim Essen ein reger Austausch statt, wie denn nun das eine oder andere konkret angegangen wurde. Begleitet von Mineralwasser, Wein und Bier werden die Speisen verzehrt. Sehen die einzelnen Portionen meist eher übersichtlich aus, macht es wieder einmal die Summe und man ist nach Abschluss aller Gänge in jeder Hinsicht sehr gut gesättigt. Gerne wird der abschließende Kaffee oder Espresso angenommen, bevor es – wieder gemeinsam  – daran geht, alles zu spülen und zu säubern.  Und schon sind seit Beginn des Kurses um 19:00 Uhr rund drei bis vier Stunden vergangen und der Abend endet.

DAS MENÜ

Nach vorheriger Absprache mit den beiden Inhabern des Kochstudios und der Einwilligung der Teilnehmer des Kurses „Fischküche zum Aschermittwoch“ habe ich an jenem Abend Fotos und einige Notizen gemacht, die den Kern des Beitrags bilden. An diesem Abend gab es

  • Forellenmousse mit Gurkensalat
  • Geräuchertes Forellenfilet mit Meerrettichcreme
  • Fischsuppe mit Aioli
  • Spinat-Linsen mit Kabeljau
  • Lachs-Kartoffel-Gratin
  • Forelle mit Zitronenbutter
  • Rote Grütze

SPINAT-LINSEN MIT KABELJAU

Selbst gewerkelt habe ich an den Spinat-Linsen mit Kabeljau. Gerade wegen ersterem hatten die Liebste und ich uns für dieses Rezept gemeldet. Schalotten und Knoblauch wurden in Öl glasig angeschwitzt, zu den Linsen gegeben und die Mischung mit Lorbeerblatt und Muskatblüte in Wasser geköchelt. Parallel dazu wurden grob gehackte Walnüsse in Butter angebraten und mit Balsamico-Essig übergossen. Die Linsen, inzwischen al dente, kamen mit in die Pfanne, Salz, Pfeffer und Butter dazu gegeben, schließlich kurz vor dem Servieren der gewaschene Spinat, der nur noch zerfallen brauchte. In der Zwischenzeit wurde aus Zitronensaft, Olivenöl, Salz und Pfeffer ein Dressing angerührt sowie die Kabeljaufilets mit Pfeffer und Salz gewürzt und in Öl gebraten, bis der Fisch nur noch im Kern glasig war. Auf einem Bett aus Spinat-Linsen wurde der Kabeljau auf dem Teller angerichtet und mit dem Zitronen-Dressing beträufelt. Es war fantastisch!

Bleibt noch eine Frage offen: Was kostet so ein Abend im Kochstudio Maashof? Das hängt vom jeweiligen Kurs ab. Bisher habe ich jeweils rund 40 EUR pro Person bezahlt. Lediglich der Kurs Steak & Co. war aufgrund der verwendeten Zutaten mit 48 EUR etwas teurer. Ich finde die Preise mehr als fair. Vergleiche ich das mit einem mehrgängigen Menü im Restaurant, zahle ich dort deutlich mehr. Okay, im Kochstudio erfolgt die Zubereitung eigenhändig, aber nicht zuletzt deshalb nehme ich ja auch daran teil. Mein Fazit: Ich warte schon gespannt auf das Programm für das zweite Halbjahr und komme gerne wieder!

LINKS

Homepage des „Kochstudio Maashof“: http://www.kochstudio-maashof.de/
Facebook-Seite des „Kochstudio Maashof“: https://www.facebook.com/kochstudiomaashof

Haus Aspel

Blühender Magnolienbaum vor dem Haupteingang der ehemaligen Schule.

 

Frühjahr, Zeit der Magnolienblüte. Für mich immer ein willkommener Anlass, an einen Tatort meiner Jugend zurückzukehren.

Die letzten fünf Jahre meiner Schullaufbahn verbrachte ich an einem besonderen Ort. Während vielerorts Schulen reine Zweckbauten sind, in denen Hunderte Heranwachsende und ihre Lehrerinnen und Lehrer einen nicht unerheblichen Teil des Tages zusammengepfercht sind, hatte ich das Glück, ab der 9. Klasse in einem mittelalterlichen Schloss im Nachbardorf die Jahre bis zum Abitur verbringen zu dürfen. Wenn dort auch das eine oder andere eher suboptimal war – für Jugendliche ist die Lage schon wirklich kurz vor dem berühmten A… der Welt und im Winter fiel auch gerne schon mal tagelang die Heizung aus – hatten das Gebäude und die Umgebung schon ein besonderes Flair. Direkt an einem kleinen See, dem Aspeler Meer, gelegen, auf dem sich sogar eine Insel befindet, die man über eine kunstvolle Brücke erreichen kann, hatte diese Lage mitten in der Natur schon etwas sehr entspanntes. Klar gab es auch die unter Heranwachsenden üblichen Rangeleien und auch Raufereien. Auf mich hat es dennoch immer schon so gewirkt, als ob die alten Gemäuer eine besondere Ruhe ausstrahlten. Dazu das ganze Grün drumherum, das Vogelgezwitscher, das Rauschen des Windes in den Blättern der Bäume und maximal der über die Nachbarfelder tuckernde Trecker – das waren die Geräusche, die man bei geöffneten Fenstern während des Unterrichts vernahm. Und dann war da noch der Innenhof, der das Nonnenkloster im linken und die Schule im rechten Flügel miteinander verband. Jener Innenhof, auf dessen Rasenfläche vor dem offiziellen Eingang der Schule ein Magnolienbaum stand. Jedes Frühjahr war es eine Pracht, wenn er in voller Blüte stand. Jedes Jahr habe ich diesen wunderschönen, fast majestätischen Anblick genossen. Und auch heute, über 30 Jahre später zieht es mich alljährlich zur Zeit der Magnolienblüte an diesen Ort, der auch heute noch einen eigenartigen Zauber auf mich ausübt. Das Lachen der Kinder, ihr Geschrei bei den Spielen in den Pausen, das Läuten der Klingel, das wieder in die Klassen rief, die Stimmen, die während meiner Freistunden auf den Hof drangen – all das habe ich wieder im Ohr, wenn ich unter dem Baum stehe und diese Pracht genieße.

Blick vom Innenhof in Richtung Aspeler Meer. In Bildmitte die Bäume auf der Insel.

 

Die Schule ist kurz nach meinem Abitur in einen Neubau des Reeser Schulzentrums gezogen.Sicher lernen, lachen und spielen die Kinder und Jugendlichen dort genauso wie wir damals im Schloss. Frieren werden sie bestimmt nicht. Aber ich bin mir sicher, dass ihre Umgebung nicht so schön ist. Einen Magnolienbaum gibt es dort jedenfalls nicht. Schade, dass der Film, den ein ehemaliger Mitschüler anlässlich des Umzugs Schüler gedreht und in dem er die Stimmung dieses besonderen Ortes auf unnachahmliche Weise eingefangen hatte, nicht online verfügbar ist. Ich muss mal wieder meine Videokassetten durchsuchen, wo mein Mitschnitt abgeblieben ist.

LINKS

Website des Klosters Haus Aspel: http://www.hausaspel.de/
Die Geschichte des Hauses Aspel bei Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_Aspel
Website des heutigen Gymnasiums Haus Aspel: http://www.gymnasiumaspel.de/

Whiskyplaza Norderney

Ausspannen, ein paar Tage nur, mal was anderes sehen, als die eigenen vier Wände – es war mal wieder an der Zeit. Norderney sollte das Ziel des verlängerten Wochenendes sein. Einerseits weil ich mich bei meinem ersten Besuch vor rund 20 Jahren in die Insel verliebt habe und der letzte Besuch schon ein paar Jahre zurück lag. Andererseits, weil es unter dem Stichwort „Whisky“ interessante Ziele auf der Insel gibt. In der Ferienwohnung eines Whisky-Freundes untergebracht stand natürlich auch der gemeinsame Genuss auf dem Programm. Außerdem gibt es auf Norderney die vom Whiskybotschafter prämierte Germany’s Best Whisky Bar 2016, das „Whiskyplaza“, der es einen Besuch abzustatten galt. Firmierte diese bei meinem letzten Besuch noch als Kneipe unter dem Namen „Alte Schmiede“, wurde daraus 2007 die „Cocktailschmiede“. Der Name war Programm und das Lokal dementsprechend von Einheimischen und Gästen gut frequentiert. Ende 2016 war es jedoch an der Zeit für eine Renovierung und einen Konzeptwechsel. Statt Cocktails, die man trotzdem nach wie vor bestellen kann, steht nun Whisky im Vordergrund – offensichtlich eine große Leidenschaft des Inhabers Björn Lahmann.

Genug der Vorrede, hinab in den Keller des Hauses in der Schmiedestraße 8. Hier, wo ehemals tatsächlich geschmiedet und Pferde beschlagen wurden, empfängt den Gast heute eine stilvolle Bar im englisch angehauchten Stil. Tapeten im Tartan-Muster, unterbrochen von weiß lackierten Zierleisten, dunkelgrüne Wände, dunkler Boden, alte Möbel und gemütliche Sitzgelegenheiten aus Leder im Club-Stil führen in die eigentliche Bar. Deren Blickfang ist eine hinterleuchtete Auswahl an Whiskys über die ganze Breite des Raumes. Kaum hat man Platz genommen, werden einem die normale und die Whiskykarte gereicht. Erstere enthält diverse Cocktails, Spirituosen, Biere, Weine und Softdrinks, sowie eine kleine Speisenauswahl. Die gesonderte Whiskykarte bietet dem interessierten Besucher eine Auswahl von rund 500 Whiskys. Fünfhundert! Selbst für mich, der ich in Sachen Wasser des Lebens bereits das eine oder andere kennenlernen durfte, ist das sehr beeindruckend. Neben einzelnen Drams jeglichen Alters und Preisniveaus aus aller Herren Länder kann man auch sogenannte Flights oder Tastings bestellen. Ein Flight sind dabei drei oder vier Drams, ein Tasting in der Regel deren sechs. Dazu gibt es verschiedene Angebote zum Beispiel aus einer schottischen Region oder mit den Whiskys einer einzigen Destillerie. „Eine Reise durch Europa“ ist dabei ebenso möglich wie „Eine Reise um die Welt“, „Peatmonster“ treten gegen „Sherrybomben“ an und neben den Classic Malts steht ist auch „Das Tafelsilber“ verfügbar. Erwähnte ich schon, dass das sehr beeindruckend ist? Überwiegend aus Originalabfüllungen der Destillerien bestehend, ist von trinkstarken 40%ern bis zur in Fassstärke abgefüllten Flasche aus dem Single Cask alles dabei, was des Genießers Herz begehrt. Die im besseren Supermarkt erhältliche Standard-Abfüllung ebenso wie die Collection der Rare Malts jenseits der 20 Jahre bis hin zu den wirklich alten Schätzen ab 35 Jahren.

Dank heimischer Vorselektion über die online verfügbare Karte, war der erste Dram schnell gewählt. Okay, es war ein völlig anderer, als der ursprünglich geplante. Vielleicht lag es daran, dass mein Whiskygeschmack nicht täglich der gleiche ist und ich daher einfach Lust auf etwas anderes hatte. Vielleicht war es aber auch der direkte Plausch mit dem Inhaber, der Appetit auf etwas Neues weckte. Es dauerte jedenfalls nicht lange und das bestellte Guiness vom Fass stand vor mir, begleitet vom gewählten Glenfiddich 19yo Age of Discovery Red Wine Cask. Serviert wurde der Dram auf einer kleinen Schiefertafel, die auch einem kleinen Glas Wasser und einem Stück dunkler Schokolade Heimat bot. Ohne Nachfrage wurde die Flasche, aus der der Dram gerade eingeschenkt worden war, dazu gestellt. Eine Karaffe mit eisgekühltem Wasser komplettierte das Ensemble. Hier weiß man, worauf der Whisky-Genießer Wert legt. Fantastisch! Ausführlich lässt sich die Flasche begutachten und lesen sowie fotografieren, um für die eigenen Notizen zum Whisky alle Informationen zur Hand zu haben. Zwischendurch hilft das stille, klare Wasser die Geschmacksknospen neutralisieren. Der zweite Aha-Moment ergab sich beim Genuss der beigelegten Schokolade. Deren kräftige Noten harmonierten wunderbar mit dem enthaltenen groben Meersalz und bildeten eine perfekte Begleitung für den Dram.

Im Geplauder am Tisch verging die Zeit schnell und gefühlt nur wenige Augenblicke später stand der bestellte Flammkuchen auf dem Tisch. Belegt mit Lauchzwiebeln, Hackfleisch aus auf Norderney heimischen Galloway-Rindern und Parmesan war auch diese ein toller Gaumenschmaus. Knusprig der Teig, saftig der Belag – so geht Flammkuchen. Dazu noch in einer Größe, die den anfänglichen Appetit auf einen zweiten, ebenso leckeren direkt im Keim erstickte. Einer reicht wirklich aus, um auch gute Esser zu sättigen.

So gestärkt ließen sich die nächsten Drams und Guiness‘ genießen, immer wieder unterbrochen von netten und fachkundigen Gesprächen mit dem Inhaber Björn Lahmann und seinem Mitarbeiter Daniel Bocks. Beiden ist die Leidenschaft für Whisky anzumerken, die sie in der Bar, aber auch auf ihren regelmäßigen Reisen durch Schottland ausleben. Nur zu gerne habe ich deren Empfehlungen angenommen und dabei fantastische neue Whiskys entdeckt. Mit den Freunden am Tisch, dem Vermieter, der später noch dazu stieß war es ein kurzweiliger Abend, den wir gegen Mitternacht beendeten. Sechs Stunden schienen fürs erste genug. Zeit für den Heimweg, auf dem der Norderneyer Beweis erbracht wurde, dass die Erde doch eine Scheibe ist. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Mein Fazit: Ich war zwei Tage später wieder da. Noch Fragen? Es steht jetzt schon fest, dass das nicht mein letzter Besuch war. Und irgendwann will ich ans Tafelsilber …

Homepage Whiskyplaza: http://whiskyplaza.de/
facebook-Seite Whiskyplaza: https://www.facebook.com/Whiskyplaza-156189601085306
Kurzbericht der Whiskyexperts über die Wahl zu Germany’s Best Whisky Bar 2016: https://whiskyexperts.net/beste-whiskybar-und-bester-whisky-deutschlands-in-frankfurt-gekuert/

Glen Garioch 2011 C&S

Einen Monat ist der letzte Beitrag schon her. Ein Monat, in dem die Muße fehlte, mich in Ruhe mit einem neuen Dram zu beschäftigen und in dem mir zudem auch noch eine Erkältung den Spaß am Genuss des schottischen Landweins verdarb. Danke übrigens für diese außerordentlich gewählte Formulierung, lieber Dirk. Getreu der Einstellung von Herbert Knebel, dass man Viren hochprozentig bekämpfen muss versuche ich mich daher heute an einem Sample, das mir Ralph Gemmel von Caminneci – Wine & Spirit Partner zur Verfügung gestellt hat. Glen Garioch, eine Destillerie, die ich bis vorletztes Jahr überhaupt nicht auf dem Radar hatte. Als ich deren Standardabfüllung verkosten durfte, war ich jedoch so angetan, dass ich seitdem verstärkt ein Auge auf diese Whiskys geworfen habe.

WAS

Name: Glen Garioch 2011
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Glen Garioch
Region: Highlands
Abfüller: Caminneci – Wine and Spirit Partner
Alter: 5yo
Fasstyp: Bourbon Barral
Fassnummer: #2784
Alkoholgehalt: 60,5 %
Flaschen: 254
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: ca. 40 EUR

DESTILLERIE

Glen Garioch, in Oldmeldrum, knapp 30 km nordwestlich von Aberdeen gelegen, gehört zu den schottischen Highlands. Im ausgehenden 18. Jahrhundert gegründet, hat sie, wie viele schottische Destillerien, etliche Eigentümerwechsel hinter sich und gehört seit 1994 zum japanischen Suntory-Konzern. Die Jahreszahl der Gründung, 1797, findet sich übrigens auf jeder Originalabfüllung wieder. Als eine der ersten Destillerien in Schottland rüstete sie auf Erdgas um. Das ermöglichte es der Destillerie, den innerhalb weniger Jahre von 9 auf 16 % gestiegenen Anteil der Energiekosten wieder zu senken. Jährlich wurde so eine Einsparung von 90.000 GBP möglich. Zusätzlich wurde die Abwärme genutzt, um einige Gewächshäuser zu betreiben und Tomaten, Paprika, Auberginen und Gurken anzubauen. Die zwei Wash Stills und eine Pot Still ermöglichen eine Jahresproduktion von 750.000 Litern. Ein Teil davon findet sich später als Herzstück im heutzutage nicht mehr so bekannten VAT 69 wieder. 

ABFÜLLER

Seit der Gründung 2005 und der Erstabfüllung im Jahr 2006 hat Andrea Caminneci mit seiner Firma  Wine & Spirit Partner über 180 Abfüllungen auf den Markt gebracht. Zum 10-jährigen Jubiläum als unabhängiger Abfüller wurde im letzten Jahr das Label-Design nach einem Wettbewerb überarbeitet. Unverändert ist die Philosophie, guter Whiskys ohne Schnickschnack zu einem möglichst günstigen Preis auf den Markt zu bringen. Daher wird z. B. bei den meisten Abfüllungen auf die Umverpackung verzichtet. In fünf verschiedenen Reihen werden die Whiskys auf den Markt gebracht:

  • C&S Dram Good – mit 46 – 50 % in Trinkstärke abgefüllt
  • C&S Dram Collection – Whiskys von jung bis mittelalt in Fassstärke
  • C&S Dram Senior – hier sind Whiskys mit einem Alter von über 20 Jahren zu finden
  • C&S Dram Regional – vatted Malts aus einer Destillerie, wobei der regionale Charakter im Vordergrund steht und nicht der Name der Destillerie, abgefüllt mit 46 % und in 0,5 l-Flaschen
  • C&S Dram Exceptional – vorbehalten für sehr alte und außergewöhnliche Abfüllungen

Ich hatte schon einige Abfüllungen probieren dürfen und habe schon kleine Perlen für meinen Geschmack gefunden. Daher bin ich auf diese hier sehr gespannt.

AUGE

Das helle Strohgelb unterstreicht die Jugend des Whiskys.

NASE

Als erster Eindruck drängt sich geradezu Vanille auf. Allerdings nicht so schwer und voll, eher eine mittlere, leichte Süße. In der Nase fühlt sich das beinahe weich an, bevor eine leichte Würzigkeit Raum findet. Kurz taucht ein Hauch von Lakritze auf, der dann wieder verschwindet. Die Süße wird trockener, es entwickelt sich ein Aroma von Butterkeks. Für einen Moment meine ich, mit Honigmelone eine leicht fruchtige Note wahrzunehmen – sehr angenehm. Insgesamt wirkt er leicht und frisch, aber für das Alter schon recht ausgewogen. Dazu kommt, dass der Alkohol überhaupt nicht auffällt. Kein Beißen, kein Ziehen, nichts. Mal sehen, wie er schmeckt.

MUND

Oha! Der kommt ja mal richtig cremig, fast schon fluffig an! Kennt ihr noch die gute, handgemachte Vanillesauce von Omma? Nicht dieses wasserdünne Zeug, das heute unter dem Namen vertrieben wird. Sondern richtig schön dick und sahnig. So ungefähr fühlt sich das im ersten Augenblick an. Dazu eine leichte Süße. Die Vanille ist nicht so ausgeprägt, eher der Butterkeks, den ich schon in der Nase hatte. Dann gesellen sich nach und nach Kräuter dazu. Es wird eine Spur würziger, etwas herber. Erinnert mich an die Aromen eines Heubetts auf dem Grill. Der Alkohol macht sich erst spät bemerkbar, wirkt aber nicht wie gut 60 %. Er trocknet den Mundraum jedoch ein wenig aus, was zu meinem Erstaunen dann doch noch für eine abrundende Süße sorgt. 

HALS

Wärmend macht er sich im Abgang bemerkbar. Der Alkohol ist spürbar, allerdings  ohne unangenehm zu sein. Mit einem Hauch von Würzigkeit verbleibt der Nipp mittellang.

FAZIT

WOW! Der überrascht mich, gefällt mir sehr, schmeckt lecker, ist gefährlich süffig. Wenn ich einen Vergleich ziehen soll – rein vom Eindruck, nicht vom Geschmack – dann mit dem gleich alten Blair Athol derselben Reihe. Der Glen Garioch ist genauso toll und das für einen sehr fairen Preis.

Vielen Dank an Ralph Gemmel von Caminneci – Wine & Spirit Partner für das Sample.

LINKS

Destillerie: http://www.glengarioch.com/
Abfüller: http://www.wine-and-spirit-partner.de/
Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whisky/92783/glen-garioch-2011-cs

Tasting-Notes #0030

Ballechin 12yo Manzanilla Cask

Wer meinen Whiskygeschmack kennt, weiß, dass ich mein Herz an getorfte Whiskys verloren habe. Kommen die üblicherweise von Islay und dort bevorzugt von Kilchoman oder Bruichladdich, gibt es auch abseits dieser Insel interessante Alternativen. Eine solche hatte ich heute im Glas: Einen Ballechin, der 12 Jahre im Manzanilla-Fass reifen durfte.

WAS

Name: Ballechin 12yo Manzanilla Sherry Cask Matured
Kategorie: Single Malt
Destillerie: Edradour
Region: Highlands
Abfüller: Edradour für Kirsch Whisky
Alter: 12 Jahre
Fasstyp: Manzanilla Sherry Cask
Fassnummer: 278
Alkoholgehalt:  55,6 %
Flaschen: 495
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis: ca. 90,00 EUR

DESTILLERIE

Edradour, seit kurzem mit dem Untertitel „Scotland’s little gem“ werbend, ist die kleinste schottische Brennerei. Gerade einmal 90.000 Liter werden pro Jahr destilliert. Um das einzuordnen: Tomatin produziert in einer Woche mehr Whisky als Edradour in einem Jahr. Die derzeit größte schottische Brennerei, Loch Lomond, benötigt für diese Menge nicht einmal drei Tage. Allerdings wird sich diese Menge in diesem Jahr spürbar ausweiten. Zum einen baut Edradour neue Lagerhäuser und im Zuge dieser Erweiterung auch eine zweite Destille. Auf dieser wird dann die Marke Edradour produziert, während auf der bisherigen künftig ausschließlich die getorfte Variante Ballechin destilliert wird. Zum anderen hat Edradour bisher im Ein-Schicht-Betrieb destilliert, wechselt mit der Erweiterung seiner Lagerkapazitäten und dem Bau der zweiten Destillerie, der im Herbst 2017 abgeschlossen sein soll,  aber auf einen Zweischicht-Betrieb. Ob der Untertitel im Namen dann rein inhaltlich noch passt, bleibt abzuwarten. Laut den Tour Guides der Destillerie geht der Name übrigens auf das gälische „Eadar Dhà Dhobhar“ zurück, das „zwischen zwei Flüssen“ bedeutet. Vermutlich bereits 1825 gegründet, befindet sich die Destillerie seit 2002 im Besitz von Andrew Symington, dem auch Signatory gehört. Fun fact am Rande: Wären die beiden Brennblasen nur etwas kleiner, würde die Destillerie als Schwarzbrennerei gelten, da die Steuerbehörden sie dann als transportabel einstufen würden.

ABFÜLLER

Bei dieser Abfüllung handelt es sich um ein Bottling der Destillerie selbst.

AUGE

Ein schöner dunkler Farbton ist es mit einem deutlichen rötlichen Stich.

NASE

Der erste Eindruck ist sehr frisch, grasig. Anschließend gesellen sich geräucherter Speck, Weintrauben und Popcorn dazu. Mit etwas Zeit im Glas dominiert Rauch und wird dabei von einer trockenen Süße gestützt. Noch später wird es fruchtig, die Weintrauben scheinen aber bereits getrocknet. Ein sehr vielversprechender Potpourri.

MUND

Sanft und weich legt er sich zunächst auf die Zunge. Der Eindruck wird jedoch schnell vom Rauch eingeholt. Leicht trocken wird der Mundraum dabei, das Mundgefühl wechselt zu Asche. Begleitet wird das von fruchtigen Aromen, Rosine ist schon dabei, auch wenn es leicht bitter wirkt. Schokolade ist auszumachen, dunkel ist sie. Eine leichte Erdigkeit mache ich aus. Und der Speck findet sich ebenfalls wieder.  Allerdings ist mein Eindruck, um es mal so zu formulieren, mehr Räucher als Speck. Mir gefällt’s.

HALS

Wie so oft bei getorften Whiskys ist der bleibende Eindruck lang. Den Rauch wirst du so schnell nicht wieder los. Was mich durchaus freut. Auch der Speck und die Süße halten sich fast genauso lange. Ein schöner Abgang.

FAZIT

Meine bisherigen Versuche mit Edradour waren durchaus unterschiedlich. Von geht „gar nicht“ bis zu den Natural Cask Strength, die ich als „sehr lecker“ empfand, war alles dabei. Dieser Ballechin fällt auf jeden Fall in die zweite Kategorie. Rauchige, erdige Noten, gepaart mit einer schönen Süße – mein Ding. Und angesichts dessen bin ich schon gespannt auf die parallel erschienene Version aus dem Burgundy-Fass. Die Ergebnisse folgen in Kürze.

Danke an Pascal Penderak von Kirsch Whisky für das Sample

LINKS

Destillerie: http://www.edradour.com/
Importeur: https://www.kirschwhisky.de/
Whiskybase: https://www.whiskybase.com/whisky/90544/ballechin-12-year-old

Tasting-Notes #0029

Islay mu Dheas 8yo

WAS

Name: Islay mu Dheas
Kategorie: Single Malt
Destillerie: keine Angabe
Region: Islay
Abfüller: Whiskyhort
Alter: 8 Jahre
Fasstyp: Bourbon Hogshead + Finish im Sherry-Fass
Fassnummer: keine Angabe
Alkoholgehalt:  60,1 %
Flaschen: 30 
Inhalt: 0,7 l
Aktueller Straßenpreis (ab Februar 2017): 69,00 EUR

DESTILLERIE

So manch eine Destillerie möchte ihren Namen nicht auf den Bottlings unabhängiger Abfüller sehen. So auch in diesem Fall. Welche Brennerei hinter diesem Whisky steckt, kann man anhand der Ortsangabe „South Islay“ zwar auf drei Destillerien eingrenzen, aber mehr geht anhand des Etiketts nicht. Vielleicht gibt das Tasting Aufschluss darüber. 

ABFÜLLER

Der Whiskyhort, seit Ende Januar 2015 im Geschäft, ist einer der größten Whiskyhändler Deutschlands. Neben gut 2.000 verschiedenen Whiskys sind auch über 100 Rums und diverse Gins im Angebot. Ergänzt wird es seit kurzem um eine ansprechende Auswahl an Zigarren. Für viele Whisky- und Rum-Genießer ist gerade die Kombination dieser Genussmittel gern gesehen. Überwiegend anlässlich besonderer Veranstaltungen wurden auch schon eigene Whiskyabfüllungen in Kleinauflage auf den Markt gebracht. Die hier verkostete wurde anlässlich der Whisky-Spring 2017 in Schwetzingen als eigene Messeabfüllung aufgelegt.

AUGE

Blass honigfarben schimmert der Dram im Glas.

NASE

Islay! Unverkennbar, sobald man mit der Nase auch nur halbwegs in die Nähe des Glases kommt. Enorm viel Rauch steigt auf, ganz kalt ist das Feuer noch nicht. Dazu eine Prise Salz wie Gischt, die einem vom Wind beim Strandspaziergang entgegen getrieben wird. Ein Hauch Pfeffer – oder ist es nur der Alkohol, der sich beim tiefen Einatmen bemerkbar macht? Für einen Moment weht etwas Minze vorbei, bevor es dann süßer wird. Leichte Anklänge von Shortbread mischen sich mit ein wenig Frucht. Birne kann ich ausmachen und dann einen ganz schwachen metallischen Geruch. Wer von euch hat noch mit einem Füllfederhalter geschrieben oder benutzt ihn sogar heute noch? Fällt euch dabei auch beim Schreiben mit Tinte eine leicht metallische Note auf? Genau so ein Hauch kommt als letztes an. Unweigerlich hatte ich dieses Bild vor Augen. Insgesamt eine faszinierende Entwicklung, die der Whisky in der knappen halben Stunde im Glas genommen hat. Der Rauch hat sich nach und nach verzogen. Die kräftigen Eindrücke verschwinden ebenso. Der Whisky öffnet sich und entfaltet Stück für Stück weitere Aromen. Alle eher dezent, fast subtil, als ob sie dem Frieden der verschwundenen Kraft noch nicht trauen wollen. Und womit? Mit Recht! Denn hinten raus wird es noch einmal deftig. Der Geruch von geräuchertem Speck kommt am Ende doch noch um die Ecke und macht sich richtig breit. Herrlich!

MUND

Wow, der überfällt einen ja regelrecht. Kaum dass sich der Eindruck eines weichen, fast cremigen Mundgefühls auf den Weg ins Hirn macht, kommt der Rauch, viel Rauch. Der Alkohol zeigt dazu einmal kurz aber prägnant, was er so drauf hat. Dann weben sich weitere Aromen dazu. Holznoten fallen mir deutlich auf, bevor es zu kräftigen, würzigen Noten wechselt. Heu mache ich aus, Kräuter, die ich allerdings nicht recht unterscheiden kann. Eher von allem etwas, frisch mit dem Küchenmesser einmal fein gehackt. Die an Butterkekse, an Scones mit Marmelade, genauer Birnenmarmelade, erinnernde Süße hat es schwer gegen dieser kräftigen, herben Eindrücke. Dem steht die inzwischen deutlich spürbare Öligkeit im Mundgefühl fast diametral gegenüber.  Eine für mich als Islay-Freund sehr gefällige Mischung. Dass ich zum Ende hin Spuren von Lakritz wahrnehme schmälert den Eindruck nicht. Ganz im Gegenteil.

HALS

Wer bei einem von Islay stammenden Whisky einen langen, gehaltvollen Abgang erwartet, wird nicht enttäuscht. Der trockene Rauch bleibt und bleibt und bleibt. Die zuletzt aufgetauchte Lakritze hält sich ebenfalls. Hier noch dezenter als im Mund, aber immer noch wahrnehmbar. Langsam geht sie in den Räucherspeck über.

FAZIT

Mit seinen acht Jahren ist er schon noch ein Stück weit ungestüm und wirkt gerade in den ersten Augenblicken im Mund fast aufbrausend. Mir gefällt das. Dass er daneben doch schon erstaunlich komplex ist, wenn man ihm Zeit gibt, finde ich besonders faszinierend. Wer auf jüngere, rauchige Wilde mit einem doch schon gut spürbaren Tiefgang steht, wird hier ganz bestimmt nicht enttäuscht. Definitiv hat ihm das Finish gut getan und zusätzliche Aromen in den Whisky gebracht. Woher er kommt? Ich habe aufgrund des Tastings eine Vermutung, werde die hier aber nicht äußern, um andere nicht in ihrem Eindruck zu beeinflussen.

Danke an den Whiskyhort für das Sample und das Bild.

LINKS

Abfüller: www.whiskyhort.com

Tasting-Notes #0028

Orangen-Tiramisu

Die Weihnachtstage sind nicht nur besinnlich, familiär, wärmend und erholsam, auch Essen und Trinken stehen im Mittelpunkt. Da wird aufgefahren, was der Lebensmittelhandel und die Küche hergeben und nach den Feiertagen sind alle froh, wenn der Magen sich ein paar Tage erholen kann. So weit sind wir aber noch nicht. Und mal ehrlich, ein Dessert geht immer, oder? Mir war mal wieder nach einem Orangen-Tiramisu, allerdings wollte ich es anders gestalten als beim letzen Mal. Auch weil diesmal keine Kinder dabei waren. Herausgekommen ist das:

ZUTATEN / WERKZEUG / DAUER

  • 500 g Cantuccini
  • 30 cl kalter Espresso
  • 10 cl Whisky
  • 8 mittelgroße Orangen
  • 500 g Mascarpone
  • 250 g Speisequark 40%
  • 3 EL Vanillezucker
  • Kakao zum Bestäuben
  • ein Filetiermesser oder langes Messer
  • eine flache Schale, Auflaufform oder ähnliches
  • eine kleine Schüssel für die Orangenfilets
  • eine Rührschüssel zum Mixen
  • einen Mixer
  • einen Esslöffel
  • Frischhaltefolie
  • Zubereitung ungefähr 30 Minuten
  • Ruhezeit mindestens 60 Minuten

ZUBEREITUNG

Als erstes sind die Orangen dran. Natürlich kann man die einfach schälen und in Stücke teilen. Filetiert lassen sie sich aber besser genießen, finde ich. Daher halte ich diese zusätzliche Arbeit für angemessen. Es ist auch nicht wirklich schwer. Einfach die Orangen mit einem Filetiermesser oder einem langen Messer oben und unten gerade abschneiden. Auf die gerade Fläche stellen und mit einem Messer die Schale rundherum wegschneiden. Der Vorteil: Die weiße innere Schale ist schon einmal komplett weg. Die geschälte Orange nun in die Hand nehmen und an einer beliebigen Stelle rechts von dem Häutchen, das zwei Stücke von einander trennt, bis zur Mitte der Frucht einschneiden. Dann mit dem Messer das Orangenfilet vorsichtig nach außen schieben. Dabei löst es sich auf der anderen Seite von der zweiten Haut. Nun die gerade freigelegte Haut auf der anderen Seite einschneiden, um sie vom zweiten Filet zu lösen. So lassen sich nach alle Stücke filetieren. Die in einer kleinen Schüssel gesammelten Filets für einen Moment zur Seite stellen.

Jetzt die Schale oder Auflaufform schön dicht an dicht mit den Cantuccini auslegen, bis der ganze Boden bedeckt ist. Es lassen sich natürlich auch die für ein Tiramisu klassischen Löffelbisquit verwenden. Mir persönlich gefallen Geschmack und die knackigen Nüsse der Cantuccini besser. Probier es einfach mal aus! Anschließend zunächst den Espresso, danach den Whisky darüber gießen. Das muss nicht besonders sorgfältig passieren, denn es verteilt sich eh erst einmal am Boden der Schale. Die trockenen Cantuccini saugen die Flüssigkeit aber sehr schnell auf und bald ist sie komplett verschwunden.  Als Whisky kam bei mir ein fassstarker Tamdhu des unabhängigen Abfüllers van Wees aus der Reihe The Ultimate zum Einsatz, den ich wegen seiner enorm fruchtigen Noten sehr schätze und als passend zu den Orangen ausgewählt habe. Natürlich kann je nach Geschmack aber auch jeder andere Whisky verwendet werden. Wer befürchtet, das Ergebnis könne zu stark werden, kann zum Beispiel auch einen Glenfiddich 12yo nehmen, der mit seinen Obstaromen auch sehr gut zum Dessert passt.

Nun können die Kekse ebenso dicht mit den Orangenfilets belegt werden. Deren Saft, der während der Ruhezeit ausgetreten ist, wird einfach darüber gegossen.

Im nächsten Schritt werden Mascarpone, Quark und Vanillezucker in eine Rührschüssel gegeben und mit dem Mixer durchgerührt. Wem die Masse zu fest wird, der kann ein wenig Milch oder Sahne hinzugeben, um die Konsistenz etwas cremiger zu gestalten. Mit einem Esslöffel wird die Masse anschließend auf den Orangen verteilt und glatt gestrichen.

Mit Frischhaltefolie abgedeckt darf die Schale nun für mindestens eine Stunde im Kühlschrank ruhen. Kurz vor dem Servieren noch mit Kakao bestreuen und dann: Guten Appetit!

Übrigens: Sollen auch Kinder am Dessert naschen dürfen, bereitet man eine zweite Portion zu, in der man Kaffee und Whisky durch Orangensaft ersetzt.

Rezept #0002

Scotch Universe – Second Rocket Stage

Logo

Gerade einmal drei Monate ist es her, dass ich den neuen unabhängigen Abfüller Scotch Universe und seine ersten Abfüllungen vorstellte, da kommt auch schon der zweite Wurf, oder um im Wortfeld zu bleiben, die nächste Raketenstufe. Wer sich über den Abfüller selbst informieren möchte, kann das hier tun: https://leben-mit-genuss.de/scotch-universe. An dieser Stelle berichte ich darüber, ob die zweite Stufe zündet. Sieben Samples stehen vor mir, drei Speysider, zwei Highlander und zwei Islays – und in dieser Reihenfolge werde ich sie auch verkosten. Darf ich vorstellen? 

VOYAGER I

Die in der Speyside hergestellten oft weichen, milden Whiskys sind wohl ein guter Einstieg.  Ein Blended Malt steht am Anfang, wobei sich das Blending auf den berühmten Teaspoon bezieht, jenen sagenhaften Teelöffel, der verhindert, dass die Abfüllung den Namen der Destillerie tragen darf. So ist er denn nach einer Raumsonde benannt, nein, nicht nach irgendeiner, sondern nach der Raumsonde, die nach fast 35 Jahren als erstes von Menschen gebautes Objekt in den interstellaren Raum eintrat. Ganz so alt ist der Whisky nicht, aber 19 Jahre hat er schon auf dem Buckel. Geruht hat er in einem erstbefüllten Côte de Beaune Barrique-Fass. Das Fass stammt also aus dem südlichen Teil des Burgunds, einem Gebiet in dem hauptsächlich Pinot Noir angebaut wird. Richtig gerätselt, das Etikett verrät ein Rotweinfass. Die Destille selbst ist eine, die ich letztes Jahr im Rahmen eines Tastings wieder für mich entdeckt habe. Bisher sind mir aber nur deren Originalabfüllungen begegnet – jetzt die erste von einem unabhängigen Abfüller, noch dazu in Fassstärke. Ich bin gespannt!

Dem Alter entsprechend habe ich dem Whisky Zeit gegeben, sich zu entfalten. Bernsteinfarben, mit einem leichten Stich ins rötliche lächelt er mich an und wartet auf die Verkostung. Die für die Destille üblichen fruchtigen Noten sind da. Ein Hauch frisches Obst, bestehend aus Äpfeln, Birnen, lässt sich ausmachen. Eine Spur Zimt auf den aufgeschnittenen Früchten, wirklich nur ein Hauch. Dazu etwas Keks, Mürbeteig trifft es wohl am besten. Nicht zu vergessen die Wein-Noten: dunkelrote, fast schwarze Kirschen, Himbeeren, etwas Zartbitterschokolade. Das alles umrahmt von etwas Holz, bei dem Alter nicht ungewöhnlich. Kurz: Er riecht schon einmal verheißungsvoll. Was er kurz darauf im Mund bestätigt. Ein herrliches Früchtekompott, serviert in einer Holzschale. All die Aromen finden sich wieder. Die Früchte hier allerdings weniger ausgeprägt, sie weichen etwas zurück. Kräftig, würzig sind die Eindrücke des Fasses, allerdings auf eine angenehme Art. Geradezu harmonisch umschließen sie das Obst. Wer Eichennoten überhaupt nicht mag, sollte es hier ruhig dennoch versuchen, denn obwohl präsent, wirken sie nicht dominant, erschlagen die anderen Aromen nicht. Faszinierend finde ich übrigens, dass die 54,9 % nicht zu spüren sind. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal einen fassstarken Whisky im Glas gehabt zu haben, der so mild ist, bei dem der Alkohol so gut eingebunden ist. Der Abgang ist lang und wärmend. Zunächst vom Obst geprägt, wird es hinten raus etwas trockener, würziger. Chapeau! Der gefällt mir schon einmal! Und ich kann mich irgendwie des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich um eine fassstarke Version der sonst üblichen trinkstarken Originalabfüllung handelt. Mal sehen, ob ich dazu noch Informationen bekommen kann.
Aktueller Straßenpreis: 119,90 EUR

DOUBLE VELOCITY OF LIGHT

Nach der Single Velocity Of Light aus den ersten Abfüllungen nun als die doppelte Lichtgeschwindigkeit. Genießen werde ich den Dram dennoch wie alle anderen auch maßvoll und langsam. Ebenfalls aus der Speyside, aber „nur“ zehn Jahre alt, gereift im First Fill Bourbon-Fass. Kein Wunder, dass die Farbe deutlich heller ist und an einen Weißwein erinnert. In der Nase ist er leicht und duftig frisch. Schönes Gerstenmalz, dazu eine Frühlingswiese mit Butterblumen. Etwas junges Gras, etwas, das ein Kribbeln in der Nase verursacht – aber im Gegensatz zu Blütenpollen ein sehr angenehmes Kribbeln. Spät stößt noch eine leichte, vanillige Süße dazu. Im Mund dann eine leichte Überraschung. Obwohl nur 1 % stärker als der Voyager I ist der Eindruck ein ganz anderer. Verteilt er sich im ersten Augenblick noch weich und süß im Mund, beißt im nächsten Moment der Alkohol zu. Nicht unangenehm, eher ungestüm und auch nur für einen Moment, bevor dieses kurze Aufblitzen vorbei ist. Die Geschmacksknospen derart vorbereitet, scheinen nun für die Aromen empfänglicher zu sein. Auch hier wirkt er frisch und leicht. Die Süße jedoch ist von Anfang an präsenter. Vanille ist am deutlichsten zuzuordnen, mit der Zeit geht es in Richtung Honig. Leichter Honig, wie von den ersten Blüten im Frühjahr, dieser leicht zähe, cremige Honig. Noch einmal ein kurzes Prickeln auf der Zunge, hervorgerufen durch den Alkohol. Dann sahnig-weiche Töne. Ich muss an Werthers Echte denken. Nicht ganz so sehr auf Karamell fixiert, aber ähnlich im Mundgefühl. Am Ende geht es sanft in eine fruchtige Note über, die ich am ehesten Ananas zuzuordnen vermag, der Saft einer süßen, reifen Ananas. Und im Abgang? Mittellang mit dem sahnigen Gefühl bis in den Hals. Dabei britzelt es auf der Zunge, bis sie sich nach einigen Momenten wieder beruhigt. Ein leichter und spritziger Geselle ist es in diesem Fall. Sehr schön, aber auch durch die, zugegeben sehr interessante, Alkoholnote außergewöhnlich. Vielleicht gefällt das nicht jedem, mir schon.
Aktueller Straßenpreis: 54,90 EUR

POLLUX I

Pollux, der Rote Riese, achtmal so groß wie unsere Sonne und mit einer Entfernung von 34 Lichtjahren der Vertreter dieser Art, der der Erde am nächsten ist. Ein treffender Name für diesen Whisky. Zumindest in der Flasche kommt er dunkel mit einem rötlichen Ton daher. Der Dram im Glas wirkt hingegen ein gutes Stück heller, hat etwas von Honig mit einem leicht kupfernen Stich. Auch in der Nase ist das Oloroso-Sherry-Fass nicht zu verleugnen, obwohl es schon das zweite Mal befüllt wurde. Wuchtig und voll stehen die Aromen im Glas und machen sich auch genauso in der Nase breit – oder eher schwer. Eine dunkle, schwere Süße mit einem leicht bitteren Aroma, fast wie eine Mischung aus Melasse und Blockmalz windet sich als erstes in die Nase. Nach ein paar Minuten Standzeit wird der Geruch etwas milder, erinnert an Schokoladensauce. Die leicht erdbeerige Note passt perfekt dazu. Mandelstifte, gerade eben, dass sie in der Pfanne Farbe angenommen haben. Die Schokolade wird etwas dunkler, eine Erinnerung an Choco Crossies beschleicht mich. Herrlich komplexe Aromen. Für einen gerade einmal achtjährigen Whisky schon ein Stück weit erstaunlich. Von Alkohol jedoch keine Spur. 59,0 % soll er haben? Vielleicht spürt man die im Mund? Okay, kann man gelten lassen. Die einen nennen das Mundgefühl „adstringierend“, die anderen rufen „Speichelfluss, Speichelfluss“. Es ist von beidem etwas, so viel steht fest. Der Mundraum zieht sich schon zusammen. Zumindest für einen Augenblick meint man, mit dem Schlucken nicht hinterherzukommen. Das verhindert aber gleichzeitig, dass die 59,0 % auf der Zunge brennen. Statt dessen nehme ich ein tolles Aromenbouquet wahr. Süße Schokolade als erstes, dahinter kräftige, würzige Noten. Etwas wie Leder, ein alter abgewetzter Sessel, ein wenig süßlicher Tabak, Toffee ist auch dabei. Zum Schluss erst die erwartete, weil für Sherry so typische Rosine. Insgesamt deutlich weniger süß, als ich angesichts der Angaben auf dem Etikett erwartet hatte. Das macht ihn letztlich aber für mich interessant, da mir die scheinbar ewig gleichen Sherry-Abfüllungen derzeit so gar nicht liegen. Dann lieber so etwas wie diesen Whisky hier. Ecken und Kanten, ausdrucksstark und für sein Alter recht komplex. Der mittellange, leicht trockene Abgang passt dazu. Ich stelle fest: Auch Pollux ist die Reise wert.
Aktueller Straßenpreis: 54,90 EUR

KEPLER 186f

Wieder ein ungewöhnlicher Name. Benannt nach einem 490 Lichtjahre entfernten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, der 2014 mithilfe des Weltraumteleskops Kepler entdeckt wurde. Das wiederum ist benannt nach dem deutschen Astronomen Johannes Kepler, der bereits im 17. Jahrhundert die Gesetzmäßigkeiten der Planetenumlaufbahnen entdeckte. Doch damit genug der Wissenschaft, es soll hier schließlich um den Whisky gehen. Wer mitgezählt hat, stellt fest, dass es sich um einen Highlander handelt. Zugegeben, man könnte es auch einfach dem Etikett entnehmen. Das verrät auch, dass es sich um ein First Fill Port Pipe handelt. Portwein-Fass! Wer mich kennt, weiß, dass ich solche Abfüllungen sehr schätze. Daher freue ich mich auf diese neue Abfüllung. Mal sehen, ob Scotch Universe damit ein ähnlich guter Wurf gelungen ist, wie mit dem Pegasus aus dem ersten Bottling. Farblich in einem schönen Mahagoni-Ton gehalten, überrascht er bereits in der Nase. Drängt sich im ersten Moment der Eindruck einer Fehlnote auf, verfliegt dieser schnell und es wird blumig. Lavendel sticht hervor, umrahmt von Heidekraut. Der heimische Kräutergarten grüßt mit einer Spur Thymian. Anklänge von Hokkaido-Kürbis wechselt sich mit süßlicher Melone ab. Ich stimme mit Mr. Spock überein: Faszinierend! Im Mund dann die nächste Überraschung: Die Frucht steht deutlich mehr im Vordergrund, Melone, gepaart mit Ananas, dazu süßer, schwerer Wein. Der Port hat seine Spuren hinterlassen. Langsam purzeln nach und nach die würzigen Aromen hinterher. Auch hier wieder das Heidekraut, der Thymian. Insgesamt leicht trocken und würzig, sehr fein. 54,8 % soll er haben? Das spüre ich zu keinem Zeitpunkt. Im Gegenteil, das Mundgefühl ist schön rund, angenehm. Auch im langen Abgang nichts alkoholisches. Statt dessen elegante Würze und eine leichte Trockenheit. Bisher meine Nummer 1. Aber es kommen ja noch drei weitere.
Aktueller Straßenpreis: 94,90 EUR

ANDROMEDA I

Zunächst ist der zweite Highlander an der Reihe. Acht Jahre alt, aus einem Ex-Laphroaig-Fass stammend. Das setzt dem Aroma aber nur die Krone auf, denn der Whisky an sich ist schon leicht getorft. Ein Highlander? Getorft? Da fällt mir auf Anhieb eine Destillerie ein, deren Einsteiger ich einige Zeit zu schätzen wusste. Inzwischen hat sich mein Geschmack gewandelt. Mal sehen, wie diese Reise in meine Whisky-Vergangenheit ist. Sehr, sehr hell ist er im Glas, wie ein leichter, spritziger Weißwein. In der Nase macht er dann keinen Hehl aus seiner Beschaffenheit. Die Süße der Vanille hat kaum eine Chance gegen die kräftigen Aromen. Rauch, Jod, nein, eher Meersalz, gebettet auf einem leichten Heubett. Der weiß mich zu beeindrucken. Der erste Schluck ebenso. Rollt er weich und geschmeidig auf die Zunge, vanillig süß und leicht fruchtig, ohne dass ich das genauer zuordnen kann, so verändert er sich schlagartig, kaum dass er Raum gefunden hat. Kurz beißen die 58,7 % zu um dann dem Rauch zu weichen. Herrlicher kalter Rauch. Das Feuer ist schon lang erloschen, es sind die letzten Rauchschwaden. Daher ersticken sie nicht alles andere, sondern lassen noch Platz für trockenes Heu, für etwas Kardamom, für süße Sahne. Der Abgang ist relativ kurz, aber ebenfalls kräftig. Zum Ende hin trocknend verklingt der Rauch. Ja, da werden Erinnerungen wach. Eher ein Raucher für Einsteiger, gewinnt er in meinen Augen durch die Lagerung in einem ehemaligen Laphroaig-Fass. Das gibt ihm einen sehr schönen Kick an Rauch, an maritimen Noten., macht ihn komplex und stark. Tolle Fassauswahl!
Aktueller Straßenpreis: 64,90 EUR

CALLISTO I

Genug mit dem, ich formuliere mal böse: Genug mit dem Imitat. Peated Whiskys kommen von Islay. Punkt. Naja, meistens, wie der vorige zeigt. Aber was kann im direkten Vergleich der Callisto? Callisto, der Jupitermond. Nach dem Io aus dem ersten Bottling schon der zweite seiner Art, dessen Name eine der Abfüllungen von Scotch Universe ziert. Benannt nach einer Geliebten des Zeus aus der griechischen Mythologie finden sich auf diesem Mond Anzeichen für Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen, Voraussetzungen für Leben. Kann Callisto meine Lebensgeister wecken? Die Honigfarbe weckt auf jeden Fall schon mal meine Aufmerksamkeit. Die Nase regt die Lebensgeister an! Kräftig torfig mit einer feinen Note verbrannten Gummis. Erst langsam, während diese verfliegen, zeigen sich weitere Aromen. Die Eierbriketts, mit denen ein Haus, das wir in meiner Jugend bewohnten, beheizt wurde, rochen ähnlich, wenn sie in den Keller geschüttet und dann zum Vorrat geschaufelt wurden. Aber es sind nicht nur diese herrlich dreckigen Eindrücke, sondern auch eine leichte Süße, etwas frische Birne, die ich wahrnehme. Und letztlich lässt sich ihm noch etwas fleischiges entlocken. Nicht Räucherspeck, dazu ist der Eindruck zu schwach. Eher Bacon, leichter im Geruch, schiebt sich von hinten heran. Im Mund dann … Boah! Nannte ich die olfaktorischen Eindrücke gerade dreckig? Nein, DAS hier ist dreckig! Einfach Kohle. Das Feuer brennt noch nicht einmal. Dafür schmeichelt die Süße des Ex-Bourbon-Fasses der Zunge. Sie vermag sich aber nicht durchzusetzen. Zu schwer sind die torfigen Aromen. Und das ist auch gut so! Etwas für die Hardcore-Liebhaber von peated Whiskys. Dazu zähle ich mich, ja. Braucht ein Whisky mehr als diese Noten? Für mich nicht zwingend. Auch weil sie lange, lange bleiben. Den Geschmack wird man so schnell nicht wieder los. Und das ist sooo klasse! Einfach, geradeaus, direkt auf die Kauleiste – herrlich! Mit 57,3 % gefühlt in der passenden Stärke. Ein Whisky wirklich nach meinem Geschmack.
Aktueller Straßenpreis: 79,90 EUR

LYSITHEA I

Wieso wundert es mich nicht, dass auch Lysithea der Name eines Jupitermondes ist? Und potzblitz, auch das ist der Name einer Geliebten von Zeus, dem alten Schwerenöter. Kann dieser Whisky auch zu meiner Geliebten werden? Mal sehen … Zunächst die Daten des Etiketts. Acht Jahre alt, Ex-Bourbon-Fass und die Destillerie ist auch sehr leicht auszumachen. Der stärkste im Septett dieser Abfüllungen ist er mit seinen 59,2 %. Stattlich! Wieder ein sehr heller Dram, wieder eine Remineszenz an Weißwein. Aber Farbe wird doch eh überbewertet und lenkt nur ab, oder? Die Nase wirkt elegant, fein, trotz des unverkennbaren Rauchs. Er kommt daher wie ein Gentleman. Der Rauch wirkt fein, edel. Keine Holzkohle wie beim Callisto, eher Buchenholzscheite, die fast ohne Rauch verbrennen. Umschmeichelt von Gras von ein wenig Quitte. Sehr filigran wirkt das. Im Zusammenhang mit einem Whisky von Islay finde ich das schon fast erstaunlich. Der Eindruck setzt sich jedoch auch im Mund fort. Er tänzelt beinahe auf der Zunge, wirkt sehr leicht, auch hier elegant. Der Rauch scheint in den Hintergrund zu treten. Ab und zu bringt er sich in Erinnerung, wenn er durch die Süße bricht. Eine Spur brauner Zucker, etwas Vanille, Quitten, Birnenkompott. Hier und da etwas Rauch. Dazu das Prickeln des Alkohols – nicht aufdringlich oder schmerzhaft, sondern lebendig. Gefällt mir gut. Mag sein, dass die zweite Befüllung des Fasses dazu beigetragen hat, diese Eleganz zu entwickeln. Die Aromen wirken dadurch sehr leicht und harmonisch miteinander verwoben. Auch im Abgang bestätigt sich der Eindruck. Der Rauch bleibt naturgemäß am längsten, fein und aromatisch. Ein stimmiger, toller Schluss dieser Verkostung.
Aktueller Straßenpreis: 84,90 EUR

 

FAZIT

Kann man diese Whiskys miteinander vergleichen? Kann man sie in eine Reihenfolge bringen? Okay, für die Verkostung habe ich es getan. Die weichen Speysider an den Anfang, dann die Highlander, die Raucher zum Schluss. Innerhalb der Untergruppen mit jeweils steigendem Alkoholgehalt. Das hat sich in vielen Tastings als sinnvoll herausgestellt. Aber geschmacklich? Das Verhältnis von Preis und Leistung? Kann man sicherlich machen, wenn man möchte. Ich möchte das letztlich nicht, weil es den Whiskys nicht gerecht würde. Jeder einzelne von ihnen gefällt mir auf seine Art mindestens gut und jeder einzelne von ihnen wird seine Liebhaber finden. Unter dem Strich finde ich dieses Bottling sehr gelungen. Die zweite Stufe hat bei mir gezündet. Am liebsten würde ich ja allen ein Zuhause bieten. Aber dazu müsste ich wohl langsam anbauen. Wie sieht es bei dir aus? Kennst du bereits den einen oder anderen? Wie ist deine Meinung? Ich freue mich über deinen Kommentar!

Danke an Scotch Universe für die Samples und das Bildmaterial.

LINKS

Abfüller: http://www.scotch-universe.co.uk/

Tastings-Notes #0021 – #0027